Nun ist es also soweit: Käufer von Autos mit Elektroantrieb erhalten künftig eine staatliche Prämie. Auf der Bundespressekonferenz in Berlin am 27. April begründeten die Bundesminister Alexander Dobrindt (Verkehr und digitale Infrastruktur), Wolfgang Schäuble (Finanzen) und Sigmar Gabriel (Wirtschaft und Energie) das Resultat jahrelanger Diskussionen.

Die Bundesregierung will den Kauf von Elektroautos mit einer Prämie von 4.000 Euro fördern. Für Plug-In-Hybride – Fahrzeuge mit der Antriebskombination aus Verbrennungsmotor und Batterie – ist ein „Kaufanreiz“ von 3.000 Euro vorgesehen. E-Autos mit einem Listenpreis von mehr als 60.000 Euro fallen von vornherein aus der Förderung. Mit dem Programm sind bis zu 400.000 Fahrzeugkäufe förderfähig. Die Gesamtausgaben belaufen sich auf 1,2 Milliarden Euro, von denen Staat und Industrie je die Hälfte tragen. Sind die 1,2 Milliarden Euro ausgeschöpft, ist das Förderprogramm beendet. Ergänzt wird das Förderpaket durch den staatlichen Ausbau von Ladestationen für E-Autos, die etwa 300 Millionen Euro Steuergelder kosten sollen. Außerdem will die Bundesregierung ab sofort 20 Prozent der Neukäufe für ihren Fuhrpark mit E-Autos bestücken. In einer Kabinettssitzung soll das Ganze bis Ende Mai 2016 auch rechtlich auf den Weg gebracht sein.

Bundeswirtschaftsminister Gabriel weiß, warum die Prämie sein muss: „Wir dürfen nicht übersehen, dass wir weltweit eigentlich vor der Neuerfindung der individuellen Mobilität stehen.“ Und da die deutsche Automobilbranche ein bedeutender Wirtschaftszweig für den Standort Deutschland sei, müsse gemeinsames Ziel von Wirtschaft, Gewerkschaften und Politik sein, jetzt die E-Mobilität voranzutreiben, um weltweit die Position als Leitmarkt zu gewinnen. „Was wir also machen, ist aktive Industriepolitik.“ Hört, hört! Bundesverkehrsminister Dobrindt ergänzt die Ausführungen seines Kollegen Gabriel mit dem Hinweis auf eine „Substanzrevolution“, die stattfinde. Im Umwälzungsprozess in der Automobilindustrie – durch Datenvernetzung, Energiewende und individuelle Mobilitätswünsche bedingt – sei die Kaufprämie etwas, mit der „die Politik steuern kann“. Lediglich Bundesfinanzminister Schäuble scheint nicht völlig überzeugt: Auf Nachfrage gibt er zu bedenken, dass Politik nur funktioniere, wenn man bereit sei, Kompromisse zu schließen (Pressekonferenz zur Förderung der Elektromobilität).

Anschub für die Leitindustrie?

Spätestens mit Gründung der „Nationalen Plattform E-Mobilität“ Ende 2009 deutete sich an, was jetzt auf der Bundespressekonferenz verkündet wurde: Kaufprämien für E-Mobile. Immerhin acht Jahre hat es gedauert, bis sich das Staatssäckel endlich öffnete. Überrascht sein dürften darüber allerdings nur wenige (im Juli 2010 wurde übrigens im Infobrief der Ludwig-Erhard-Stiftung „Im Klartext“ auf das jetzt Eingetretene hingewiesen). Wer vor acht Jahren propagierte, bei 2020 würden eine Million Elektroautos auf deutschen Straßen fahren, gerät in Zugzwang, wenn vier Jahre vor Ablaufdatum gerade rund 30.000 Elektrofahrzeuge durch die Lande rollen. Dass mit dem jetzt angestoßenen Prämienprogramm „nur“ 400.000 weitere E-Mobile hinzukommen werden – geschenkt. Man wolle ja lediglich den „Markthochlauf“ unterstützen. Leitindustrie sei die Automobilbranche ja schon, sie brauche jetzt nur noch den gewissen Anschub. Und diesen Anschub könne niemand besser leisten als die Politik.

Die „Leitindustrie“ macht im Übrigen rund 350 Milliarden Euro Umsatz und weist einen Jahresgewinn von 30 Milliarden Euro aus. Trotzdem soll nun der Steuerzahler deutschen Herstellern den Weg in die Elektro-Zukunft ebnen. Wenn Deutschlands Automobilwerker tatsächlich so führend sind: Wie schafft es ein amerikanisches Unternehmen wie Tesla – bis vor ein paar Jahren eher unbekannt –, 400.000 Vorbestellungen für ein Modell III einzusammeln, ohne Kaufprämie und sogar ohne, dass es einen Prototypen des Autos gibt?

Schließlich: Wer sagt, dass die „Neuerfindung der individuellen Mobilität“ Subventionen für die dann doch wohl hinterherhinkende deutsche E-Auto-Technologie bedeuten muss? Offenkundig Politik und Industrie – die beide übersehen, dass damit Geld für ein wenig nachgefragtes Produkt gebunden wird. Oder sollten diejenigen Recht haben, die sagen: „Je vehementer ein Industriesektor um Geld bei der Regierung bettelt, desto düsterer ist seine wirtschaftliche Zukunft“? Im Foyer des Bundesministeriums für Wirtschaft steht – als Leihgabe – eine Büste von Ludwig Erhard. Hat jemand in letzter Zeit nachgesehen, ob sie womöglich andauernd den Kopf schüttelt?

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