Anlässlich des besonderen Datums – Ludwig Erhard wäre am 4. Februar 125 Jahre alt geworden – versammelten sich u. a. Familie, Vertreter der Gemeinde, der Landesregierung und auch Vertreter der von ihm gegründeten Stiftung zu einer Gedenkfeier an seinem Grab. Die stellvertretende Vorsitzende der Ludwig-Erhard-Stiftung, Frau Prof. Dr. Godelieve Quisthoudt-Rowohl, hielt zu Erhards Gedenken folgende Rede:

„Sehr geehrter  Herr Bürgermeister, sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin, sehr verehrte Damen und Herren,

in diesen Tagen wird sehr viel über Ludwig Erhard, sein Wirken und seine Studien gesprochen und geschrieben – ein deutliches Zeichen, dass die von ihm aufgestellten Thesen noch immer Gültigkeit besitzen.

„Erhards Wirtschaftswunder-Strategie ist auch heute noch der richtige Weg. Viele unserer aktuellen Probleme zeigen, wie weit wir uns von der Erhard’schen sozialen Marktwirtschaft entfernt haben. Morgen wäre er 125 Jahre alt geworden.“ So lautete der offizielle Tweet der Ludwig-Erhard-Stiftung gestern.

Und heute wird Erhards Buch „Wohlstand für Alle“ 65 Jahre alt. 1957 waren diese 3 Worte „WOHLSTAND  FÜR  ALLE“ ein Versprechen – aber auch ein Aufruf an die Deutschen der Nachkriegszeit, mit der Sozialen Marktwirtschaft die Grundlage für die Wirtschaftskraft der noch jungen Bundesrepublik zu legen. Wie erfolgreich sie dabei waren, wurde allgemein anerkannt und rief Bewunderung hervor.

Ich zitiere Ludwig Erhard: „die Arbeit ist und bleibt die Grundlage des Wohlstandes“,  m.a.W. erst erwirtschaften, dann verteilen. Da haben wir die zwei Komponenten der Sozialen Marktwirtschaft: Verantwortung und Solidarität. Ludwig Erhard schätzte die positiven Entfaltungsmöglichkeiten des Marktes, aber auch die sozialen Bedürfnisse. Das Amt des Wirtschaftsministers, in dem er den Unterschied zwischen arm und reich zu mildern anstrebte, brachte ihm viel Respekt und Anerkennung ein.

Weiter schreibt Ludwig Erhard: „wo Freiheit ohne festgefügte Ordnung obwaltet, droht sie ins Chaotische zu entarten. Und wo Ordnung ohne Freiheit bestehen soll, führt sie nur allzu leicht zu brutalem Zwang.“ Hier wieder: die zwei Begriffe „Freiheit“ und „Ordnung“ bedingen sich, sie müssen in einem Gleichgewicht zueinander stehen, stets wieder austariert werden. Das Verhältnis des Staates zu den einzelnen Bürgern, also der Daseinsvorsorge zu der eigenen Leistung, bleibt stets zu hinterfragen.

Am 125. Geburtstag des genialen Vordenkers, in einer Gesellschaft, die den 1957 ersehnten Wohlstand längst erreicht hat, werden die Bedürfnisse anders beschrieben. Was ist Wohlstand in der pandemischen Zeit? Brauchen wir  noch(?) mehr  Materielles, um glücklich und zufrieden zu sein? Sind die Ansprüche an den Staat noch angemessen? Welche Umwelt übergeben wir unseren Kindern und Enkeln?

Das Denken Ludwig Erhards, seine Vorstellungen von Individualität und Gesellschaft, seine Balance von Rechten und Pflichten sind immer noch gültig, auch wenn wir vielleicht eine neue Erzählung brauchen, um neues Vertrauen in unsere Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung zu stiften.

Ludwig Erhard hat nicht nur eine Wirtschaftsordnung beschrieben. Vielmehr hat er sie in eine Gesellschaftsordnung eingebettet und in diesem Sinne bleibt seine Lehre auch 2022 aktuell. Dass sein Buch „Wohlstand für Alle“ nach 65 Jahren noch immer wegweisend ist, und dass es in unendlich viele Sprachen übersetzt wurde – z. Zt. ist eine neue chinesische Version in Bearbeitung – ist der beste Beweis für die fundamentale Gültigkeit seiner Theorien.

Ludwig Erhard  hätte uns heute noch viel zu sagen. Wir verneigen uns vor seinem wissenschaftlichen und politischen Lebensweg und zollen ihm Respekt und Anerkennung.“

Bild oben: V.l.: Prof. Dr. Dr. h.c. Ulrich Blum, Stv. Vorsitzender der Ludwig-Erhard-Stiftung, Prof. Dr. Godelieve Quisthoudt-Rowohl, Stv. Vorsitzende der Ludwig-Erhard-Stiftung, Dr. Nicolaus Heinen, Schatzmeister der Ludwig-Erhard-Stiftung, Dr. Herbert B. Schmidt, Ehrenmitglied der Ludwig-Erhard-Stiftung

Fotos: © Andreas Leder, Tegernsee

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