Prof. em. Dr. Erich Weede
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Soziologie

Dieser Beitrag ist eine makroskopische Analyse der letzten tausend Jahre chinesischer Wirtschaftsgeschichte. Der Aufstieg Chinas in den letzten vierzig Jahren kann mit der zunehmenden Duldung von Privatbesitz an Produktionskapital, Knappheitspreisen und unternehmerischer Freiheit, aber auch mit der Ausbeutung der Vorteile der Rückständigkeit erklärt werden bzw. damit, dass China von der früheren und größeren Freiheit im Westen profitiert hat. Chinas Steigerung der Produktion wäre ohne das vorhergehende Wirtschaftswachstum des Westens im 19. und 20. Jahrhundert – ohne unsere wirtschaftliche Freiheit – nicht denkbar gewesen.

Der folgende Aufsatz ist wie ein Bild. Es gibt einen Rahmen, und es gibt das Bild selbst. Im Bild geht es um die chinesische Wirtschaftsgeschichte der letzten tausend Jahre; es geht darum zu zeigen, dass dezentrale Entscheidungen privater Unternehmer, sichere Eigentums- und Verfügungsrechte sowie freie Marktpreise wesentlich zur Erklärung der Wirtschaftsentwicklung auch in China beitragen können. Beim Rahmen geht es um die Bedeutung der wirtschaftlichen Freiheit im ökonomischen Denken; es geht auch um die Begründung, warum sich unter den freiheitlichen Denkschulen gerade die Österreichische Ökonomik zur Erklärung der wirtschaftlichen Entwicklung in China eignet. Sicher ist es nützlich, wenn in einer Regierung wie im Deutschland der Nachkriegszeit auch ökonomischer Sachverstand vertreten ist, aber entscheidend ist das Vermeiden von Festlegungen auf falsche Theorien.

Über die wirtschaftliche Freiheit in der Ökonomik

Wirtschaftliche Freiheit ist nicht ohne Grenzen der Staatstätigkeit denkbar. Aber während Politik und Staat versuchen, Koordinationsprobleme entweder mit Zwang oder in Demokratien möglichst mit weitgehender Zustimmung der Wähler zu lösen, kommt der Markt mit einem Minimum von Konsens und Zwang aus. Es reichen die beiderseitige Anerkennung der jeweiligen Eigentums- und Verfügungsrechte sowie die Einigung der Partner auf Tauschbedingungen bzw. Preise. Weder Zustimmung von Unbeteiligten noch Zwang sind erforderlich. Private Eigentumsrechte, Markt und wirtschaftliche Freiheit bieten Anreize zu rationaler Ressourcenallokation und Nutzung des Humankapitals einer Gesellschaft und fördern damit Wirtschaftswachstum und Wohlstand. Monopole, Kartelle und staatliche Interventionen beeinträchtigen den Wettbewerb und damit die Funktion des Marktes.

So kann man den Konsens von Verfechtern der wirtschaftlichen Freiheit zusammenfassen.1Man könnte auch sagen, dass der gesunde Menschenverstand Freiheit für die Wirtschaft fordert. Zum Verhältnis von gesundem Menschenverstand und Ökonomik, vgl. Ha-Joon Chang, Economics: The User’s Guide, London 2014. Im Detail gibt es Unterschiede zwischen den verschiedenen Schulen und sogar zwischen einzelnen Denkern derselben Schule. Eine besondere Affinität zur wirtschaftlichen Freiheit haben die Österreichische Schule der Nationalökonomie2Eine gute Zusammenfassung bieten Randall G. Holcombe, Advanced Introduction to the Austrian School of Economics, Cheltenham, UK / Northampton 2020, sowie Jesús Huerta de Soto, The Austrian School. Market Order and Entrepreneurial Creativity, Cheltenham, UK 2008., die Public Choice Schule3Eine gute Zusammenfassung bietet Randall G. Holcombe, Advanced Introduction to Public Choice, Cheltenham, UK / Northampton 2016., die Chicago School4Beispielhaft ist Milton Friedman, Kapitalismus und Freiheit, München 1976. und die Freiburger oder Ordoliberale Schule5Das von Walter Eucken und Franz Böhm begründete Jahrbuch für Wirtschaft und Gesellschaft ORDO mit inzwischen 70 Bänden bringt vorwiegend dieser Schule zuzurechnende Beiträge.. Der Einfluss dieser Schulen auf bestimmte Wirtschaftspolitiker und deren Entscheidungen ist jedoch umstritten. Bei Ludwig Erhard wird sogar eine Distanz zu allen seinerzeit schon einflussreichen Schulen, vor allem der ordoliberalen, behauptet.6Horst Friedrich Wünsche, Ludwig Erhards Soziale Marktwirtschaft, Reinbek und München 2015. Dazu kritisch die Buchbesprechung von Gerald Braunberger, Erhards geheimes Erbe, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 23. Februar 2015, Seite 18; siehe auch Alfred Schüller, Ludwig Erhard als Ordnungspolitiker zwischen Ordnungsdualismus, Elastizitätspessimismus und Elastizitätsoptimismus, Orientierungen zur Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik, https://www.ludwig-erhard.de/ludwig-erhard-als-ordnungspolitiker-zwischen-ordnungsdualismus-elastizitaetspessimismus-und-elastizitaetsoptimismus.

Hier möchte ich mich dem Urteil des Österreichers Friedrich A. von Hayeks anschließen, der Ludwig Erhard bescheinigt, einen „Instinkt für das, was richtig ist, gehabt“ zu haben.7Bei Horst Friedrich Wünsche, Ludwig Erhards Soziale Marktwirtschaft, Reinbek / München 2015, Seite 63. In der Politik kommt es weniger auf eine theoretisch elegante und konsistente Formulierung an als auf das praktische Handeln und dessen Konsequenzen. Da reicht es, wenn man vermeidet, was nach bewährten Theorien nicht funktionieren kann, wenn man die Festlegung auf bereits falsifizierte Theorien vermeidet.8Dazu sollte man den Marxismus zählen. Wenn man die Formulierung des Kommunistischen Manifests als Theorie nimmt, dann findet man meine Kritik bei Erich Weede, Konfliktforschung, Opladen 1986, 6. Kapitel. Wenn man an die späteren marxistisch inspirierten Dependenztheorien denkt, dann findet man die Kritik bei Erich Weede, Rent-Seeking or Dependency as Explanations of Why Poor People Stay Poor, International Sociology 1-4, 1986, Seiten 421–442, oder bei Erich Weede, Economic Development and Growth, in: Masamichi Sasaki / Jack Goldstone / Ekkart Zimmermann / Stephen K. Sanderson (Hrsg.), Concise Encyclopedia of Comparative Sociology, Leiden 2014, Seiten 293–310. Eine an marxistischen Ideen orientierte Herrschaftspraxis überall auf der Welt wird von einem Historiker kritisiert; vgl. Rainer Zitelmann, Kapitalismus ist nicht das Problem, sondern die Lösung, München 2018. Dabei ist außerdem zu berücksichtigen, dass Politiker fast immer zu Kompromissen genötigt sind, was die Umsetzung von reinen Theorien erschweren muss.

Nach dem, was Ludwig Erhard für die Durchsetzung der wirtschaftlichen Freiheit im Nachkriegsdeutschland geleistet hat, kann jedenfalls kein Zweifel daran bestehen, dass er vom Wert der Freiheit überzeugt war und den oben skizzierten Minimalkonsens geteilt hat. In Großbritannien hat von Hayek vor allem über Margaret Thatcher zeitweise politischen Einfluss gehabt. In den USA haben sowohl die Österreichische Schule als auch die Chicago School sowie Public Choice, vor allem in den 1980er Jahren unter Ronald Reagan, versucht, die Politik mitzugestalten.9Den Erfolg freiheitlicher Denkschulen in der angelsächsischen Welt kann man vor allem bei der Einhegung des Wohlfahrtsstaates durchaus skeptisch beurteilen. Dazu Paul Pierson, Dismantling the Welfare State? Reagan, Thatcher and the Politics of Retrenchment, Cambridge 1994.

Hier soll es nicht darum gehen, die Unterschiede zwischen den freiheitlichen Denkschulen herauszuarbeiten oder zu zeigen, welche dieser Schulen zu welchem wirtschaftspolitischen Zweck welchen Weg weist, sondern nur zu zeigen, wie das Ausmaß der Freiheit im Zeitverlauf mit wirtschaftlichen Erfolgen und Misserfolgen in China zusammenhängt. Dabei eignen sich die Gedanken der Österreichischen Schule besser als die der anderen Schulen, weil sie sich mehr als andere mit Sozialismus und Planwirtschaft, also den heftigsten Einschränkungen der Freiheit überhaupt, auseinandergesetzt hat. Obwohl die Akteure in China entweder schon aus zeitlichen Gründen oder wegen der kulturellen Distanz kaum Kenntnis der Theorie gehabt haben können, trägt die Österreichische Schule wesentlich zum Verständnis der chinesischen Wirtschaftsentwicklung bei.

Die österreichische Wirtschaftstheorie

Bei der Österreichischen Schule denke ich vor allem an die Einsichten von Friedrich A. von Hayek, Ludwig von Mises und Joseph A. Schumpeter. Von Hayek10Friedrich A. von Hayek, The Use of Knowledge in Society, American Economic Review 35-4, 1945, Seiten 519–530, aber auch Friedrich A. von Hayek, Die Verfassung der Freiheit, Tübingen 1971. betont, dass es nicht nur explizites Wissen gibt, das aufgeschrieben oder auch in mathematischen Formeln festgehalten werden kann. Daneben gibt es implizites Wissen, mit dem man arbeiten kann, ohne auch nur zu versuchen, es zu formulieren. Träger impliziten Wissens können sogar Analphabeten sein, so wie viele Bauern während großer Teile der Geschichte. Sie wussten immer schon, was auf welchem ihrer Felder gedeiht, wann man sät oder wie und wann man erntet. Auch das Wissen von Handwerkern ist in Arbeitspraktiken implizit. Man erwirbt es nicht durch Lesen, sondern durch Beobachtung und Imitation des Meisters. Nach von Hayek muss Wissen nicht mit universellem Gültigkeitsanspruch verbunden sein, sondern sein Geltungsbereich kann auf konkrete Zeiten oder Räume begrenzt sein, wie das Wissen eines Unternehmers, welcher seiner Subunternehmer oder Lieferanten preiswert oder zuverlässig ist. Das lernt man eher aus Erfahrung als an der Business School. Außerdem muss derartiges Wissen zumindest mit jeder Veränderung des Kreises der Geschäftspartner auf den neuesten Stand gebracht werden.

Wissen ist nach von Hayek auf Millionen Köpfe verteilt und nicht zentralisierbar. Es kann nur genutzt werden, wenn die Menschen die Freiheit haben, eigenständig zu entscheiden und die positiven oder negativen Folgen ihrer Entscheidungen tragen müssen. Implizit enthält das die Forderung nach einem geringen Ausmaß an berechenbarer Staatstätigkeit und großem Respekt vor dem Privateigentum. Je weniger wirtschaftliche Freiheit herrscht, desto weniger kann das nicht-zentralisierbare Wissen genutzt werden, desto weniger produktiv kann die Wirtschaft sein.

Von Hayek war zeitweise Schüler von Ludwig von Mises. Ohne dessen Vorarbeiten zum Privateigentum an Produktionskapital, zu flexiblen Knappheitspreisen und Planwirtschaft hätte er seine eigene Theorie vielleicht nie entwickelt. Von Mises11Ludwig von Mises, Die Gemeinwirtschaft. Untersuchungen über den Sozialismus, Stuttgart 1922/2007. hatte schon kurz nach der russischen Revolution erkannt, dass eine rationale Ressourcenallokation nicht nur Eigentum als Arbeitsanreiz braucht, sondern unbedingt auch Privateigentum an Produktionsmitteln, an Gütern, Fabriken und Unternehmen. Nur dann kann es einen Wettbewerb auf Inputmärkten geben, wo Rohstoffe, Zwischenprodukte und Arbeit erworben werden. Ohne Privateigentum und Wettbewerb unter Unternehmen gibt es dort keine Preise, die über Knappheiten informieren, und deshalb keine rationale Ressourcenallokation.12Einen anschaulichen Überblick über Preisverzerrungen in der Sowjet-Union und Osteuropa findet man bei Jan Winiecki, The Distorted World of Soviet-Type Economies, London 1988.

Anfang des 21. Jahrhunderts hat der chinesische Ökonom Justin Yifu Lin13Justin Yifu Lin, The Quest for Prosperity. How Developing Economies Can Take Off, Princeton 2012. von Mises’ Einsicht in die Notwendigkeit von Privateigentum an Produktionskapital durch den Hinweis ergänzt, dass andernfalls die Gefahr besteht, die komparativen Kostenvorteile von Unternehmen oder sogar von Volkswirtschaften zu missachten. Wenn diese Kritik am Sozialismus akzeptiert wird, dann liegt es nahe, die marxistische Verelendungstheorie vom Kopf auf die Füße zu stellen und den „Kapitalismus als die einzig mögliche [oder zumindest einzig funktionierende, EW] Ordnung der gesellschaftlichen Beziehungen“ anzuerkennen.14Ludwig von Mises, Liberalismus, Jena 1927, Seite 75. In der Kalkulationsdebatte wurden Einwände gegen von Mises’ Position erhoben. Warum diese Einwände nicht plausibel sind, zeigt Jesús Huerta de Soto, Sozialismus, Wirtschaftsrechnung und unternehmerische Funktion, Stuttgart 2013.

Schumpeter und Israel M. Kirzner15Joseph A. Schumpeter, Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung, Leipzig 1912; Israel M. Kirzner, Competition and Entrepreneurship, Chicago 1973. haben die Rolle des Unternehmers betont. Mit Schumpeter kann man zwischen Erfindungen und deren Nutzung zu wirtschaftlichen Zwecken, also Innovationen unterscheiden. Die Erfindung eines Ingenieurs lässt die Frage der profitablen Nutzung zunächst offen. Bisher ungenutzte Profitmöglichkeiten zu erkennen und zu realisieren, das ist nach Kirzner die zentrale Funktion des Unternehmers. Der Wettbewerb zwingt ihn dabei zur Eile. Denn häufig kann der Unternehmer am Anfang Innovationsrenten einstreichen, die entweder durch Innovationsketten verteidigt werden oder verschwinden. Innovationen verschärfen den Wettbewerb. Bei der kreativen Zerstörung in der Marktwirtschaft müssen immer auch einige Unternehmer scheitern. Der Bankrott ist aus einer freien Wirtschaft nicht weg zu denken. Innovation und Wettbewerb setzen voraus, dass der Staat den Unternehmern Entscheidungsspielraum und Profitchancen lässt, sie weder durch Regulierung noch durch Enteignung oder Besteuerung entmachtet, aber auch nicht künstlich am Leben hält. Wenn der Staat die unternehmerische Freiheit respektiert, dann wird der Markt nach von Hayek zum Entdeckungsprozess.

Warum eine dynamische und innovative Wirtschaft unbedingt dezentrale Entscheidungen benötigt, hat niemand besser formuliert als die amerikanischen Wirtschaftshistoriker Nathan Rosenberg und L. E. Birdzell:16Nathan Rosenberg / L. E. Birdzell, How the West Grew Rich. The Economic Transformation of the Industrial World, New York 1986, Seite 310, eigene Übersetzung. „Eine Gesellschaft, die Innovationen solange verzögerte bis ein politischer Konsens gefunden wäre, würde immer weiter hinter Gesellschaften zurückfallen, die das nicht tun… Das [Konsens, EW] impliziert das substanzielle Kriterium, dass die Vorzüge der Innovation hinreichend verstanden werden und vorhersehbar sind, dass sie überzeugend vorher ausgedrückt werden können, d.h. dass alles so klar ist, dass experimentelle Überprüfung überflüssig wird.“

Die wirtschaftliche Freiheit hat noch eine Eigenschaft, auf die von Hayek17Friedrich A. von Hayek, Die Verfassung der Freiheit. Tübingen 1971, Seite 42. hingewiesen hat. Sie nützt nicht nur den Freien, sondern auch denen, denen die Regierung die Freiheit vorenthält. Auch in unfreien Gesellschaften bemerken manche Menschen, was in freien Gesellschaften passiert, was dort wie funktioniert, was dort produziert wird, auch zu welchen Preisen dort Güter gehandelt werden. Imitation funktioniert leichter und schneller als Innovation. Deshalb können rückständige Gesellschaften von freien Gesellschaften Produktionstechniken und auch Organisationsmodelle übernehmen und dort kaufkräftige Märkte beliefern. Teilweise kann man die sogenannten Vorteile der Rückständigkeit, wonach arme Volkswirtschaften schneller als reiche wachsen können (aber nicht müssen), als externen Effekt der Freiheit höher entwickelter und freiheitlicher Gesellschaften betrachten.18Erich Weede, Economic Freedom and Development, CATO Journal, 26-3, 2006, Seiten 511–524.

Ein Blick zurück in das kaiserliche China

Diese Kerngedanken der Österreichischen Schule können zur Erklärung beitragen, erstens, warum das politisch meist geeinte kaiserliche China gegenüber dem politisch fragmentierten Europa zurück gefallen ist, obwohl es am Anfang des zweiten Jahrtausends technologisch und wirtschaftlich führend in der Welt war; zweitens, warum das kommunistische China umso katastrophaler funktionierte, je konsequenter man von den Einsichten der Österreichischen Schule abgewichen ist; drittens, warum China seit Deng Xiaopings Reformen einen raschen Aufstieg nehmen konnte.19Eric L. Jones, Das Wunder Europa, Tübingen 1991; Angus Maddison, Chinese Economic Performance in the Long Run, OECD Development Centre, Paris 1998; Erich Weede, Asien und der Westen, Baden-Baden 2000.

Der Normalzustand der Geschichte Chinas ist die imperiale Einheit. Am Anfang des zweiten Jahrtausends beherrschte die Sung-Dynastie nur Südchina. Nie war der Abstand in der technologischen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zwischen China und Europa so groß wie damals, als China wie Europa vorübergehend in ein Staatensystem zerfallen war. Die Pro-Kopf-Eisenproduktion in Sung-China wurde in keinem europäischen Land vor Ende des 18. oder Anfang des 19. Jahrhunderts erreicht. Produktion, Handel und Schifffahrt blühten. Es gab schon den Kompass und das Papiergeld. Danach stagnierte das bald wieder geeinte China.

Chinas Kaiser beanspruchten, letztlich Grundherr des ganzen Landes zu sein.20Tai-Shuenn Yang, Property Rights and Constitutional Order in Imperial China, Ph.D. Dissertation, Bloomington 1987. Es gab zwar de facto bäuerlichen Grundbesitz, der vererbt oder veräußert werden konnte, aber der Besitz war unsicher und hing davon ab, dass jemand zur Familie gehörte, der die notwendigen Prüfungen für die kaiserliche Verwaltung absolviert hatte. Noch unsicherer war das Eigentum der Kaufleute. Deren Status war niedriger als der von Bauern und weit unter dem von Beamten. Zugang zu Gerichten und Erfolgsaussichten hingen vom Status ab. Die Steuerlast der Kaufleute war besonders hoch. Manchmal wurden ihnen auch Kredite abgepresst. Die Unsicherheit der Eigentumsrechte, die autokratische Herrschaft des Kaisers und seiner Verwaltung, deren Abneigung gegen den Markt und unternehmerische Freiheit müssen nach der österreichischen Theorie die Entwicklung behindert haben.

Im politisch fragmentierten Europa liefen konfiskatorische Neigungen der Landesherren darauf hinaus, dass reiche Kaufleute deren Gebiete mieden, was der Entwicklung, damit der steuerlichen Belastbarkeit und letztlich dem Interesse der Landesherren schadete. Im eigenen Interesse mussten sie zumindest so tun, als ob sie die Eigentumsrechte der Untertanen respektieren wollten.

Ein besonders eindrucksvolles Beispiel dafür, dass zentrale Entscheidungen die Wirtschaft schädigen können, stammt aus dem 15. Jahrhundert. Vorher hatten chinesische Seefahrer den Indischen Ozean bis zur ostafrikanischen Küste und den Westpazifik erkundet. Dann wurde die Exploration der Weltmeere und sogar der Bau hochseetüchtiger Schiffe verboten. Die Chinesen verlernten, wie man solche Schiffe baut. Im politisch fragmentierten Europa hatte niemand die Macht, ein vergleichbares Verbot durchzusetzen. In Europa kam es zu einem Zeitalter der Entdeckungen.

Wissensnutzung ist nach von Hayek mit zentralen Entscheidungen inkompatibel. Die Bereitschaft der kaiserlichen Administration, sich in Angelegenheiten der Kaufleute einzumischen, hat auch flexible Wettbewerbs- und Knappheitspreise oft ‚überwunden’. Aus den Kaufleuten hätten am ehesten Unternehmer werden können, aber ihr niedriger Status veranlasste reiche Familien dazu, lieber in die konfuzianische Ausbildung ihrer Söhne, in den Erwerb von kaiserlichen Titeln oder besser noch Beamtenstellen zu investieren. Wenn die österreichische Wirtschaftstheorie wahr ist, dann muss auch die Umlenkung von Humankapital aus der Unternehmertätigkeit in geisteswissenschaftliche Bildung und Staatsdienst die wirtschaftliche Entwicklung behindert haben.

Der Kommunismus und die große Hungersnot

Am Anfang des 19. Jahrhunderts hatte China trotz einer längeren Phase der Stagnation noch die größte Volkswirtschaft der Welt. Bis Ende der 1970er Jahre ging es dann bergab. Immer wieder gab es zumindest regionale Hungersnöte. Das Kaiserreich brach Anfang des 20. Jahrhunderts zusammen. Günstigstenfalls konnte der Lebensstandard der Chinesen gehalten werden. Nachdem die Kommunisten das Festland erobert hatten, wurden viele Bauern enteignet, Millionen Bauern auch getötet. Später wurden landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften (LPG) gegründet. Zunehmend wurden private Unternehmen enteignet und die Betriebe in Staatsbesitz überführt. Die LPGs hatten noch nicht allzu viel Schaden angerichtet, weil sie in der Regel nur ein Dorf umfassten, weil in manchen Dörfern (fast) nur Angehörige einer Großfamilie oder Sippe lebten und man eine gewisse Solidarität gewöhnt war.

Das änderte sich 1959 mit der Einrichtung von Volkskommunen,21Frank Dikötter, Mao’s Great Famine. The History of China’s Most Devastating Catastrophe, 1958–1962, London 2010. die aus dem verordneten Zusammenschluss mehrerer LPGs entstanden, zigtausende Mitglieder hatten und denen eine traditionelle Solidaritätsbasis fehlte. Die Bauern verloren ihr Eigentum an Feldern, Geräten und sogar Kochtöpfen, weil die Ernährung auf gemeinschaftlicher Basis organisiert wurde. Nicht mehr der erfahrene Bauer, sondern Kader bestimmten, was wann wo angebaut wurde. Märkte und Knappheitspreise gab es nicht mehr.

Die Arbeitsanreize waren schlecht, weil der Lebensstandard nicht mehr von der eigenen Leistung abhing, sondern von der Führung der Kommune und deren Erfolg oder von den Beziehungen zu den Führungskadern der Kommune. Mit ideologischer Schulung wurde Zeit vertan. Dazu kam ein ländliches Schwerindustrialisierungsprogramm zwecks Eisenproduktion, das die komparativen Kostenvorteile des damals noch kaum entwickelten Landes missachtete. Die Einsichten von Adam Smith zum Arbeitsanreiz durch Eigentum, von von Mises zur Notwendigkeit von Privatbesitz an Produktionskapital und von von Hayek zu dezentralen Entscheidungen zwecks Nutzung des fragmentierten Wissens wurden missachtet. Private Unternehmer wurden nicht geduldet. Mehr als 6 Prozent der damaligen chinesischen Bevölkerung, also mindestens 40 Millionen Menschen, sind durch Hunger gestorben.

Durch Reformen zum Wirtschaftswunder22Vgl. dazu Ronald Coase / Ning Wang, How China Became Capitalist, New York 2012; Yasheng Huang, Capitalism with Chinese Characteristics. Entrepreneurship and the State, New York 2008; Justin Yifu Lin / Fang Cai / Zhou Li, The China Miracle: Development Strategy and Economic Reform, Hong Kong 2003; Justin Yifu Lin, The Quest for Prosperity. How Developing Economies Can Take Off, Princeton 2012; Weiying Zhang, The Logic of the Market. An Insider’s View of Chinese Economic Reform, Washington, D.C. 2015.

Kurz danach ereignete sich die Kulturrevolution. Die schulische Ausbildung großer Teile der Jugend wurde unterbrochen, die Humankapitalbasis der Gesellschaft beschädigt. Alle Autoritäten außer der des Vorsitzenden Mao Zedong wurden infrage gestellt. Kader mit Erfahrung wurden durch jüngere ohne Erfahrung ersetzt. Mutmaßliche Feinde in der Größenordnung von drei Millionen Menschen wurden umgebracht. Solange Mao und seine Gefolgsleute bestimmten, konnte sich die Wirtschaft nicht erholen. Erst Ende der 1970er Jahre kam mit Deng Xiaoping ein Wirtschaftsreformer an die Macht, der allerdings das Machtmonopol der Partei festigen wollte und keinerlei demokratische Neigungen hatte.

Die Reformen begannen auf dem Lande, was in Anbetracht des damaligen Entwicklungsstands Chinas richtig war. An manchen Orten verteilten die Bauern das Ackerland der Volkskommunen zur Bearbeitung an Familien. Die Obrigkeit duldete das. Es entstand das sogenannte Verantwortungssystem: Die Bauern wirtschafteten selbständig, was die Arbeitsanreize verbesserte und sicherstellte, dass bäuerliches Wissen genutzt werden konnte. Die Bauern mussten zwar vereinbarte Mengen an Feldfrüchten zu festgesetzten Preisen abliefern, durften aber Überschüsse zu flexiblen Marktpreisen verkaufen. Das war der Anfang der Preisfreigabe. Die Agrarproduktion und das bäuerliche Einkommen stiegen rasch.

Der nächste Schritt war die Entstehung von Privatbetrieben. Die Eigentumsrechte der privaten Unternehmer blieben lange unsicher. Viele Unternehmer setzten einen ‚roten Hut’ auf, das heißt sie verbündeten sich mit den lokalen Parteikadern und behaupteten, ihre Betriebe für ihre Gemeinden zu führen. Diese Betriebe beschäftigten zunehmend mehr Arbeitskräfte. Sie waren dem Wettbewerb vergleichbarer Betriebe in der Nachbarschaft ausgesetzt und innovativer als die Staatsbetriebe, die am Anfang der Reformperiode weder privatisiert noch umstrukturiert wurden. Die unternehmerische Privatwirtschaft und der Wettbewerb mit freien Preisen wurden schrittweise eingeführt – zunächst neben den Staatsbetrieben und nicht etwa an deren Stelle.

Dabei spielte der Wettbewerb der herrschenden Kader in den Gemeinden, Städten und Provinzen eine wichtige Rolle.23Sebastian Heilmann, Policy Experimentation in Chinas Economic Rise, Studies in Comparative Economic Development 43-1, 2008, Seiten 1–26; Barry R. Weingast, The Economic Role of Political Institutions: Market-Preserving Federalism and Economic Development, Journal of Law, Economics, and Organization 11-1, 1995, Seiten 1–31; Gabriella Montinola / Yingyi Qian / Barry R. Weingast, Federalism Chinese Style. The Political Basis of Economic Success in China, World Politics 48-1, 1995, Seiten 50-81. Diese lokalen und regionalen Kader hatten in Wirtschaftsfragen Entscheidungsspielraum und den Anreiz, diesen zum Wohl ihrer Region zu nutzen. Denn die Karrierechancen von Kadern besserten sich wesentlich, wenn ihre Region schnelleres Wachstum aufwies als andere Gebiete. Damit hatten kommunistische Kader ein Interesse daran, die Eigentums- und Verfügungsrechte von Unternehmern zu achten und freie Preise zu dulden. Wenn sie das taten, florierte die Region und sie wurden befördert. De jure wurde Privateigentum an Produktionskapital erst Anfang des 21. Jahrhunderts anerkannt, bäuerlicher Landbesitz ist bis heute nicht sicher.

In Anbetracht der Unsicherheit von Eigentumsrechten in China, der latent immer vorhandenen Bedrohung der unternehmerischen Freiheit durch die Partei, des zunehmend wieder politisch geförderten Aufbaus von Parteizellen in Betrieben kann man die chinesische Entwicklung mit einer Steigerung des Pro-Kopf-Produkts um den Faktor 30 in nur 40 Jahren und die Befreiung von ca. 800 Millionen Menschen aus bitterer Armut als ein Wunder bezeichnen.24Economic development. The fruits of growth, The Economist, vol. 438, no. 9226, 2021, Seiten 41 f.; David Shambaugh, China’s Future, Cambridge, UK 2016. Dort wird auf Seite 22 der Faktor 26 für 37 Jahre angegeben. Zu diesem Wunder beigetragen haben bis zu 200 Millionen Wanderarbeiter, die ihre meist ländliche Heimat im Inland verlassen haben, um in den großen Städten an der Ostküste als Menschen mit minderen Rechten zu leben und zu arbeiten. Im Gegensatz zu den staatlich anerkannten Bewohnern der urbanen Zentren hatten sie deutlich schlechteren Zugang zu medizinischer Versorgung, Sozialleistungen oder Schulen für ihre Kinder. Die Kinder wurden deshalb oft bei den Großeltern auf dem Lande zurückgelassen. Eine neuere Zahl beträgt ca. 30 Millionen Kinder, die unter andauernder Trennung von ihren Eltern leiden.25Left behind children. In grandpa’s charge, The Economist, vol. 439, no. 9240, 2021, Seiten 44–45.

Zum schnellen Wirtschaftswachstum beigetragen haben wesentlich auch die Vorteile der Rückständigkeit, das heißt die Möglichkeit Chinas, vom Ausland Technologien und Organisationsmodelle zu übernehmen, von dort Ideen, unternehmerisches Talent – etwa von erfolgreichen Auslandschinesen aus dem benachbarten Südostasien oder Unternehmern aus Hongkong oder Taiwan – und Investitionskapital anzuziehen und in Sonderwirtschaftszonen investieren zu lassen, aber auch in reicheren Ländern aufnahmefähige Märkte zu finden.26In den letzten Jahren wird vor allem in den USA zunehmend China für den Verlust von amerikanischen Industriearbeitsplätzen verantwortlich gemacht. Dabei wird der Nutzen des China-Handels für die Konsumenten, vor allem für arme Amerikaner, vernachlässigt, werden die Arbeitplatzverluste zu sehr dem Handel und zu wenig dem technologischen Fortschritt zugeschrieben, wird übersehen, dass preiswerte Komponenten zur Profitabilität und damit Sicherheit mancher Industriearbeitsplätze beitragen können. Vgl. dazu Scott Lincicome, U.S. Trade Policy Toward China: Learning the Right Lessons, CATO Journal 41-1, 2021, Seiten 45–64. Diese Vorteile der Rückständigkeit beruhen auf der größeren wirtschaftlichen Freiheit anderswo, nämlich im Westen, der Ende des 20. Jahrhunderts noch einen großen Vorsprung vor China hatte. Daneben spielte die Umsetzung von Arbeitskräften aus wenig produktiver Tätigkeit auf den Feldern in die Industrie und später in Dienstleistungen eine Rolle.

Die Vorteile der Rückständigkeit sind allerdings nur potenzielle Vorteile, die Disziplin, Fleiß und Humankapital voraussetzen. Weder in Afrika noch in Lateinamerika noch im islamischen Kulturkreis konnten die potenziellen Vorteile der Rückständigkeit so erfolgreich genutzt werden wie in China und seinen ostasiatischen Nachbarländern – mit Ausnahme Nordkoreas, das am Marxismus und dem Primat der Staatswirtschaft festhält.

Der weltwirtschaftliche Hintergrund

Dass China dank der Vorteile der Rückständigkeit so schnell zum Rivalen der USA aufsteigen konnte, verdankt es der von den Amerikanern nach dem Zweiten Weltkrieg gestalteten Weltwirtschaftsordnung. Hier kann nicht im Detail auf die Verhandlungen in Bretton Woods, das Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen, die Gründung von Weltwährungsfonds und Weltbank oder den Aufbau der Welthandelsorganisation eingegangen werden. Aber schon 1944 in Bretton Woods wurden die entscheidenden Weichen für mehr wirtschaftliche Freiheit weltweit gestellt. Diese Weichenstellung war noch wichtiger als spätere Veränderungen, wie die Aufgabe der Goldbindung oder der Übergang zu frei schwankenden Wechselkursen. Auch den Sieg des amerikanisch geführten Westens im Kalten Krieg sollte man mit dessen überwältigender Wirtschaftskraft erklären, die ihrerseits auf der Produktivität wirtschaftlicher Freiheit, einschließlich eines über Jahrzehnte immer freier werdenden Welthandels, beruht. Die westlichen Demokratien mussten deshalb nie einen auch nur annähernd so hohen Anteil ihres Sozialprodukts in Rüstung und Verteidigung investieren wie die kommunistischen Planwirtschaften während des Kalten Krieges.

Die freiheitliche Ordnung seit Bretton Woods kann nicht nur unter geopolitischen Gesichtspunkten, sondern muss auch und gerade unter humanitären Gesichtspunkten als voller Erfolg gelten. Jahrzehntelang ist der Welthandel schneller gewachsen als die Weltproduktion. Schon zwanzig Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs hatten das westliche Europa und Japan sich weitgehend erholt, wobei Exporterfolge eine wesentliche Rolle spielten. In den 1960er Jahren haben dann die vier ostasiatischen Tiger-Staaten Südkorea, Taiwan, Hongkong und Singapur mit ihrem exportorientierten Wachstumsmodell die Vorteile der Rückständigkeit genutzt und gezeigt, dass in einer offenen Weltwirtschaft Armut durch Leistung und wirtschaftliche Freiheit überwunden werden kann. In den 1970er Jahren hatte Deng Xiaoping dieses Wachstumsmodell vor Augen und China schleichend für den Kapitalismus geöffnet. Das strahlte auf ganz Asien aus. Als Spätfolge von Bretton Woods und des Exports der wirtschaftlichen Freiheit vom amerikanisch geführten Westen zum Rest der Welt sind dann im Zeitalter der Globalisierung mehr als eine Milliarde Menschen der allergrößten Armut entkommen.

Obwohl im Zeitalter der Globalisierung, dessen Anfang man mit Chinas langsamer Reintegration in die Weltwirtschaft datieren kann, die Einkommensungleichheit in vielen Gesellschaften gestiegen ist, obwohl die Massenkaufkraft in vielen westlichen Ländern schon lange stagniert, vor allem in den USA selbst, und das zusammen mit den Folgen der Finanzkrise von 2008 zur Infragestellung des Kapitalismus bzw. der wirtschaftlichen Freiheit im Westen und in der Welt beigetragen hat, darf man unter humanitären Gesichtspunkten nicht vergessen, dass zunehmende wirtschaftliche Freiheit nicht nur von gewaltigen Fortschritten beim weltweiten Kampf gegen die Armut begleitet wurde, sondern sogar von einem Rückgang der Einkommensungleichheit unter den Menschen, Familien oder Haushalten in der Welt. Diese Ungleichheit kann man in zwei Komponenten zerlegen: die Ungleichheit der Einkommen innerhalb von Staaten und die Ungleichheit zwischen den Durchschnittseinkommen der Staaten. Weil die rückläufige Ungleichheit zwischen den Durchschnittseinkommen der Staaten dank des schnellen Wachstums volkreicher asiatischer Länder die vielerorts zunehmende innerstaatliche Ungleichheit dominiert, ist die Ungleichheit unter den Menschen tatsächlich rückläufig.27Bei der Erfassung der Ungleichheit zwischen den Staaten müssen diese natürlich demographisch gewichtet werden. Man sollte nicht so tun, als ob China und Liechtenstein das gleiche Gewicht hätten; vgl. auch Branko Milanovic, Global Inequality. A New Approach for the Age of Globalization, Cambridge 2016.

Vergleich Chinas mit Deutschland

Wenn man das deutsche Wirtschaftswunder der Nachkriegszeit und das chinesische miteinander vergleicht, fällt eine Gemeinsamkeit auf: Beide Volkswirtschaften profitierten von den Vorteilen der Rückständigkeit verglichen mit dem Vorreiter der wirtschaftlichen Entwicklung, den USA – wenn auch im chinesischen Falle in ganz anderem Ausmaß als die Bundesrepublik Deutschland. Beide Länger unterscheiden sich im Ausmaß der wirtschaftlichen Freiheit. Das westliche Deutschland der Nachkriegszeit war ohne Zweifel viel freiheitlicher – auch wenn man nur die wirtschaftliche Freiheit betrachtet und den Unterschied im politischen System nicht mit einbezieht – als es China je war. Während das deutsche Wirtschaftswunder wesentlich von einem Ökonomen mit einem freiheitlichen Weltbild, von Ludwig Erhard, vorangetrieben wurde, gab es in China einen mühsamen Lernprozess, bei dem es schwerfällt, anfangs auch nur Spuren theoretischer Einsichten zu entdecken. Im Gegenteil: Am Anfang orientierten sich die Chinesen an einer falschen Theorie, dem Marxismus, und einem bei der Hebung des Lebensstandards der Bevölkerung wenig erfolgreichen Vorbild, der Sowjetunion.

Aber es gab in der Nachbarschaft nicht nur Japan, das sich ähnlich schnell wie Westdeutschland von den Kriegsfolgen erholte, sondern auch die vier ostasiatischen Tiger-Staaten Südkorea, Taiwan, Hongkong und Singapur,28Robert Wade, Governing the Market. Economic Theory and the Role of Government in East Asian Industrialization, Princeton 1990; World Bank, The East Asian Miracle. Economic Growth and Public Policy. New York 1993. die dem konfuzianischen Kulturkreis zuzurechnen sind, wo von Südkorea abgesehen auch mehrheitlich Chinesen wohnten. Diese Länder demonstrierten der kommunistischen Führung, was die Öffnung der Volkswirtschaften zur damals noch eindeutig vom Westen dominierten Weltwirtschaft bringen konnte. Ähnlich wie Deutschland und die ostasiatischen Tiger hat auch China den in Entwicklungsländern lange populären wirtschaftspolitischen Fehler einer Überbewertung der eigenen Währung vermieden.29Dazu Surjit S. Bhalla, Devalueing to Prosperity. Misaligned Currencies and their Growth Consequences, Peterson Institute for International Economics, Washington, DC 2012. Dass das export-orientierte Wachstumsmodell einer Volkswirtschaft von der Größe Chinas weltwirtschaftlich nicht unproblematisch ist, zeigt ein westlicher Ökonom, der an einer Elite-Universität in Peking lehrt, vgl. Michael Pettis, The Great Rebalancing. Trade, Conflict, and the Perilous Road Ahead for the World Economy, Princeton 2013; vgl. auch Matthew C. Klein / Michael Pettis, Trade Wars are Class Wars. How Rising Inequality Distorts the Global Economy and Threatens International Peace, New Haven, CT 2020. Während der verantwortliche Wirtschaftspolitiker in Deutschland sehr bald selbst Gefahren für die freiheitliche Entwicklung erkannte,30Sehr schön dokumentiert in Gerd Habermann, Vision und Tat. Ein Ludwig-Erhard-Brevier, Thun 2000. sind es in China eher externe Beobachter, die Gefahren für die wirtschaftliche Freiheit in China sehen.31Minxin Pei, China’s Trapped Transition. The Limits of Developmental Autocracy, Cambridge, MA 2006; derselbe, China’s Crony Capitalism. The Dynamics of Regime Decay, Cambridge, MA 2016. In Anbetracht des unbedingten Primats der Politik in China und der fehlenden Einhegung der Staatsgewalt durch Recht und Gerichte, muss der Status der wirtschaftlichen Freiheit in China prekär bleiben.

Wenn man gleichzeitig an die globale Demographie, die Weltwirtschaft und die geopolitischen Rivalitäten denkt, ist kaum eine Frage bedeutsamer als die der künftigen wirtschaftlichen Entwicklung Chinas. Zwar unterscheiden sich mehr oder weniger demokratische Regime kaum im durchschnittlichen Wachstum ihrer Volkswirtschaften,32Im Gegensatz zur wirtschaftlichen Freiheit hat Demokratie in international vergleichenden Studien keinen robusten Effekt auf das Wirtschaftswachstum; vgl dazu Chris Doucouliagos / Mehmet Ulubasoglu, Economic Freedom and Economic Growth: Does Specification Make a Difference? European Journal of Political Economy 22-1, 2006, Seiten 60–81; Chris Doucouliagos / Mehmet Ulubasoglu, Democracy and Economic Growth: A Meta-Analysis, American Journal of Political Science 52-1, Seiten 61–83. aber es gibt dennoch auf das Regime zurückzuführende Wachstumsunterschiede. In autokratischen Staaten sind die Wachstumsunterschiede viel stärker als in demokratischen Staaten.33Vgl. dazu Timothy Besley / Masayuki Kudamatsu, Making Autocracy Work, Paper DEDPS 48, London School of Economics, May 2007, Seite 60; Dennis P. Quinn / John T. Wooley, Democracy and National Economic Performance: The Preference for Stability, American Journal of Political Science 45-3, 2001, Seiten 634–657; Erich Weede, Political Regime Type and Variation in Growth Rates, Constitutional Political Economy 7-3, 1996, Seiten 167–176. Sowohl im internationalen Querschnittsvergleich als auch im Längsschnitt der chinesischen Wirtschaftsgeschichte unter dem Kommunismus gilt, dass Autokratien im Negativen wie im Positiven zu Extremwerten neigen, ob Katastrophen wie nach dem Großen Sprung nach vorn oder das Wirtschaftswunder seit Dengs Reformen. Wie es in China weiter geht, kann man kaum ahnen. Es sieht allerdings nicht so aus, als ob Xi Jinping oder der ständige Ausschuss des Politbüros der Kommunistischen Partei Chinas demokratische Reformen anstreben, die einen mäßigenden Einfluss auf das Wirtschaftswachstum hätten.

Orientierungen zur Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik, herausgegeben von der Ludwig-Erhard-Stiftung, Bonn, ISSN 2366-021X

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Fussnoten

  • 1
    Man könnte auch sagen, dass der gesunde Menschenverstand Freiheit für die Wirtschaft fordert. Zum Verhältnis von gesundem Menschenverstand und Ökonomik, vgl. Ha-Joon Chang, Economics: The User’s Guide, London 2014.
  • 2
    Eine gute Zusammenfassung bieten Randall G. Holcombe, Advanced Introduction to the Austrian School of Economics, Cheltenham, UK / Northampton 2020, sowie Jesús Huerta de Soto, The Austrian School. Market Order and Entrepreneurial Creativity, Cheltenham, UK 2008.
  • 3
    Eine gute Zusammenfassung bietet Randall G. Holcombe, Advanced Introduction to Public Choice, Cheltenham, UK / Northampton 2016.
  • 4
    Beispielhaft ist Milton Friedman, Kapitalismus und Freiheit, München 1976.
  • 5
    Das von Walter Eucken und Franz Böhm begründete Jahrbuch für Wirtschaft und Gesellschaft ORDO mit inzwischen 70 Bänden bringt vorwiegend dieser Schule zuzurechnende Beiträge.
  • 6
    Horst Friedrich Wünsche, Ludwig Erhards Soziale Marktwirtschaft, Reinbek und München 2015. Dazu kritisch die Buchbesprechung von Gerald Braunberger, Erhards geheimes Erbe, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 23. Februar 2015, Seite 18; siehe auch Alfred Schüller, Ludwig Erhard als Ordnungspolitiker zwischen Ordnungsdualismus, Elastizitätspessimismus und Elastizitätsoptimismus, Orientierungen zur Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik, https://www.ludwig-erhard.de/ludwig-erhard-als-ordnungspolitiker-zwischen-ordnungsdualismus-elastizitaetspessimismus-und-elastizitaetsoptimismus.
  • 7
    Bei Horst Friedrich Wünsche, Ludwig Erhards Soziale Marktwirtschaft, Reinbek / München 2015, Seite 63.
  • 8
    Dazu sollte man den Marxismus zählen. Wenn man die Formulierung des Kommunistischen Manifests als Theorie nimmt, dann findet man meine Kritik bei Erich Weede, Konfliktforschung, Opladen 1986, 6. Kapitel. Wenn man an die späteren marxistisch inspirierten Dependenztheorien denkt, dann findet man die Kritik bei Erich Weede, Rent-Seeking or Dependency as Explanations of Why Poor People Stay Poor, International Sociology 1-4, 1986, Seiten 421–442, oder bei Erich Weede, Economic Development and Growth, in: Masamichi Sasaki / Jack Goldstone / Ekkart Zimmermann / Stephen K. Sanderson (Hrsg.), Concise Encyclopedia of Comparative Sociology, Leiden 2014, Seiten 293–310. Eine an marxistischen Ideen orientierte Herrschaftspraxis überall auf der Welt wird von einem Historiker kritisiert; vgl. Rainer Zitelmann, Kapitalismus ist nicht das Problem, sondern die Lösung, München 2018.
  • 9
    Den Erfolg freiheitlicher Denkschulen in der angelsächsischen Welt kann man vor allem bei der Einhegung des Wohlfahrtsstaates durchaus skeptisch beurteilen. Dazu Paul Pierson, Dismantling the Welfare State? Reagan, Thatcher and the Politics of Retrenchment, Cambridge 1994.
  • 10
    Friedrich A. von Hayek, The Use of Knowledge in Society, American Economic Review 35-4, 1945, Seiten 519–530, aber auch Friedrich A. von Hayek, Die Verfassung der Freiheit, Tübingen 1971.
  • 11
    Ludwig von Mises, Die Gemeinwirtschaft. Untersuchungen über den Sozialismus, Stuttgart 1922/2007.
  • 12
    Einen anschaulichen Überblick über Preisverzerrungen in der Sowjet-Union und Osteuropa findet man bei Jan Winiecki, The Distorted World of Soviet-Type Economies, London 1988.
  • 13
    Justin Yifu Lin, The Quest for Prosperity. How Developing Economies Can Take Off, Princeton 2012.
  • 14
    Ludwig von Mises, Liberalismus, Jena 1927, Seite 75. In der Kalkulationsdebatte wurden Einwände gegen von Mises’ Position erhoben. Warum diese Einwände nicht plausibel sind, zeigt Jesús Huerta de Soto, Sozialismus, Wirtschaftsrechnung und unternehmerische Funktion, Stuttgart 2013.
  • 15
    Joseph A. Schumpeter, Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung, Leipzig 1912; Israel M. Kirzner, Competition and Entrepreneurship, Chicago 1973.
  • 16
    Nathan Rosenberg / L. E. Birdzell, How the West Grew Rich. The Economic Transformation of the Industrial World, New York 1986, Seite 310, eigene Übersetzung.
  • 17
    Friedrich A. von Hayek, Die Verfassung der Freiheit. Tübingen 1971, Seite 42.
  • 18
    Erich Weede, Economic Freedom and Development, CATO Journal, 26-3, 2006, Seiten 511–524.
  • 19
    Eric L. Jones, Das Wunder Europa, Tübingen 1991; Angus Maddison, Chinese Economic Performance in the Long Run, OECD Development Centre, Paris 1998; Erich Weede, Asien und der Westen, Baden-Baden 2000.
  • 20
    Tai-Shuenn Yang, Property Rights and Constitutional Order in Imperial China, Ph.D. Dissertation, Bloomington 1987.
  • 21
    Frank Dikötter, Mao’s Great Famine. The History of China’s Most Devastating Catastrophe, 1958–1962, London 2010.
  • 22
    Vgl. dazu Ronald Coase / Ning Wang, How China Became Capitalist, New York 2012; Yasheng Huang, Capitalism with Chinese Characteristics. Entrepreneurship and the State, New York 2008; Justin Yifu Lin / Fang Cai / Zhou Li, The China Miracle: Development Strategy and Economic Reform, Hong Kong 2003; Justin Yifu Lin, The Quest for Prosperity. How Developing Economies Can Take Off, Princeton 2012; Weiying Zhang, The Logic of the Market. An Insider’s View of Chinese Economic Reform, Washington, D.C. 2015.
  • 23
    Sebastian Heilmann, Policy Experimentation in Chinas Economic Rise, Studies in Comparative Economic Development 43-1, 2008, Seiten 1–26; Barry R. Weingast, The Economic Role of Political Institutions: Market-Preserving Federalism and Economic Development, Journal of Law, Economics, and Organization 11-1, 1995, Seiten 1–31; Gabriella Montinola / Yingyi Qian / Barry R. Weingast, Federalism Chinese Style. The Political Basis of Economic Success in China, World Politics 48-1, 1995, Seiten 50-81.
  • 24
    Economic development. The fruits of growth, The Economist, vol. 438, no. 9226, 2021, Seiten 41 f.; David Shambaugh, China’s Future, Cambridge, UK 2016. Dort wird auf Seite 22 der Faktor 26 für 37 Jahre angegeben.
  • 25
    Left behind children. In grandpa’s charge, The Economist, vol. 439, no. 9240, 2021, Seiten 44–45.
  • 26
    In den letzten Jahren wird vor allem in den USA zunehmend China für den Verlust von amerikanischen Industriearbeitsplätzen verantwortlich gemacht. Dabei wird der Nutzen des China-Handels für die Konsumenten, vor allem für arme Amerikaner, vernachlässigt, werden die Arbeitplatzverluste zu sehr dem Handel und zu wenig dem technologischen Fortschritt zugeschrieben, wird übersehen, dass preiswerte Komponenten zur Profitabilität und damit Sicherheit mancher Industriearbeitsplätze beitragen können. Vgl. dazu Scott Lincicome, U.S. Trade Policy Toward China: Learning the Right Lessons, CATO Journal 41-1, 2021, Seiten 45–64.
  • 27
    Bei der Erfassung der Ungleichheit zwischen den Staaten müssen diese natürlich demographisch gewichtet werden. Man sollte nicht so tun, als ob China und Liechtenstein das gleiche Gewicht hätten; vgl. auch Branko Milanovic, Global Inequality. A New Approach for the Age of Globalization, Cambridge 2016.
  • 28
    Robert Wade, Governing the Market. Economic Theory and the Role of Government in East Asian Industrialization, Princeton 1990; World Bank, The East Asian Miracle. Economic Growth and Public Policy. New York 1993.
  • 29
    Dazu Surjit S. Bhalla, Devalueing to Prosperity. Misaligned Currencies and their Growth Consequences, Peterson Institute for International Economics, Washington, DC 2012. Dass das export-orientierte Wachstumsmodell einer Volkswirtschaft von der Größe Chinas weltwirtschaftlich nicht unproblematisch ist, zeigt ein westlicher Ökonom, der an einer Elite-Universität in Peking lehrt, vgl. Michael Pettis, The Great Rebalancing. Trade, Conflict, and the Perilous Road Ahead for the World Economy, Princeton 2013; vgl. auch Matthew C. Klein / Michael Pettis, Trade Wars are Class Wars. How Rising Inequality Distorts the Global Economy and Threatens International Peace, New Haven, CT 2020.
  • 30
    Sehr schön dokumentiert in Gerd Habermann, Vision und Tat. Ein Ludwig-Erhard-Brevier, Thun 2000.
  • 31
    Minxin Pei, China’s Trapped Transition. The Limits of Developmental Autocracy, Cambridge, MA 2006; derselbe, China’s Crony Capitalism. The Dynamics of Regime Decay, Cambridge, MA 2016.
  • 32
    Im Gegensatz zur wirtschaftlichen Freiheit hat Demokratie in international vergleichenden Studien keinen robusten Effekt auf das Wirtschaftswachstum; vgl dazu Chris Doucouliagos / Mehmet Ulubasoglu, Economic Freedom and Economic Growth: Does Specification Make a Difference? European Journal of Political Economy 22-1, 2006, Seiten 60–81; Chris Doucouliagos / Mehmet Ulubasoglu, Democracy and Economic Growth: A Meta-Analysis, American Journal of Political Science 52-1, Seiten 61–83.
  • 33
    Vgl. dazu Timothy Besley / Masayuki Kudamatsu, Making Autocracy Work, Paper DEDPS 48, London School of Economics, May 2007, Seite 60; Dennis P. Quinn / John T. Wooley, Democracy and National Economic Performance: The Preference for Stability, American Journal of Political Science 45-3, 2001, Seiten 634–657; Erich Weede, Political Regime Type and Variation in Growth Rates, Constitutional Political Economy 7-3, 1996, Seiten 167–176.
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Fussnoten

  • 1
    Man könnte auch sagen, dass der gesunde Menschenverstand Freiheit für die Wirtschaft fordert. Zum Verhältnis von gesundem Menschenverstand und Ökonomik, vgl. Ha-Joon Chang, Economics: The User’s Guide, London 2014.
  • 2
    Eine gute Zusammenfassung bieten Randall G. Holcombe, Advanced Introduction to the Austrian School of Economics, Cheltenham, UK / Northampton 2020, sowie Jesús Huerta de Soto, The Austrian School. Market Order and Entrepreneurial Creativity, Cheltenham, UK 2008.
  • 3
    Eine gute Zusammenfassung bietet Randall G. Holcombe, Advanced Introduction to Public Choice, Cheltenham, UK / Northampton 2016.
  • 4
    Beispielhaft ist Milton Friedman, Kapitalismus und Freiheit, München 1976.
  • 5
    Das von Walter Eucken und Franz Böhm begründete Jahrbuch für Wirtschaft und Gesellschaft ORDO mit inzwischen 70 Bänden bringt vorwiegend dieser Schule zuzurechnende Beiträge.
  • 6
    Horst Friedrich Wünsche, Ludwig Erhards Soziale Marktwirtschaft, Reinbek und München 2015. Dazu kritisch die Buchbesprechung von Gerald Braunberger, Erhards geheimes Erbe, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 23. Februar 2015, Seite 18; siehe auch Alfred Schüller, Ludwig Erhard als Ordnungspolitiker zwischen Ordnungsdualismus, Elastizitätspessimismus und Elastizitätsoptimismus, Orientierungen zur Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik, https://www.ludwig-erhard.de/ludwig-erhard-als-ordnungspolitiker-zwischen-ordnungsdualismus-elastizitaetspessimismus-und-elastizitaetsoptimismus.
  • 7
    Bei Horst Friedrich Wünsche, Ludwig Erhards Soziale Marktwirtschaft, Reinbek / München 2015, Seite 63.
  • 8
    Dazu sollte man den Marxismus zählen. Wenn man die Formulierung des Kommunistischen Manifests als Theorie nimmt, dann findet man meine Kritik bei Erich Weede, Konfliktforschung, Opladen 1986, 6. Kapitel. Wenn man an die späteren marxistisch inspirierten Dependenztheorien denkt, dann findet man die Kritik bei Erich Weede, Rent-Seeking or Dependency as Explanations of Why Poor People Stay Poor, International Sociology 1-4, 1986, Seiten 421–442, oder bei Erich Weede, Economic Development and Growth, in: Masamichi Sasaki / Jack Goldstone / Ekkart Zimmermann / Stephen K. Sanderson (Hrsg.), Concise Encyclopedia of Comparative Sociology, Leiden 2014, Seiten 293–310. Eine an marxistischen Ideen orientierte Herrschaftspraxis überall auf der Welt wird von einem Historiker kritisiert; vgl. Rainer Zitelmann, Kapitalismus ist nicht das Problem, sondern die Lösung, München 2018.
  • 9
    Den Erfolg freiheitlicher Denkschulen in der angelsächsischen Welt kann man vor allem bei der Einhegung des Wohlfahrtsstaates durchaus skeptisch beurteilen. Dazu Paul Pierson, Dismantling the Welfare State? Reagan, Thatcher and the Politics of Retrenchment, Cambridge 1994.
  • 10
    Friedrich A. von Hayek, The Use of Knowledge in Society, American Economic Review 35-4, 1945, Seiten 519–530, aber auch Friedrich A. von Hayek, Die Verfassung der Freiheit, Tübingen 1971.
  • 11
    Ludwig von Mises, Die Gemeinwirtschaft. Untersuchungen über den Sozialismus, Stuttgart 1922/2007.
  • 12
    Einen anschaulichen Überblick über Preisverzerrungen in der Sowjet-Union und Osteuropa findet man bei Jan Winiecki, The Distorted World of Soviet-Type Economies, London 1988.
  • 13
    Justin Yifu Lin, The Quest for Prosperity. How Developing Economies Can Take Off, Princeton 2012.
  • 14
    Ludwig von Mises, Liberalismus, Jena 1927, Seite 75. In der Kalkulationsdebatte wurden Einwände gegen von Mises’ Position erhoben. Warum diese Einwände nicht plausibel sind, zeigt Jesús Huerta de Soto, Sozialismus, Wirtschaftsrechnung und unternehmerische Funktion, Stuttgart 2013.
  • 15
    Joseph A. Schumpeter, Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung, Leipzig 1912; Israel M. Kirzner, Competition and Entrepreneurship, Chicago 1973.
  • 16
    Nathan Rosenberg / L. E. Birdzell, How the West Grew Rich. The Economic Transformation of the Industrial World, New York 1986, Seite 310, eigene Übersetzung.
  • 17
    Friedrich A. von Hayek, Die Verfassung der Freiheit. Tübingen 1971, Seite 42.
  • 18
    Erich Weede, Economic Freedom and Development, CATO Journal, 26-3, 2006, Seiten 511–524.
  • 19
    Eric L. Jones, Das Wunder Europa, Tübingen 1991; Angus Maddison, Chinese Economic Performance in the Long Run, OECD Development Centre, Paris 1998; Erich Weede, Asien und der Westen, Baden-Baden 2000.
  • 20
    Tai-Shuenn Yang, Property Rights and Constitutional Order in Imperial China, Ph.D. Dissertation, Bloomington 1987.
  • 21
    Frank Dikötter, Mao’s Great Famine. The History of China’s Most Devastating Catastrophe, 1958–1962, London 2010.
  • 22
    Vgl. dazu Ronald Coase / Ning Wang, How China Became Capitalist, New York 2012; Yasheng Huang, Capitalism with Chinese Characteristics. Entrepreneurship and the State, New York 2008; Justin Yifu Lin / Fang Cai / Zhou Li, The China Miracle: Development Strategy and Economic Reform, Hong Kong 2003; Justin Yifu Lin, The Quest for Prosperity. How Developing Economies Can Take Off, Princeton 2012; Weiying Zhang, The Logic of the Market. An Insider’s View of Chinese Economic Reform, Washington, D.C. 2015.
  • 23
    Sebastian Heilmann, Policy Experimentation in Chinas Economic Rise, Studies in Comparative Economic Development 43-1, 2008, Seiten 1–26; Barry R. Weingast, The Economic Role of Political Institutions: Market-Preserving Federalism and Economic Development, Journal of Law, Economics, and Organization 11-1, 1995, Seiten 1–31; Gabriella Montinola / Yingyi Qian / Barry R. Weingast, Federalism Chinese Style. The Political Basis of Economic Success in China, World Politics 48-1, 1995, Seiten 50-81.
  • 24
    Economic development. The fruits of growth, The Economist, vol. 438, no. 9226, 2021, Seiten 41 f.; David Shambaugh, China’s Future, Cambridge, UK 2016. Dort wird auf Seite 22 der Faktor 26 für 37 Jahre angegeben.
  • 25
    Left behind children. In grandpa’s charge, The Economist, vol. 439, no. 9240, 2021, Seiten 44–45.
  • 26
    In den letzten Jahren wird vor allem in den USA zunehmend China für den Verlust von amerikanischen Industriearbeitsplätzen verantwortlich gemacht. Dabei wird der Nutzen des China-Handels für die Konsumenten, vor allem für arme Amerikaner, vernachlässigt, werden die Arbeitplatzverluste zu sehr dem Handel und zu wenig dem technologischen Fortschritt zugeschrieben, wird übersehen, dass preiswerte Komponenten zur Profitabilität und damit Sicherheit mancher Industriearbeitsplätze beitragen können. Vgl. dazu Scott Lincicome, U.S. Trade Policy Toward China: Learning the Right Lessons, CATO Journal 41-1, 2021, Seiten 45–64.
  • 27
    Bei der Erfassung der Ungleichheit zwischen den Staaten müssen diese natürlich demographisch gewichtet werden. Man sollte nicht so tun, als ob China und Liechtenstein das gleiche Gewicht hätten; vgl. auch Branko Milanovic, Global Inequality. A New Approach for the Age of Globalization, Cambridge 2016.
  • 28
    Robert Wade, Governing the Market. Economic Theory and the Role of Government in East Asian Industrialization, Princeton 1990; World Bank, The East Asian Miracle. Economic Growth and Public Policy. New York 1993.
  • 29
    Dazu Surjit S. Bhalla, Devalueing to Prosperity. Misaligned Currencies and their Growth Consequences, Peterson Institute for International Economics, Washington, DC 2012. Dass das export-orientierte Wachstumsmodell einer Volkswirtschaft von der Größe Chinas weltwirtschaftlich nicht unproblematisch ist, zeigt ein westlicher Ökonom, der an einer Elite-Universität in Peking lehrt, vgl. Michael Pettis, The Great Rebalancing. Trade, Conflict, and the Perilous Road Ahead for the World Economy, Princeton 2013; vgl. auch Matthew C. Klein / Michael Pettis, Trade Wars are Class Wars. How Rising Inequality Distorts the Global Economy and Threatens International Peace, New Haven, CT 2020.
  • 30
    Sehr schön dokumentiert in Gerd Habermann, Vision und Tat. Ein Ludwig-Erhard-Brevier, Thun 2000.
  • 31
    Minxin Pei, China’s Trapped Transition. The Limits of Developmental Autocracy, Cambridge, MA 2006; derselbe, China’s Crony Capitalism. The Dynamics of Regime Decay, Cambridge, MA 2016.
  • 32
    Im Gegensatz zur wirtschaftlichen Freiheit hat Demokratie in international vergleichenden Studien keinen robusten Effekt auf das Wirtschaftswachstum; vgl dazu Chris Doucouliagos / Mehmet Ulubasoglu, Economic Freedom and Economic Growth: Does Specification Make a Difference? European Journal of Political Economy 22-1, 2006, Seiten 60–81; Chris Doucouliagos / Mehmet Ulubasoglu, Democracy and Economic Growth: A Meta-Analysis, American Journal of Political Science 52-1, Seiten 61–83.
  • 33
    Vgl. dazu Timothy Besley / Masayuki Kudamatsu, Making Autocracy Work, Paper DEDPS 48, London School of Economics, May 2007, Seite 60; Dennis P. Quinn / John T. Wooley, Democracy and National Economic Performance: The Preference for Stability, American Journal of Political Science 45-3, 2001, Seiten 634–657; Erich Weede, Political Regime Type and Variation in Growth Rates, Constitutional Political Economy 7-3, 1996, Seiten 167–176.