Ach ja, das täglich fortgeschriebene Medienkrisenspektakel ist schon amüsant und kippt immer wieder ins tragische Fach.
Amüsant ist, wie sich der SPIEGEL selbst zerlegt. Das selbst ernannte „Sturmgeschütz der Demokratie“ (Rudi Augstein) kartätscht die eigenen Reihen nieder. Das kann man sich in Ruhe anschauen. Echte Sorge bereitet die FAZ: Wenigstens eine gute Zeitung braucht das Land. Das ist eine nationale Notwendigkeit. Keine Koofmichs beim SPIEGEL.

Aber erst mal die SPIEGEL-Posse. Jetzt bekämpft also auch noch der Betriebsrat den Chefredakteur. Die Titanic fährt flott, der Eisberg ist in Sicht, die Brücke streitet. Wolfgang Büchner hatte seinerseits seinen heftigsten Gegnern unter den Ressortleitern und gleichzeitigen Vertretern der Mitarbeiter-KG eine fette Abfindung und einen zweiwöchigen Urlaub zum Nachdenken fürs Ausscheiden angeboten.

Nun ist das ja ehrlicherweise ein Vorgehen, das man unter der Abteilung „heftiges Kopfschütteln“ ablegen möchte: Seinen Gegnern, die ja die Interessenvertreter der Belegschaft sind, Cash anzubieten, grenzt an Bestechung und kann nur zurückgewiesen werden – als Koofmich kann keiner gehen, der einen Rest Anstand hat. Und wenn man feuert, muss man schnell feuern – nicht nach Bedenkzeit. Wer sich Respekt erkämpfen will, soll Ex-SPIEGEL-Chef Stefan Aust gesagt haben, der muss am Anfang mal ein paar Leichen aus dem Fenster auf den Hof werfen. Fürs Wohlfühlklima war der SPIEGEL noch nie berühmt, und dafür werden Zeitschriften ja auch nicht gekauft.

Büchner schubst keinen mehr vom Fensterbrett. Jetzt kann er nur noch selber springen; so gut wie tot ist er schon.

Mehr Geld für kluge Köpfe

Mehr Sorge mache ich mir um die FAZ. Deutschland braucht eine Zeitung von klugen Köpfen für kluge Köpfe; eine Zeitung, die wirklich kompetent ist, ein weltweites Korrespondentennetz genauso unterhält wie Redaktionsbüros vor Ort. Deutschland braucht eine Stimme, die wegen ihrer Einsichtsfähigkeit auch global gehört und verstanden wird. Diese Zeitung muss auf Augenhöhe mit dem Wallstreet Journal oder der Financial Times schreiben; sie muss unabhängig sein. Manche Blätter schreiben ja schon wie ein windiger, publizistischer Einflussagent Putins; und bezahlt werden sie ja auch dafür, wie man hört. Sumpfblüten mag es ja geben, aber solche schillernden, herumirrenden Schaumschlägereien reichen nicht für ein großes Land und eine der größten Volkswirtschaften.

Was wir brauchen, ist eine unabhängige, unbestechliche Stimme. Schon jetzt, sagt der Historiker Arnulf Baring, „spürt man die Kümmernisse einer Redaktion, die sich immer mehr einschränken muss“. Aber die Qualität darf nicht leiden, daran müssten auch jene Interesse haben, die nicht jeden Tag diese Zeitung lesen.

Hoffentlich verfügt die FAZ-Stiftung noch über die Mittel, um die Restrukturierung vorzunehmen und neue digitale Geschäftsfelder zu erschließen. Hoffentlich gelingt es der FAZ, ihre wirtschaftliche Unabhängigkeit sicherzustellen und sich für das digitale Zeitalter fit zu machen.

Sollte dies nicht der Fall sein, braucht diese Zeitung eine weitere, privatwirtschaftlich getragene Auffanglösung. Es kann doch nicht sein, dass wir den täglich gesendeten Quatsch der öffentlich-rechtlichen Sender mit Rundfunksteuern in einer Größenordnung von 8 Milliarden € jährlich finanzieren – aber es an ein paar Dutzend Millionen für eine notwendige publizistische Stimme fehlt. Arnulf Baring fordert eine „Nationale Stiftung“, um den Qualitätsjournalismus zu retten. Bemerkenswert: Erste massive Angebote zur Hilfe werden schon diskutiert. Die Bereitschaft ist vorhanden.

Es gibt viele Wege zum Ziel. Aber nicht mehr viel Zeit.

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