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Die Idee vom sozialen Unternehmertum zeugt von einem Missverständnis
18. Okt 2018
VON: GASTAUTOR

Die Idee vom sozialen Unternehmertum zeugt von einem Missverständnis

Wenn es heute um das soziale Wirken von Unternehmerinnen und Unternehmern geht, wird meist auf deren CSR-Aktivitäten abgehoben. CSR – die Abkürzung für „Corporate Social Responsibility“ – steht für das freiwillige Engagement der Unternehmen für Projekte im sozialen, kulturellen, sportlichen oder im Umweltbereich.

Aufgrund einer EU-Regelung gilt für große Unternehmen (mit mehr als 500 Mitarbeitern und einer Bilanzsumme von mehr als 20 Millionen Euro bzw. Umsatzerlösen von mehr als 40 Millionen Euro jährlich) inzwischen sogar eine Berichtspflicht über diese „nichtfinanziellen“ Aspekte der Geschäftstätigkeit. Der Trend geht dahin, mehr zu fordern. Sollte diese Entwicklung in absehbarer Zeit in eine Ausweitung der Berichtspflichten oder gar eine CSR-Pflicht münden, tragen Unternehmen und Kammern daran eine „Mitschuld“.

Sicher ist unternehmerisches Engagement über das Kerngeschäft hinaus lobenswert – aber eben keine Pflicht. Zunehmend geht das Wissen verloren, dass unternehmerische Tätigkeit in einer Marktwirtschaft auch ohne zusätzliche CSR-Aktivitäten sozial wirkt – und das in mehrfacher Hinsicht:

■ Unternehmerinnen und Unternehmer schaffen gemeinsam mit den im Unternehmen tätigen Arbeitern und Angestellten jene Produkte und Dienstleistungen, die Verbraucherwünsche und -bedürfnisse befriedigen. Sie schaffen Arbeitsplätze, zahlen Löhne und Gehälter, Steuern und Sozialabgaben.

■ Ohne Gewerbesteuern oder die Mehrwertsteuer auf die von Unternehmen geschaffenen Produkte und Dienstleistungen wären die öffentlichen Kassen deutlich weniger gefüllt. Infrastrukturprojekte von A wie Autobahn bis Z wie Züge sind auf den aus unternehmerischer Tätigkeit resultierenden Liquiditätszufluss angewiesen – ganz abgesehen vom Einsatz der Firmen bei der Realisierung solcher Projekte.

■ Unternehmen tun all dies im Wettbewerb mit anderen Unternehmen und können nur erfolgreich sein, wenn ihre Leistungen aus Sicht der Verbraucher besser sind als jene ihrer Konkurrenten. Dieser Wettbewerb sorgt für das ständige Bemühen, weniger Rohstoffe und weniger Energie einzusetzen. Innovation ermöglicht es, die vom Kunden gewünschte Qualität zu angemessenem Preis sicherzustellen.

■ Ganz nebenbei bringen die Arbeit in Unternehmen und der Handel die Menschen auch über Grenzen hinweg in Kontakt und leisten damit einen Beitrag zu gegenseitigem Verständnis und zum Frieden.

Scheinbar ist es leichter, dem öffentlichen Drängen hin zu einer Verpflichtung zu CSR-Aktivitäten nachzugeben statt sich der Herausforderung zu stellen, Marktwirtschaft und die Rolle der Unternehmen im Wettbewerb zu erklären. Weder die Unternehmen noch die Kammern bemühen sich mit ausreichendem Druck darum, die unternehmerische Funktion in der Marktwirtschaft und deren Nutzen für die Gesellschaft erkennbar zu machen. Heute den leichten Weg zu wählen, kann sich aber schon morgen rächen.

Der Autor Rainer Fassnacht ist Unternehmer und Mitglied im Ausschuss Wirtschaftspolitik der IHK Berlin sowie Mitglied im Freundeskreis der Ludwig-Erhard-Stiftung.

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Lesen Sie zu diesem Thema auch: Roland Tichy, Zu Engagement und Verantwortung der Unternehmen in der Katastrophenhilfe

 
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KOMMENTARE
 
Dr. Christina Arndt
von: Dr. Christina Arndt

Sehr geehrter Herr Fassnacht,

Vielen Dank für Ihren Beitrag, mit dem Sie mir aus dem Herzen sprechen. Ich denke, es liegt in der Verantwortung der Unternehmensführungen,
die Position der Wirtschaft in die öffentliche Diskussion einzubringen. Gerade habe ich dazu einen Gastbeitrag im "Director´s Channel Blog"
geschrieben, auf den ich interessierte Leser gerne verweise: http://directors-channel.com/wp-content/uploads/2018/10/Directors-Channel-Blog-%E2%80%94-Gastbeitrag-von-Dr.-Christina-M.-Arndt.pdf?utm_source=DC-Essentials+Abonennten+Global&utm_campaign=29b4483fc8-DC_Sonderessentials_19-10-2018&utm_medium=email&utm_term=0_f092ee2f4e-29b4483fc8-225038049.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Christina Arndt