Anlässlich der Verleihung des diesjährigen Ludwig-Erhard-Preises für Wirtschaftspublizistik an Zanny Minton Beddoes und Dr. Peter Rázonyi am 10. Oktober 2018 in Berlin war NRW-Landesministerin Ursula Heinen-Esser als Festrednerin vorgesehen. Die stellvertretende Vorsitzende der Ludwig-Erhard-Stiftung war leider kurzfristig verhindert. Ihre Rede, die wir nachfolgend dokumentieren, wurde von Erich Wittenberg, freier Journalist und Sprecher, vorgetragen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Verhältnis zwischen Politik und Medien ist ein Thema, das gerade in jüngster Zeit viel Aufmerksamkeit erfahren hat. In einer Demokratie wird die Öffentlichkeit, vertreten durch die Medien, gerne als vierte Säule zur Kontrolle des politischen Systems dargestellt. Folgt man dieser Idee, wird klar, dass Politik und Medien verschiedene Plätze einnehmen müssen, wobei sie aber nicht weit entfernt voneinander stehen sollten: „Auf Sicht- und Rufweite“ könnte man vielleicht sagen – aber eben nicht am selben Ort.

Diese notwendige deutlich sichtbare Distanz zwischen Politik und Medien ist zwingend nötig, wobei sich beide gleichzeitig nicht aus den Augen verlieren dürfen. Wenn es keine Medien gäbe, wäre Politik schlecht in die Öffentlichkeit und zu den Bürgern und Wählern zu transportieren. Wenn sich aber Politik und Medien vermischen und womöglich gemeinsame Sache machen, so fehlt der Politik das Korrektiv. Medien sind dann weder unabhängig noch neutral, zwei Attribute, die wir in unserer Demokratie – sicherlich unbestritten und parteiübergreifend – mit einer funktionstüchtigen Presse verbinden.

Fehlende Unabhängigkeit und Neutralität liegen aber nicht nur dort vor, wo Parteien und Medien sich nahe stehen oder direkter politischer Einfluss ausgeübt wird, wie es beispielsweise in der Türkei der Fall ist. Angesichts der Terroranschläge vom 11. September 2001 übten sich die Medien in den USA in Zurückhaltung, was die kritische Berichterstattung zu der darauf folgenden Antiterrorgesetzgebung anging. Nicht wenige Beobachter der amerikanischen Medienlandschaft sind heute der Meinung, dass dadurch die Akzeptanz des Einmarsches in den Irak im Jahr 2003 deutlich erhöht wurde. Das Ansehen eines ganzen Berufsstandes wurde in den USA für eine lange Zeit erschüttert, weil Journalisten es nicht nur versäumt hätten, kritisch nachzufragen, sondern in Teilen die Argumentation der Bush-Regierung unreflektiert übernahmen.

Die Politik braucht ehrliche und mutige Medien!

Dies zeigt, wie wichtig es ist, dass die Medien die richtigen Fragen stellen – auch und vor allem unangenehme. Die Politik muss Antworten auf diese Fragen haben. Wenn die Antworten ausbleiben, so ist das ein Indiz dafür, dass die betreffende politische Position nicht haltbar ist, weil sie nicht begründet ist. Nur durch kritische Fragen kann die Politik Glaubwürdigkeit und Vertrauen bei den Bürgern erlangen. Je besser die Fragestellung, desto schärfer und überzeugender kann die Politik ihre Position deutlich machen und untermauern. Wenn keine kritischen Fragen gestellt werden, laufen Politiker Gefahr, beliebige Positionen zu vertreten. Ihnen ist dann der Zwang – aber auch die Möglichkeit – genommen, ihre Positionen und ihr Profil zu schärfen. Es gewinnt dann derjenige, der am lautesten schreit, einfache und schematische Lösungen für Probleme anbietet und so die Gunst des verunsicherten Wählers und Bürgers erlangt.

Politiker brauchen mutige und ehrliche, unparteiische Medien – auch wenn sie unbequem sind. Es gehört zum „common sense“, dass sich „Rechtschaffenheit auszahlt“ und „ehrlich am längsten währt“. Auf die Medien übertragen bedeutet dies, dass es ihre Aufgabe ist, ein zutreffendes Bild der Realität und des Meinungsspektrums insgesamt abzubilden. Auf der anderen Seite sind Medien Wirtschaftsunternehmen, die ihre Informationen auch nach Aufmerksamkeitsmerkmalen auswählen – wahrscheinlich sogar müssen. Insbesondere Massenmedien werden daher beschuldigt, ihre Informationen nach politischer bzw. kultureller Nähe zu selektieren oder Prominenz und negative Ereignisse wie Skandale, Konflikte und anderes zu präferieren. Daher, so der Vorwurf, trügen die Massenmedien Mitschuld am Vertrauensverlust in das politische System und in der Konsequenz an schwindender Wahlbeteiligung bzw. Protestwahlen.

Verhältnis von Medien und Politik

Die soeben aufgeführten Grundsätze im Spannungsverhältnis zwischen Medien und Politik wird vermutlich fast jeder mittragen können. Es stellt sich allerdings die Frage, wie ausgewogen das Verhältnis ist bzw. in welche Richtung die Waage ausschlägt. Zum Einfluss der Medien auf das politische System gibt es Indizien dafür, dass Medien immer mehr Einfluss gewinnen. Es wird argumentiert, dass politische Entscheidungen nicht mehr nur nach der politischen Sachlage getroffen würden, sondern auch danach, wie gut die Entscheidungen medial in die Öffentlichkeit transportiert werden könnten. Bisweilen ist sogar von einer „Mediokratie“ die Rede, dabei wird allerdings ignoriert, dass in Deutschland in den politischen Institutionen immer noch nach politischen Prioritäten verhandelt und entschieden wird. Wenn allerdings wie in Italien ein erfolgreicher Medienunternehmer viermal Regierungschef wird, ist von einer ungesunden Konzentration medialer und politischer Macht auszugehen.

Unabhängige und neutrale Medien sollen die Funktion als Vermittler in der öffentlichen Kommunikation erfüllen und einen vielfältigen Meinungsmarkt herstellen. In unserer Demokratie sind glücklicherweise die Möglichkeiten zur Instrumentalisierung der Medien durch politische Akteure begrenzt. Dafür sind Öffentlichkeitsarbeit und politische PR auf Regierungs-, Partei- und Organisationsebene immer wichtiger. Vor allem Wahlkämpfe werden zunehmend nach dem Beispiel der USA und Großbritanniens mithilfe von medienerfahrenen Beratern – neudeutsch „spin-doctors“ – medial ausgerichtet.

In anderen Regimen wie Russland ist die Instrumentalisierung der Medien durch die direkte oder indirekte Kontrolle des am weitesten verbreiteten Informationsmediums, des Fernsehens, weit fortgeschritten. Das gilt auch für die Print-Medien, die allerdings für die Bevölkerung und deren Versorgung mit Nachrichten weniger wichtig sind. Diplomatie und mediale Propaganda greifen ineinander, um mittels Desinformation die Außenpolitik Putins zu stützen – sei es um die Ukraine zu destabilisieren oder Kriegsverbrechen in Syrien zu verheimlichen.

Dagegen ist die Kontrolle der sozialen Netzwerke nur eingeschränkt erfolgreich: Einerseits wird das russische Facebook vom Kreml kontrolliert und zur Beeinflussung der Gesellschaft eingesetzt, andererseits dient es als Medium zur Verabredung von Protesten gegen die Regierung. Ein weiteres Beispiel ist Youtube, das immer noch die wichtigste Plattform für regimekritische Blogger ist. Letztendlich zeigt es sich, dass Misstrauen oder Fake News leichter zu verbreiten sind, als Journalisten und Bevölkerung völlig zu kontrollieren.

Die Pflicht des Staatsbürgers: Urteilsfähig sein!

Heute kann jeder im Internet, auf Facebook, Twitter usw. publizieren. Jeder kann Nachrichten und Fakten verbreiten – ungefiltert, nach eigenem Gutdünken: wahre und falsche, tiefgründige und oberflächliche, wichtige und unwichtige, informative und manipulierende – eben (fast) alles! Diese Vielfalt ist gut so – darüber gibt es wohl keinen Disput. In einer Marktwirtschaft sind Monopole wesensfremde und schädliche Gebilde, und auch für Nachrichten und Meinungen darf es kein Monopol geben. Das wäre gleichbedeutend mit dem Ende der Meinungs- und Pressefreiheit, die elementar für die freiheitlich-demokratische Grundordnung sind.

Das bedeutet aber auch: Wie überall in einer Marktwirtschaft braucht es aufgeklärte und mündige Bürger, die zur eigenen Bewertung und zum eigenen Hinterfragen und Urteilen fähig und willens sind. Die staatsbürgerliche Erziehung in Familien und Schulen ist dafür verantwortlich, dass Bürger nicht Neppern, Schleppern und Bauernfängern – gleichgültig welcher politischen Couleur – auf den Leim gehen.

In der Gründungsurkunde der Ludwig-Erhard-Stiftung von 1967 ist zu lesen: „In einer Zeit, in der ein verwerflicher Opportunismus und ein verderblicher Konformismus sich immer weiter ausbreiten, gilt es, die Werte verantwortlicher Gesinnung und menschlicher Gesittung zu stärken und neu zu beleben.“ Das Problem ist also nicht neu, es haben sich lediglich die Möglichkeiten zur Meinungsmache geändert. Das soll allerdings nicht verharmlosen, wie sehr sich die Anforderungen an den mündigen Bürger im freien Meinungs- und Willensbildungsprozess in Zeiten von Internet und Co. erhöht haben.

Chancen durch Internet und Social Media

Das Internet wird häufig als disruptive Innovation bezeichnet, weil es Marktstrukturen zerstört hat. Im Informations- und Medienbereich hat es die Regeln der ganzen Branche neu geschrieben. Jeder kann nun Nachrichtenmoderator und Chefkommentator sein. Und nicht nur das: Politiker müssen nicht mehr warten, bis und ob überhaupt eine ihrer Verlautbarungen von den etablierten Medien aufgegriffen und verbreitet wird. Sie greifen schlicht zum Handy und twittern kurzerhand selbst. Schnell, direkt, unverblümt – bisweilen vorschnell, weil keine Presseabteilung und kein Berater Aussagen, die sich vielleicht später als unklug herausstellen, rechtzeitig aussortiert.

Aber alles hat zwei Seiten, und auch die Chancen darf man nicht verschweigen: Direkte Verlautbarungen via Twitter lassen den Politiker direkter und nahbarer erscheinen, sowohl in seinen Inhalten als auch in seinem Duktus. Das bringt beim Wähler oft eher Plus- als Minuspunkte. Von manchem Politiker, der oder die auf Twitter aktiv ist, wird man sicher sagen: „Das ist einer von uns!“ Das prominenteste Beispiel dürfte wohl der amerikanische Präsident Donald Trump sein, der in einer Sprache twittert, die der US-Normalbürger versteht. Ob es dem Bürger gefällt und ob der schnelle Tweet einer Überprüfung standhält, steht natürlich auf einem anderen Blatt.

Social Media, die sozialen Netzwerke wie Twitter und Facebook, stehen seit einigen Jahren neben den etablierten Medien in Print, Funk und Fernsehen. Die Etablierten wiederum nutzen ebenfalls die neuen Kanäle in den sozialen Netzwerken. Das ist erfreulich, denn es gilt erstens, dass die Konkurrenz nicht schläft, und zweitens, dass Konkurrenz das Geschäft belebt. Ganz im Sinne der Sozialen Marktwirtschaft, des Wettbewerbsgedankens und der Überzeugung, dass der Abnehmer von Informationen – sprich: der Konsument – über Erfolg und Misserfolg von Innovationen entscheidet. Wer im Rennen um die Gunst der Nutzer einen Vorsprung hat, lässt sich noch nicht abschließend bewerten, denn die Bestimmung des Verhältnisses zwischen Social Media und den Etablierten ist noch im Fluss.

Fakt ist: Twitter und Facebook sind schnell – in Echtzeit lassen sich Ereignisse filmen und verbreiten, die Kommentare lassen kaum länger auf sich warten. Die tatsächlichen Leser sind nicht erkennbar, das heißt der Follower ist nicht unbedingt auch Leser, sondern lässt die angebotenen Informationen möglicherweise ungenutzt. Das gilt für etablierte Medien zwar auch, aber die Tatsache, dass man im Gegensatz zum Twitter-Account zum Beispiel für ein Zeitungsabo bezahlt, lässt doch darauf schließen, dass die Zeitung dem Abonnenten etwas wert ist. Sonst würde zumindest mittel- bis langfristig das Abo gekündigt. Die Möglichkeit, den potenziellen Leser von der Informationsquelle auszuschließen, und seine Entscheidung, für Informationen zu zahlen, macht den Unterschied.

„Torwächterfunktion“ etablierter Medien wird obsolet

Doch man muss sich bewusst machen, dass die geposteten Kommentare im quasi kostenlosen Internet zunächst Einzelmeinungen wiedergeben. Je schneller eine Nachricht kommt, desto weniger wird sie wohl reflektiert sein. Diese Vermutung darf man wohl plausiblerweise anstellen. Da die Teilnehmer auf Twitter selbst bestimmen, was sie lesen, sind sie auch selbst dafür verantwortlich, sich aus der Informationsvielfalt ein differenziertes Bild zusammenzustellen.

Im Geschwindigkeitswettkampf haben die analogen Medien wegen ihrer Produktionsbedingungen keine Chance gegen die Online-Medien. Auflagenrückgänge kosteten viele als sicher geltende Arbeitsplätze in den Verlagen, sowohl die der Journalisten als auch die der Manager. Die etablierten Medien mussten sich anpassen, um nicht die Konsumenten der digitalen Generation zu verlieren. In den USA half der sogenannte Trump-Effekt. „New York Times“, „Washington Post“ und andere erlebten eine Auferstehung von den Totgesagten. Die „Times“ gewann Hunderttausende Digital-Abonnenten, seit die Nachfrage nach fundierter journalistischer Recherche in Anbetracht der Äußerungen aus dem Weißen Haus anstieg.

Der ebenfalls schwer angeschlagene britische „Guardian“, dessen digitale Umsätze 2017 erstmalig die Umsätze aus dem Verkauf der gedruckten Auflage und aus Events überstiegen, ist digital mit seinen zehn Millionen Online-Lesern die drittgrößte Zeitung der Welt. Der „Guardian“ war auch einer von 80 Medienpartnern, die 2016 unter Führung der „Süddeutschen Zeitung“ die Panama-Papers veröffentlichten. Die meisten von ihnen sind Mitglieder im Verband investigativer Journalisten – weltweit mehrere Hundert Journalisten, die als grenzüberschreitendes Team recherchieren. Die fetten Jahre der Anzeigenkunden sind für die Print-Medien zwar für immer vorbei, aber die Beispiele verdeutlichen, dass es zum einen neuer Geschäftsmodelle bedarf und es zum anderen sehr wohl eine Nachfrage nach qualifizierten Antworten auf Twitter und Fake News gibt.

Früher hatten die etablierten Medien eine Torwächter-Funktion: Das, was beispielsweise in der Tagesschau oder in der FAZ berichtet wurde, war relevant. Schließlich waren die veröffentlichten Beiträge das Ergebnis einer ganzen Reihe von Selektionen – Überprüfung des Wahrheitsgehaltes, Filterung entsprechend der Relevanz des Inhaltes und Bearbeitung der Information. Hätten sich die damaligen Herausgeber daran gehalten, wäre dem „Stern“ 1983 die Blamage der gefälschten Hitler-Tagebücher erspart geblieben. Doch diese Torwächterfunktion wird durch das Internet zunehmend obsolet. Als das Internet kam, herrschte die Vorstellung, dass damit jeder alles auf den Informationsmarkt tragen könnte – und der mündige, eigenverantwortliche User, Follower oder Leser würde sich die für ihn relevanten Informationen heraussuchen.

Gefangen in der eigenen Filterblase?

Doch womit zu Anfang niemand gerechnet hatte: Die Suchmaschinen – in Wahrheit nur eine, nämlich Google – und die sozialen Medien, vor allem Facebook, funktionierten nach ausgeklügelten und streng geheimen Algorithmen. Damit wurde es möglich, die Daten, das Verhalten und die Interessen der User im Netz zu sammeln, auszuwerten und in die Ergebnisse einfließen zu lassen. Zu Ende gedacht führt die gefilterte Suche dazu, den User von neuen Themen und wichtigen Informationen auszuschließen; er verbleibt in seinem persönlichen Informations-Ökosystem.

Soziale Netzwerke neigen zur Monopolisierung und zur Bildung von Filterblasen, so die These. Die Verfechter der Filterblasen-Theorie argumentieren, die Algorithmen der sozialen Netzwerke würden dazu führen, dass den Usern nur noch Nachrichten präsentiert würden, die ihr eigenes Weltbild bestätigten. Dies habe im Ergebnis die Polarisierung der Gesellschaft zur Folge. Die Diskussionen um die Macht der Daten führten dazu, Erklärungen für überraschende politische Ereignisse in den unter Verdacht stehenden Algorithmen der Netzwerke zu suchen. Seitdem gilt bei den Anhängern der Theorie als gesichert, dass die AfD in einer Filterblase groß geworden ist und Algorithmen, die in sozialen Netzwerken eine menschliche Identität vortäuschen – sogenannte Social Bots – den Brexit herbeigeführt haben.

Zugegebenermaßen personalisieren Algorithmen unsere Seiten bei sozialen Medien und Google. Auf der anderen Seite hat das Internet das Spektrum an sozialen Kontakten und politischen Meinungen in einmaliger Weise erweitert. Selbst Parteien am äußeren Rand des Spektrums leiten ihre Leser auf Twitter weiter zu einem breiten Spektrum an Medien. Letztendlich mögen Leser Berichte über Politiker, die sie ablehnen, sei es aus Informationsinteresse, zur Unterhaltung oder auch um sich über sie aufzuregen.

Öffentlicher Diskurs und Konfliktbereitschaft sind notwendig

Um richtig verstanden zu werden: Es ist in höchstem Maße zu verurteilen, wenn demokratische Meinungsbildung durch irreführende und konfliktverstärkende Informationen manipuliert wird. Die Mystifizierung der Algorithmen birgt jedoch die Gefahr, von den wahren Problemen abzulenken. Das Erstarken der Rechten oder die Wahl eines Populisten zum US-Präsidenten haben ihre Ursachen nicht in der digitalen, sondern in der realen Welt. Sie können daher nicht durch Überarbeiten von Programmiercodes, sondern nur durch echten gesellschaftlichen Diskurs gelöst werden. Widerspruch und Diskurs gehören zum Wesen der Demokratie. Autonome Individuen, die zusammen ein Gemeinwesen bilden, werden selten alle zugleich einer Meinung sein. Menschen sind auch ohne Algorithmen eher für Fakten und Meinungen empfänglich, die sie bestärken.

Was nötig ist, ist die Bereitschaft, Konflikte im verbalen Diskurs zu lösen, indem man entweder A) einen Kompromiss findet oder B) zumindest akzeptiert, dass die Mehrheit entscheidet und diese Entscheidung für alle bindend ist. Wenn dieser Konsens aller Demokraten verlassen wird, so ist auch die Demokratie am Ende. Das ist glücklicherweise nicht so. Divergierende Meinungen, auch quer durch Dorfgemeinschaften und über Kaffeetische hinweg, gab es schon immer, denn sie gehören zum Leben im Gemeinwesen. Und dort, in der Gesellschaft – und sei es online – müssen sie erörtert und möglichst auch überwunden werden.

Das ist auch der Geist, der dem Ludwig-Erhard-Preis für Wirtschaftspublizistik von seinem Stifter mit auf den Weg gegeben wurde: „Soziale Marktwirtschaft verlangt Öffentlichkeit und Akzeptanz“ – so heißt es in der Satzung über den Ludwig-Erhard-Preis für Wirtschaftspublizistik. In diesem Sinne hat die Jury des Ludwig-Erhard-Preises für Wirtschaftspublizistik unsere diesjährigen Preisträger ausgewählt, und in diesem Sinne ist die Ludwig-Erhard-Stiftung insgesamt tätig. Ich gratuliere den Preisträgern herzlich und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit!

Lesen Sie die Reden der beiden Preisträger Zanny Minton Beddoes, Chefredakteurin der Zeitschrift „The Economist“, und Dr. Peter Rásonyi, Leiter der Auslandsredaktion der Neuen Zürcher Zeitung. Hier geht es zur Dokumentation der Preisverleihung mit weiteren Redebeiträgen und Fotos.

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