Die Belastung der Umwelt durch wirtschaftliche Aktivitäten ist unbestritten eine der Herausforderungen jeder marktwirtschaftlichen Ordnung. Nicht etwa, dass Staatswirtschaften die Umwelt schonen würden. Aber die Marktwirtschaft benötigt Rahmenbedingungen, die die Internalisierung der Umweltkosten in den Preis herbeiführen. So, wie zu Beginn der Industrialisierung mit ihren sich selbst überlassenen Märkten die sozialen Interessen nicht berücksichtigt wurden, war es bis zur Mitte des letzten Jahrhunderts auch mit den ökologischen Verantwortlichkeiten. Danach entstand eine wahre Flut von ordnungsrechtlichen Vorschriften, um Wasser, Boden und Luft zu schützen.

Allzu oft wurden dabei die Möglichkeiten marktwirtschaftskonformer Rahmensetzung nicht genutzt. Detailliertes Ordnungsrecht lähmt Innovation und verzichtet damit auf die effizienteste Form der Ressourcennutzung. Auch hier gilt letztlich, dass der Preis der zentrale Steuerungsfaktor ist. Die wenig mutigen Schritte zu einer CO2-Bepreisung über viele Jahre sind auch Symbol vertaner Chancen.

Die Veränderung der unternehmerischen Risikobewertung von Umweltschäden und Klimawandel einerseits sowie andererseits die veränderte Selbstdefinition vieler Investoren, die die ökologischen Konsequenzen ihrer Investitionen neben den Chancen der Verzinsung ernst nehmen, haben die Lage verändert. Vom „Global Compact“ der UNO bis zum „Green Deal“ der EU führt das zu wichtigen Veränderungen. Auf den ersten Blick ist das aus der Perspektive der Sozialen Marktwirtschaft zu begrüßen. Der Blick der Investoren führt zu neuen Standards. Die „nicht-finanzielle“ Berichterstattung wird heute zu einem relevanten Kriterium der Unternehmensentwicklung. Finanzprodukte, die ökologische Anforderungen erfüllen, hatten vor einigen Jahren einen Preisnachteil; heute wächst ihr Anteil dramatisch, und sie versprechen gute Renditen.

Doch fast unbemerkt verkehrt sich ein guter Ansatz schon wieder in das staatsgläubige Gegenteil. Betrachten wir den „EU Action Plan on Sustainable Finance“: Seit dem 10. März 2021 ersetzt ein bürokratisches Monstrum (Offenlegungs-Verordnung) die eigentlich mit einigen Pinselstrichen mögliche Rahmenregelung für eine ökologisch orientierte Wirtschaft (einen guten Einblick geben Oliver Glück/Lisa Watermann, Der Betrieb 46, November 2020). Formal richtet sich der Plan an die Finanzwirtschaft, deshalb ist die Aufregung auch noch gering. Aber in Zukunft wird die Realwirtschaft nur noch dann durch Banken und andere Finanzinstitutionen finanziert werden, wenn schier endlose detaillierte Bedingungen – unter dem Sammelbegriff ESG-Kriterien – dokumentiert und bewertet sind. Jedem Interessierten sei empfohlen, sich die Hunderte von Seiten der „Taxonomie-Verordnung“ zu Gemüte zu führen, die Sie hier und hier lesen können. Da haben Experten-Gruppen alles aufgeführt, was sie schon immer einmal regeln wollten. Zurzeit treten die Richtlinien für ökologische Fragen in Kraft. Das soll aber nicht das Ende sein. Auch alle Sozialstandards sollen gleichen Regeln unterliegen. Am Ende entscheiden diese neuen Regeln europaweit bis ins tiefste Detail, was noch finanziert werden darf. Das ist die neue Planwirtschaft.

Die Ludwig-Erhard-Stiftung wird diese Entwicklung zu einem ihrer Themen machen. Wir stehen vor einem dramatischen Zug neuer staatlicher Wirtschaftslenkung unter der wohlmeinenden Überschrift „Rettung des Planeten“.


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