Die Ankündigung, in dieser Woche zum Thema Klima den Kommentar zu schreiben, hat mir verschiedene Hinweise schon im Vorhinein eingebracht. Dafür bedanke ich mich. Es zeigt, wie uns alle diese Herausforderungen umtreiben. Die Stürme, Unwetter und Waldbrände sind zum Gesprächsthema in jeder Familie und an jedem Arbeitsplatz geworden.

Jede neue Bundesregierung wird das Thema ganz oben auf die Tagesordnung setzen müssen. Die Abmilderung der Erderwärmung wird viel Geld und weitreichende Änderungen in unserem täglichen Leben erfordern. Aber die Reaktionen dürfen nicht hysterisch werden, sachliche Analyse darf nicht durch Behauptungen ersetzt werden, und die Prinzipien, die vielen Menschen auf der Welt Freiheit und Wohlstand gebracht haben, dürfen nicht aufgegeben werden.

Auf den Fridays-for-Future-Demonstrationen bekommt man den Eindruck, einige Politiker und Wirtschaftsbosse hätten in den vergangenen 100 Jahren den Planeten ruiniert. Das ist falsch. Ja, der Mensch ist ein wichtiger Teil des Problems. Aber nicht einige Entscheider, sondern wir alle sind schon durch unsere Existenz eine Herausforderung für unseren Planeten. Die Zahl der Menschen vor 1000 Jahren betrug wahrscheinlich etwa 300 Millionen, vor hundert Jahren waren es laut den Vereinten Nationen circa zwei Milliarden, und im Jahr 2100 werden es wahrscheinlich elf Milliarden sein. Die Lebenserwartung jedes Einzelnen verlängert sich mit jedem Schritt in Richtung der modernen Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft. Alle Menschen sollen nicht nur in Freiheit leben, sondern sie sollen Arbeit haben, sich ernähren und an jeden Platz ihrer Wahl fahren oder fliegen können. Auf dem Weg zu Freiheit und beginnendem Wohlstand haben wir Techniken und Lebensweisen entwickelt, die – je mehr sie genutzt werden – diesen blauen Planeten existenziell gefährden können. Was ist die Konsequenz: raus aus der Industriegesellschaft oder Durchstarten in die neue Zeit?

„Der Bürger kann sich nur richtig entscheiden, wenn er umfassend informiert ist.“ (Ludwig Erhard, 1965)

Jenseits der aktuellen Brände und Unwetter, die besorgt machen, gibt es nüchterne wissenschaftliche Analysen. Der Weltklimarat der Vereinten Nationen „IPCC“ (Intergovernmental Panel on Climate Change) hat in der vergangenen Woche sein jüngstes Gutachten, das tatsächlich eine Zusammenstellung vieler anderer Gutachten ist, veröffentlicht (Link zum Gutachten). Darin ist die besorgniserregend schnelle Erwärmung unseres Klimas klar benannt, und keiner sollte leugnen, dass die so groß gewordene Menschheit daran beteiligt ist. Dennoch ist das Gutachten kein Grund für Existenzängste vor allem der jungen Generation.

Die alarmistischen Reaktionen stimmen nicht mit dem nüchternen Ton des IPCC-Gutachtens überein. Natürlich erschüttern uns die tragischen Bilder aus dem Ahrtal, aber das Gutachten sagt, man habe geringes Vertrauen in die Zuschreibung von „Änderungen der Wahrscheinlichkeit oder des Ausmaßes von Hochwasserereignissen“ (siehe Bjorn Lomborg, „Welfare in the 21st century: Increasing development, reducing inequality, the impact of climate change, and the cost of climate policies“). Wir sind besorgt über Dürre und Unfruchtbarkeit der Felder, doch eine NASA-Studie besagt, dass der Klimawandel über einen Zeitraum von 35 Jahren der Erde eine Grünfläche hinzugefügt hat, die der doppelten Größe der Vereinigten Staaten entspricht (Link zur NASA-Pressemitteilung). Und diejenigen, die schon das Ende der Welt vor Augen haben, sollten auch lesen, dass das IPCC-Gutachten davon ausgeht, dass – bedingt durch die vom Klimawandel erzwungenen Verhaltensänderungen – der Anstieg des Pro-Kopf-Einkommens statt bisher erwarteter 450 Prozent bis 2100 „nur“ noch 434 Prozent betragen wird (vgl. auch Bjorn Lomborg). Das Ende der Welt sieht anders aus.

Genau in diesem Umfeld, in dem Orientierung gesucht wird, erleben wir einen Bundestagswahlkampf der Sprachlosigkeit. Die Parteien lassen die Bürger an den in diesen Analysen grundgelegten Konflikten nicht teilhaben, erst nach der Wahl wird entschieden. Dabei muss es doch die Verpflichtung der Politik sein, alle kreativen Kräfte freizusetzen, diese große Menschheitsherausforderung zu bewältigen.

Es folgen einige Vorschläge, welche Entscheidungen Parteien ankündigen könnten:

  • Freude am eigenen Auto ist auch in Zukunft erlaubt. Ab 2035 sind neue Autos im Betrieb emissionsfrei, egal mit welcher Technik.
  • Strom muss billig werden. Der Staat verzichtet auf die Hälfte seiner Steuern und Abgaben auf Strom.
  • Das faktische Verbot von Abspaltung und Speicherung von CO2 wird aufgehoben.
  • Wir brauchen jeden Wasserstoff, egal ob grün, ob blau, ob grau!
  • Wir werden die Forschung für den Natrium-Reaktor von Bill Gates auch nach Deutschland holen.

Nicht alles davon muss Zustimmung finden. Vielleicht sagt ja auch eine Partei das glatte Gegenteil. Aber ganz schnell würde der Wahlkampf in Deutschland ein spannender Wettbewerb. Und am Ende hätten wir eine Regierung, die vom Volk den Auftrag hätte, die Sieben-Meilen-Stiefel anzuziehen und in eine klimagerechte Soziale Marktwirtschaft zu marschieren. Das wäre gut für den blauen Planeten – und für uns.


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