In Dubai findet derzeit eine weitere Runde der Verhandlungen über eine möglichst einheitliche Linie für eine Weltklimapolitik statt – die sogenannte COP28 (28th Climate Change Conference of the Parties). Wer den Klimawandel als überwiegend menschengemacht ansieht, wie ich das tue, muss diese Konferenz begrüßen und sich auch eine aktive Beteiligung Deutschlands wünschen. Die Bemühungen Deutschlands, in einem „Klima-Club“ gleichgesinnte Staaten zu versammeln, um die kostspieligen Anstrengungen zur Bekämpfung des Klimawandels nicht zu einem Wettbewerbsnachteil der besonders aktiven Europäer werden zu lassen, sind für das Überleben der europäischen Exportindustrie von größter Bedeutung.

Kein Musterschüler

Wenn man die Konferenz als einen Spiegel der weltweiten Klimapolitik betrachtet, erkennt man, dass die meisten Teilnehmer die sehr spezielle deutsche Klimapolitik, die ja auch von vielen anderen EU-Mitgliedsstaaten nicht geteilt wird, eher mit großer Verwunderung beobachten. Natürlich wird ein bemühter Musterschüler, den Deutschland in Dubai offensichtlich abgeben möchte, zunächst einmal gelobt. So verstärkt sich bei dem Betroffenen auch der Gedanke, man sei tatsächlich ein solcher. Die wirklich spannende Frage ist jedoch: Wollen alle so sein, wie der stolze Musterschüler? Wollen sie ihm nacheifern? Oder gar kopieren? Und hier beginnen die großen Zweifel.

Natürlich will man das Geld der reichen Europäer. Jede Einzahlung in internationale Fonds zur Reaktion auf die Folgen des Klimawandels wird begrüßt. Aber die Strategie der schnellstmöglichen Elektrifizierung aller Lebensbereiche, die Beschränkung auf auf Wind und Sonne als Energiequellen, die immer detailliertere gesetzliche Regelung aller Wirtschaftskreisläufe – ist dies das Modell von Dubai? Auch wenn noch bis kommenden Dienstag verhandelt wird, lautet die Antwort eindeutig: nein!

Mit CO2 umgehen lernen

Selbst wenn man das Ziel der maximalen Erderwärmung bei 1,5 Grad belassen will, obwohl man hinter vorgehaltener Hand 2 Grad für realistisch und verkraftbar hält, ist der deutsche Ansatz der vollständigen Eliminierung von CO2 wohl eine Sondermeinung – oder sogar Illusion. Ohne eine Strategie, neben erneuerbaren Energien auch andere Wege zur Eliminierung von CO2 zu nutzen, wird die Rechnung nicht aufgehen. Drei große Pfade ergeben sich in Dubai: Die Entwicklung synthetischer Kraftstoffe, die Abspaltung und Nutzung oder Lagerung von CO2 und der Einsatz der Kernenergie.

Beginnen wir bei dem Letzten. Auf der Klimakonferenz in Dubai vereinbarten am vergangenen Wochenende 22 Staaten, dass sie ihre Kapazitäten zur Erzeugung von nuklearer Energie bis zum Jahr 2050 verdreifachen wollen. Die vier wichtigsten Länder sind die Vereinigten Staaten, Großbritannien, Frankreich und Japan. Die Unterzeichner argumentieren, dass die Klimaziele nur mithilfe der treibhausgasfreien Kernspaltung zu erreichen sein werden und dass das Verfahren zuverlässig und im Vergleich zu Solar- und Windkraft unabhängig vom Wetter sei. Die Kernkraft, argumentieren sie, sei jetzt schon „die zweitgrößte Quelle für saubere, verfügbare Grundlaststromerzeugung“. Deutschland gehört wegen der mangelnden Technologieoffenheit der deutschen Klimapolitik nicht zu den Unterzeichnern. Auch die Perspektive für kleinere und noch sicherere Kraftwerke führt leider zu keinem Umdenken. Deutschland war in der Kerntechnik einmal weltweit führend. Heute haben wir nicht einmal mehr die Ingenieure, die die Sicherheitstechnik entwickeln könnten, während um uns herum ein gutes Dutzend neuer Kernkraftwerke entstehen und den Strompreis dort absenken werden.

Mit der Abspaltung von CO2 ist es nicht anders. Noch immer ist die Technik in Deutschland rechtlich unmöglich. Das will die Regierung wohl ändern, weil alle internationalen Experten die Technologie für unerlässlich halten. In Norwegen eröffnet dieser Tage ein Zementwerk, dessen Kohlenstoff abgeschieden und unter der Nordsee gespeichert wird. In dem Werk wird „grüner“ Zement produziert. In Deutschland werden wir noch Jahre über „Differenz-Kontrakte“ mit hohen Subventionen verhandeln. Fertige unternehmerische Konzepte zur Abtrennung von CO2, dessen Umwandlung mit Solarenergie in Arabien zu Methan und der anschließende Einsatz in Deutschland werden von der Bundesregierung verhindert.

Der Leidensweg synthetischer Treibstoffe ist bekannt. Man könnte darüber lachen, dass die intensivste Forschung und Entwicklung für diese Treibstoffe in den erdölexportierenden Ländern Arabiens stattfindet, aber es ist die tragische Wahrheit.

Der Klima-Club braucht wirksame CO2-Preise

Zurück zur Idee des Klima-Clubs. Hier sollen von den einzelnen Ländern die Preise für CO2 erhoben werden. Wiederum: Wir in Deutschland sind Angsthasen bei der CO2-Bepreisung. Der Klima-Ökonom Prof. Dr. Ottmar Edenhofer aus Potsdam sagte dazu in einem Interview mit der Welt am Sonntag am 26. November 2023: „Dafür brauchen wir den CO2-Preis. Dessen Bedeutung ist aus meiner Sicht noch nicht voll erkannt […]. Dubai erhöht die Chance, dass sich die CO2-Bepreisung in immer mehr Ländern durchsetzt.“ Und er verweist auf den Zusammenhang mit einem „Klimageld“: „Grundsätzlich sollten CO2-Einnahmen immer an die Bevölkerung zurückverteilt werden. In Deutschland etwa ist ein Klimageld geplant, durch das nach unseren Berechnungen einkommensschwache Haushalte netto sogar mehr Geld bekommen könnten, als sie für CO2-Abgaben an der Tankstelle und im Heizungskeller ausgeben.“ Diesen Weg würden die Sachverständigen gehen wollen. Das Problem ist, dass die Regierung das Klimageld anderweitig verplant hat.

Die CO2-Abgaben, kombiniert mit einem CO2-Zoll an Europas Grenzen, könnte auch andere Teile der Welt beeindrucken. Bevor sie in Europa Zölle zahlen, starten sie eigene Programme. Indien diskutiert inzwischen eine CO2-Steuer, die Türkei redet über Emissionshandel. Auch in den USA beginnen Diskussionen. Da könnte der neue Klima-Club unter Initiative von Kanzler Scholz etwas bewirken.

Die Konferenz in Dubai löst nicht alle Probleme. Aber sie ist ein zentraler Marktplatz der Ideen zur Erreichung der Klimaziele. CO2 braucht einen hohen Preis und alle Techniken müssen zugelassen sein. Das Ziel der Welt ist die Vermeidung von CO2. An einem religionsartigen Streit deutscher Politiker, dass nur wirklich „grüner“ Strom die Zukunft sein darf, hat kaum jemand in der Welt Interesse und wir werden es nicht bezahlen können.

Die Deutschen produzieren viel Aufmerksamkeit und viel CO2

Die Energiewende deutscher Art hat in den letzten Jahren eine drastische Steigerung des Kohlestroms provoziert. Wir produzieren weltweit viel Aufmerksamkeit, aber wir produzieren auch viel CO2. Auf der Konferenz in Dubai gibt es eine breite Stimmung, die in Deutschland zur Kurskorrektur führen muss. Hoffentlich bekommen die vielen deutschen Beamten und Regierungsmitglieder in Dubai das auch mit.

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