Prof. Dr. Dietrich Schönwitz
Rektor der Hochschule der Deutschen Bundesbank i. R.

Die Leitlinien von Subsidiarität und der Einheit von Handlung und Haftung müssen bei der Lösung europäischer Probleme beachtet werden. Nur so kann der Europäischen Union wieder eine Orientierung gegeben werden.

Die europäische Idee als Friedens- und Wohlstandsprojekt hat nicht erst seit der britischen Entscheidung, die Europäische Union zu verlassen, bei Bürgerinnen und Bürgern an Vertrauen und Überzeugungskraft verloren. Hinzu kommen verstärkt nationalistische Tendenzen vor allem in östlichen Ländern der Europäischen Union, aber auch in Kerneuropa, wie jüngste Wahlergebnisse in Italien und das Erstarken rechtsgerichteter Parteien in Deutschland und Österreich belegen. Das hat vor allem in Frankreich durch Emmanuel Macron sowie in der zwischen CDU und SPD im Frühjahr 2018 geschlossenen neuerlichen Großen Koalition dazu geführt, einen „neuen Aufbruch für Europa“ – wie es im Koalitionsvertrag heißt – auszurufen. Davon sind alle Länder der Union betroffen, ganz entscheidend aber in der aktuellen Diskussion die Euro-Gemeinschaft als am stärksten miteinander verbundener Teil Europas.

Leitlinien zur Weiterentwicklung

Zur Revitalisierung europäischer Überzeugungs- und Anziehungskraft reichen allerdings emotionale Bekenntnisse zur Europäischen Union und visionäre Europabegeisterung nicht aus. Europäischer Aufbruch braucht vielmehr konzeptionelle Ausrichtung, an der sich Vorschläge und Ideen zur Weiterentwicklung der Union messen lassen. Mit überzeugend vertretener und einsichtig vermittelter ordnungspolitischer Orientierung lässt sich gegenüber fallweisen populistischen Einflüssen die Grundlage für vorhersehbares und daher planbares politisches Verhalten sowie Bürgervertrauen schaffen. Drei Leitlinien sind hierfür wichtig:

  1. Realistische europäische Weiterentwicklung hat auf die Balance zwischen der Anerkennung länderspezifischer Besonderheiten sowie Identitäten einerseits und andererseits der Beschränkung nationaler Souveränität im Sinne europäischer Solidarität zu achten.
  2. Erfolgreiche europäische Weiterentwicklung hat als politische Strategie Augenmaß zu wahren, damit europäischer Überschwang nicht zu Gegenreaktionen führt, die das europäische Projekt gefährden.
  3. Ordnungskonforme europäische Weiterentwicklung orientiert sich am Subsidiaritätsprinzip der Nachrangigkeit übergeordneten Handelns, respektiert daher Märkte als vorrangige Problemlösungs- und Koordinierungsmechanismen und setzt auf die Einheit von Handeln und Haften. Das heißt, sowohl im privatwirtschaftlichen als auch im politischen Bereich hat jeder Akteur für die Folgen seines Handelns selbst einzustehen – anders ausgedrückt: Wer den Nutzen hat, muss auch den Schaden tragen.

Vor allem der dritte Punkt entspricht der ordnungspolitischen Tradition der deutschen Wirtschaftspolitik, die bislang, trotz mancher wahltaktischer Zugeständnisse, grundsätzlich in die Haltung der Berliner politischen Entscheidungsträger zu Reform- und Weiterentwicklungsvorschlägen für Europa einfloss. Es ist zudem eine Orientierung, an der auch eine Weiterentwicklung der Euro-Gemeinschaft gemessen werden sollte.

Strikte Einhaltung der Stabilitätskriterien

Speziell das französische Anliegen zur Vertiefung der Währungsunion mit einem Euro-Budget, einem EU-Finanzminister, der das Recht hätte, gegen eine unsolide Verschuldungspolitik einzuschreiten, und perspektivisch einer Fiskalunion als Komplement zur Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) hat als weitgehende Beschränkung nationaler Souveränität zu einer Gegenreaktion von acht Staaten aus dem Norden der Union geführt. Diese Länder sehen dadurch die in den vorstehenden Leitlinien angesprochene Balance nicht gewahrt. Sie treten, wie Mark Rutte, Ministerpräsident der Niederlande und inoffizieller Wortführer, betont, gemäß dem Subsidiaritätsprinzip dezidiert dafür ein, dass „Europa auf der Grundlage seiner Nationalstaaten gebaut werden muss und nicht von Brüssel herab“.

Das bedeutet, dass eine angestrebte Übertragung fiskalpolitischer Kompetenzen mit entsprechender Veränderung der europäischen Verträge politisch nicht durchsetzbar ist. Reformschritte sollten daher in den existierenden ordnungspolitischen Rahmen passen. Das beste Instrument zur Schockabsorbtion, so Rutte in einer Stellungnahme zur Erklärung von Meseberg vom Juni 2018, in der nach dem Willen Frankreichs und Deutschlands ein Budget für die Eurozone ab 2021 anvisiert wird, sei, die Hausaufgaben zu erledigen und die eigenen nationalen Finanzen in Ordnung zu halten. Es ist dies eine Position, die auch die Haltung der Bundesregierung bis zum Koalitionsvertrag prägte.

Aus ihr folgt, dass als Ergänzung zur gemeinsamen Geldpolitik erstens eine strikte Einhaltung der Verschuldungskriterien des Stabilitäts- und Wachstumspakts – als von den Nationalstaaten getragene ordnungspolitische Regelung nationaler Wirtschaftspolitik – anzustreben ist. Zweitens ist es darauf aufbauend Aufgabe der Staaten, die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass zur Sicherung der Funktionsfähigkeit der Geldpolitik noch bestehende wirtschaftliche und strukturelle Unterschiede im Euroraum eingeebnet werden und gegenläufige konjunkturelle Entwicklungen vermieden werden, sodass die einheitlichen zins- und liquiditätspolitischen Maßnahmen der Europäischen Zentralbank für alle Mitgliedsländer passen.

Nicht zuletzt diese Unterschiede waren es, die zu Funktionsstörungen in der Währungsunion geführt haben, weil für manche stärker prosperierende Länder die gemeinsame Zinspolitik zu expansiv war, für andere wiederum der Euro den Wechselkurs über die Möglichkeit einer Währungsabwertung als Anpassungsmechanismus bei sich abschwächender konjunktureller Entwicklung ausschaltete.

Den Austritt aus der Währungsunion ermöglichen

Die Forderung nach konsequenter Einhaltung der Verschuldungskriterien bedeutet aber auch, sich der Realität nicht zu verweigern und einem Land, das dazu absehbar nicht in der Lage oder willens ist, in einem noch näher zu präzisierenden Verfahren und flankiert durch Regeln zur Schuldenrestrukturierung den geordneten Austritt aus der Währungsunion zu ermöglichen. Die dann erfolgende Abwertung der Landeswährung würde wie ein Konjunkturprogramm wirken, Wachstumsperspektiven eröffnen und das Land wieder wettbewerbsfähig machen.

Da die Europäische Kommission aus politischer Opportunität schon mehrfach eine Nichteinhaltung der Grenzen für die Staatsverschuldung von Euroländern, im Jahr 2003 als entscheidender Sündenfall auf Betreiben von Deutschland und Frankreich, toleriert hat, wäre es sinnvoll, einem Vorschlag der Deutschen Bundesbank zu folgen und mit der Überwachung der Einhaltung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes eine unabhängige Institution zu betrauen. Dies könnte beispielsweise der bei der EZB angesiedelte Europäische Ausschuss für Systemrisiken sein. Der Ausschuss könnte bei Verstößen Vorschläge für Sanktionen machen, die die Kommission aufgrund der Öffentlichkeitswirkung der Stellungnahmen und der Reputation der Europäischen Zentralbank nicht negieren könnte. Die Wahrscheinlichkeit von weiteren Sündenfällen würde damit deutlich verringert.

Einheit von Handeln und Haften gefährdet

Im Koalitionsvertrag von CDU und SPD wird als weiterer wichtiger Reformschritt vorgeschlagen, den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) zu einem Europäischen Währungsfonds (EWF) weiterzuentwickeln. Der EWF soll im Gemeinschaftsrecht verankert sein und nicht nur langfristig zu gewährende Gelder für strukturelle Krisensituationen vorhalten, sondern Länder, die durch äußere Umstände vorübergehend in Schwierigkeiten geraten, präventiv mit auflagengebundenen kürzerfristigen Krediten unterstützen. Eine solche Verankerung im übergeordneten Gemeinschaftsrecht ist nur dann schlüssig, wenn die bisher beim ESM bestehenden Kontroll- und Zustimmungsrechte der nationalen Parlamente als Ausdruck ihrer Souveränität eingeschränkt werden. Wenn eine derartige Beschränkung politisch durchsetzbar wäre, ist zu befürchten, dass der EWF im Zuge politischer Zugeständnisse zu einem Instrument für dauerhafte finanzielle Transfers innerhalb der Währungsunion werden könnte. Damit würde der Leitgedanke der Einheit von Handeln und Haften infrage gestellt.

Die Initiative für einen EWF fügt sich in weitere Vorschläge, unter anderem aus dem Internationalen Währungsfonds (IWF), die Mittel zur Krisenbewältigung im Rahmen eines Krisenfonds deutlich aufzustocken. Selbst wenn ein „Schlechtwetterfonds“ so ausgestaltet werden könnte, dass der Weg in eine dauerhafte Transferunion vermieden wird, indem die Länder Haushaltsüberschüsse in ihn zurücklegen, ohne dass finanzielle zwischenstaatliche Transfers vorgesehen sind, stellt sich die Frage der Sinnhaftigkeit. Wenn sich jedes Land an die Kriterien des Stabilitäts- und Wachstumspaktes hält und – wie bereits ausgeführt – durch institutionelle Vorkehrungen auf strikte Einhaltung der Stabilitätskriterien geachtet wird sowie außerdem in Rechnung gestellt wird, dass mit dem ESM bereits ein wichtiges Stabilitätsinstrument geschaffen wurde, ist ein solcher Fonds nicht zwingend notwendig.

Die stabilitätsorientierten Reformauflagen des ESM bei in Anspruch genommener Hilfe sind zudem ein wichtiger Anreiz für eine solide Haushaltspolitik, die die Bildung von nationalen Rücklagen in späteren guten Zeiten beinhaltet. Außerdem bestehen zur investiven Unterstützung der nationalen Wirtschaftspolitiken im Sinne einer ausgewogenen Entwicklung der Lebensverhältnisse in den Ländern Mittel aus den Regional- und Strukturfonds der Union. Mit den Kreditfazilitäten der Europäischen Investitionsbank (EIB) existiert darüber hinaus bereits ein durchaus ausbaufähiger „Investitionsfonds“.

Weitere Initiativen kritisch prüfen!

Hinzu kommt, dass das Eurosystem durch regulatorische Maßnahmen bereits krisenfester gestaltet wurde. Deshalb ist im Hinblick auf weitere Initiativen zur Vermeidung von legislativem Überschwang Augenmaß angebracht. So wurde als Lehre aus der Finanzkrise 2007 die sogenannte makroprudenzielle Aufsicht, bei der Risiken für das Finanzsystem insgesamt ermittelt werden und frühzeitig Handlungsmöglichkeiten zur Gefahrenabwehr aufgezeigt werden sollen, neu eingeführt. Sie ist für das Eurosystem Aufgabe der EZB und des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken. Des Weiteren werden bei der auf einzelne Banken abstellenden mikroprudenziellen Aufsicht höhere Anforderungen an die Bestandsfestigkeit gestellt – insbesondere bei der Eigenkapitalunterlegung von Risikoengagements und bei Risikobewertungsmodellen.

All das wird durch die Bankenunion ergänzt. Diese besteht bisher aus den beiden Säulen „Einheitlicher Bankenaufsichtsmechanismus“, der über die nationale Aufsicht hinaus eine zentrale Bankenaufsicht über Großbanken durch die EZB beinhaltet, und „Einheitlicher Bankenabwicklungsmechanismus“, der eine Abwicklung illiquider Banken nach dem Prinzip der Vorrangigkeit privater Haftung vorsieht. Letzterer soll durch einen gemeinsamen Abwicklungsfonds (Single Resolution Fund, SRF) ergänzt werden, der mit Bankenabgaben aufgefüllt wird, bis zum Jahr 2024 einen Sollbestand von 60 Milliarden Euro erreichen soll und einspringt, wenn die Beiträge der Aktionäre und Gläubiger zur Deckung der Abwicklungskosten nicht ausreichen.

Vorsicht ist auch bei einer möglichen dritten Säule der Bankenunion, einer gemeinsamen Einlagensicherung für das Eurosystem, angebracht. Mit ihr wäre – auch wenn die Altrisiken in den Kreditengagements der Banken beseitigt wurden – gleichwohl der Anreiz zu risikobetontem Verhalten und damit einer nicht auszuschließenden Vergemeinschaftung von Bankverlusten verbunden. Das ist insofern nicht ordnungskonform, als die Einheit von Handeln und Haften nicht gewahrt wäre. Priorität sollte daher statt des von der Politik propagierten „jetzt noch nicht, aber später“ zur gemeinsamen Einlagensicherung die konsequente Umsetzung und gegebenenfalls Überprüfung der EU-Einlagensicherungsrichtlinie aus dem Jahr 2014 haben, die die Einlagensicherung in allen Ländern der Union harmonisieren soll. Dies würde dem Subsidiaritätsprinzip entsprechen, indem die Banken sich wie in Deutschland, wo es vier Systeme der Einlagensicherung gibt, solidarisch auf der Basis von Selbsthilfegemeinschaften zusammenschließen.

Problematisch bleibt die Behandlung von Staatsanleihen in der Bankenaufsicht. Staatsanleihen können von den Banken bisher im Portfolio gehalten werden, ohne wie bei anderen Risikopositionen Eigenkapital vorzuhalten, obwohl – wie die Finanzkrise gezeigt hat – das Engagement in Anleihen von in Krisen geratenen Staaten zu einem Nexus geführt hat, der Banken im Euroraum in Existenzschwierigkeiten gebracht hat. Gerade hochverschuldete Länder wie Griechenland und Italien sind weiterhin mit diesem Problem konfrontiert. So sind beispielsweise die Forderungen der italienischen Banken gegenüber dem Staat Mitte 2018 um mehr als 150 Milliarden Euro höher als deren gesamtes Eigenkapital. Die umfangreichen Staatsanleihekäufe der Notenbanken des Eurosystems von Banken im Rahmen der unkonventionellen geldpolitischen Maßnahmen haben in einem Nebeneffekt dieses Problem länderspezifisch reduziert. Sie können jedoch als Verlagerung von Ausfallrisiken auf die Notenbanken und damit letztlich auf die Mitgliedstaaten sowie als Überschreiten der Grenze von Geldpolitik zur Fiskalpolitik keine ordnungspolitische Dauerlösung sein.

Bankenaufsichtlich ist die Nullgewichtung der Staatsanleihen im Forderungsbestand der Banken deshalb zu problematisieren. Dabei ist zu diskutieren, ob die Festlegung von Höchstgrenzen des Engagements ausreicht, oder ob (auch) die Gewichtung erhöht wird. In jedem Fall würden die Banken bei ihren Portfolioentscheidungen in Bezug auf Staatsanleihen dann mehr Vorsicht walten lassen und somit krisenfester werden. Insofern weist die Debatte um eine Bündelung und Verbriefung von Staatsanleihen zu „Souvereign Bondbacked Securities (SBBS)“, deren Erwerb nach den Vorstellungen der EU-Kommission nicht mit Eigenkapital hinterlegt werden soll, in eine falsche Richtung.

Aufbruch mit neuen Prioritäten

Der Befund rechtfertigt die These, dass die institutionelle und die damit verbundene volumenmäßige Aufstockung von europäischen Möglichkeiten zur Investitionsförderung und Krisenbewältigung – wozu auch ein Euro-Budget gehört – sowie eine dritte Säule der Gemeinschaftsaufgabe Bankenunion in der weiteren Debatte um Reformen in der Gemeinschaft keine Priorität haben sollten. Stattdessen können im bestehenden Ordnungsrahmen Erweiterungen erfolgen, zum Beispiel indem, wie beim Euro-Gipfel Ende Juni 2018 vereinbart, aus dem ESM eine Kreditlinie als letzte Sicherheitsreserve für den Bankenabwicklungsmechanismus vorgesehen wird, oder indem die Förderungsmöglichkeiten der EIB aufgestockt werden.

Angesichts neuerer Entwicklungen im transatlantischen Verhältnis und der weltpolitisch aktiveren Rolle Chinas und Russlands ist es geboten, die äußere Souveränität der Europäischen Union zu stärken, um nach außen mit einer Stimme zu sprechen und Macht mit Gegenmacht beantworten zu können. Dies könnte durch Aufwertung des Hohen Vertreters der EU für Außen- und Sicherheitspolitik zu einem EU-Außenminister erfolgen, wodurch die Grundlagen für ein stärker solidarisches Verhalten gegenüber Versuchen, europäische Interessen und Werte infrage zu stellen, verbessert würden.

Auch mit Blick auf die künftige EU-Mittelausstattung nach dem Brexit ist es dringlich, sich darüber einig zu werden, welche weiteren Aufgaben künftig gemeinschaftlich erfüllt werden sollen. Das Pferd sollte nicht von hinten aufgezäumt werden – wie auch Bundesbankpräsident Jens Weidmann betont –, indem als erster Schritt Budgetforderungen erhoben und diskutiert werden. Bei der Festlegung von Gemeinschaftsaufgaben hat man sich am Subsidiaritätsprinzip zu orientieren, also die Eigenverantwortung sowie Souveränität der Mitgliedstaaten zu beachten und nur solche Aufgaben auf die Unionsebene zu übertragen, die dadurch einen klaren Vorteil gegenüber marktwirtschaftlicher und nationaler Aufgabenwahrnehmung versprechen. Innere und äußere Sicherheit, die Bewältigung der Flüchtlingskrise und Klimaschutz sind zweifellos solche Gemeinschaftsaufgaben, aber auch grenzüberschreitende Infrastrukturprojekte wie Netzinfrastrukturen zur europaweiten digitalen Vernetzung von Konsumenten und Produzenten. Rationale Wirtschaftspolitik widersteht jedoch der Versuchung, zur besseren Erfüllung einer Gemeinschaftsaufgabe sachlich nicht gerechtfertigte Zugeständnisse in einem anderen Problembereich zu machen.

Die Bekämpfung der in vielen Ländern der Union hohen Jugendarbeitslosigkeitsquoten der 15- bis 24-Jährigen – mit den Höchstwerten in Griechenland Anfang 2018 von 45 Prozent, in Spanien 36 Prozent und in Italien 33 Prozent – ist zwar keine klassische Gemeinschaftsaufgabe. Wenn man aber davon ausgeht, dass das Leitbild der Sozialen Marktwirtschaft als „Marktwirtschaft mit wirksamen sozialen Sicherungen“ für die Unionsländer gilt, ist es gerechtfertigt, in einem Masterplan mit sehr hoher Priorität gegenüber anderen Aufgaben die Sicherung der Zukunftschancen der jüngeren Generation zur Gemeinschaftsaufgabe zu erklären. Selbst die drei Länder der Gemeinschaft mit der niedrigsten Jugendarbeitslosigkeit (Tschechien, Niederlande und Deutschland) haben eine durchschnittliche Quote von rund sieben Prozent.

Für ein in Teilen alterndes Europa würde eine erfolgreiche Gemeinschaftsinitiative nicht nur untragbare soziale Härten beseitigen, sondern auch künftigen Wohlstand sichern, was nach dem Postulat eines der Gründerväter der Sozialen Marktwirtschaft, Ludwig Erhard, mit „Wohlstand für Alle“ ebenfalls ein zentrales Anliegen sozial ausgerichteter Marktwirtschaften ist.

Orientierungen zur Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik, herausgegeben von der Ludwig-Erhard-Stiftung, Bonn, ISSN 2366-021X

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