Das Bundesverfassungsgericht hat geurteilt, dass die Mietpreisbremse grundgesetzkonform ist. Demnach verstößt sie weder gegen den Eigentumsschutz noch gegen die Vertragsfreiheit oder den Grundsatz der Gleichbehandlung. Allerdings verstößt die Mietpreisbremse gegen mindestens drei fundamentale Prinzipien der Marktwirtschaft, meint Ulrich van Suntum.

Seit 1. Juni 2015 ist die „Mietpreisbremse“ in Kraft. Sie gilt in sogenannten angespannten Wohnungsmärkten, vor allem in großen Städten. Das entsprechende Gesetz wurde zunächst auf fünf Jahre befristet, aber es ist absehbar, dass es – nach bereits erfolgter Verschärfung im Jahr 2018 – zur Dauereinrichtung werden wird.

Schon immer waren Mieterhöhungen in bestehenden Mietverträgen an den örtlichen Mietspiegel gebunden. Das sollte die Mieter davor schützen, von jetzt auf gleich durch drastische Mietanhebungen ausgebeutet oder aus ihrer Wohnung gedrängt zu werden. Schließlich, so das Argument, haben sie oft viel in ihre Wohnung investiert, soziale Bindungen aufgebaut, und eine neue Wohnung in gleicher Lage ist nicht leicht zu finden.

Schon diese Begründung war fragwürdig. So hätte man das Erpressungspotenzial der Vermieter durch entsprechend lange Kündigungsfristen oder individuell zu vereinbarende Zeitverträge reduzieren können. Der freie Markt für gewerbliche Immobilien zeigt, dass ein solcher marktwirtschaftlicher Ansatz reibungslos funktioniert. Schließlich hat auch der Vermieter meist Interesse an langfristigen, einvernehmlichen Mietverträgen. Auch für ihn bedeutet jeder Wechsel Kosten und neue Risiken.

Die Mietpreisbremse kann ohnehin nicht so begründet werden, denn sie gilt ausdrücklich für neue Mietverhältnisse. Jetzt darf auch hier die Miete nicht mehr als zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen, selbst dann nicht, wenn der Mieter damit einverstanden wäre. Ausgenommen sind neu erstellte oder umfassend modernisierte Wohnungen, da die Wohnungsinvestitionen in diesen Gebieten sonst wohl völlig zum Erliegen kämen. Als weitere Ausnahme darf zumindest die vom Vormieter gezahlte Miete auch vom neu Einziehenden verlangt werden. Im Übrigen aber gilt der Mietspiegel, auch wenn er meist um viele Jahre veraltet ist.

Verstoß gegen Eigentumsschutz?

Das Landgericht Berlin hat die Mietpreisbremse 2017 als verfassungswidrig eingestuft, allerdings nur wegen der Ungleichbehandlung der Vermieter. Eine Klärung durch das Bundesverfassungsgericht steht noch aus. Aber verstößt das Gesetz nicht auch gegen den im Grundgesetz garantierten Eigentumsschutz? Die erzielbare Miete bestimmt ja letztlich den Wert der Immobilie und wird hier zwangsweise herabgesetzt. Allerdings relativiert Artikel 14 die Eigentumsgarantie in doppelter Weise: So heißt es schon in Absatz 1: „Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.“ Zudem bestimmt Absatz 2: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“ Das sind faktisch Generalvollmachten für die Politik, die Klagen wenig aussichtsreich erscheinen lassen.

Allerdings verstößt die Mietpreisbremse gegen mindestens drei fundamentale Prinzipien der Marktwirtschaft. Neben dem Privateigentum sind dies die Vertragsfreiheit und wettbewerbsbestimmte Preise. In der Diskussion wird das achselzuckend hingenommen, im Zweifel seien soziale Ziele wichtiger als ökonomische Prinzipien. Auch steht die Marktwirtschaft nirgendwo im Grundgesetz (wenn auch im EU-Vertrag). Dabei wird übersehen, dass ihre Prinzipien kein Selbstzweck sind, sondern der Wohlstandsmehrung und damit auch sozialen Zielen dienen. Die Überlegenheit der Marktwirtschaft gegenüber dirigistischen oder gar planwirtschaftlichen Ansätzen hat nicht zuletzt die deutsche Nachkriegsgeschichte belegt.

Weder sozial noch gerecht

Der Wohnungsmarkt ist dafür ein gutes Beispiel, denn steigende Mieten bei knappem Wohnraum erfüllen wichtige Funktionen. Auf der Angebotsseite sind sie ein Investitionssignal, und die Nachfrager erhalten Anreize, ihren Wohnraumbedarf zu überdenken oder nach Alternativen, etwa im Umland, zu schauen. Die Mietpreisbremse verhindert all dies und schafft stattdessen Warteschlangen und schwarze Märkte, wie in der früheren DDR. Das ist weder sozial noch gerecht und widerspricht damit auch dem Grundgesetz, jedenfalls wenn man dessen Intentionen ernst nimmt.


Prof. Dr. Ulrich van Suntum ist Direktor des Instituts für Siedlungs- und Wohnungswesen an der Universität Münster.

Dieser Beitrag ist zuerst im Sonderheft „Wohlstand für Alle – 70 Jahre Grundgesetz“ aus dem Jahr 2019 erschienen. Das Heft kann unter info@ludwig-erhard-stiftung.de bestellt werden; oder lesen Sie es hier als PDF.

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