Die Ludwig-Erhard-Förderpreise für Wirtschaftspublizistik 2020 gingen an Dr. Martin Braml, Research Economist bei der WTO in Genf, und Hans Rusinek, Autor und Berater zum Thema Zukunft der Arbeit. Die Preisübergabe konnte im letzten Jahr nicht stattfinden und wurde in der diesjährigen Verleihung des Ludwig-Erhard-Preises für Wirtschaftspublizistik an Wolfgang Reitzle und Dan McCrum nachgeholt. Linda Teuteberg, stellvertretende Vorsitzende der Ludwig-Erhard-Stiftung, hielt die Laudationes auf die beiden Förderpreisträger.


Eine Video-Aufzeichnung der Rede von Linda Teuteberg finden Sie hier.


Sehr geehrte Damen und Herren,

es ist mir eine Freude, heute endlich auch die Träger der Ludwig-Erhard-Förderpreise 2020 würdigen zu können. Das will ich in alphabetischer Reihenfolge tun.

Mein Glückwunsch geht an Martin Braml. Herr Braml fiel der Jury mit seinen Arbeiten zum Freihandel am Münchner Ifo-Institut auf. In einer Zeit, in der Protektionismus immer mehr hoffähig wird, ist es wichtig, an die Vorzüge des internationalen freien Handels, an seine wohlstandsfördernden und freiheitsfördernden Vorzüge zu erinnern. Das hat Martin Braml mit seiner Arbeit getan.

Die verzögerte Würdigung der Preisträger des Jahres 2020 hat auch ihre Vorteile. So können wir auch den weiteren Werdegang des Preisträgers erwähnen. Besonders interessant fand ich einen Aufsatz zu den Folgen der Corona-Pandemie, den Martin Braml mit einer Koautorin letzten November veröffentlicht hat. Darin sprechen sich die Autoren gegen das immer wieder empfohlene Nearshoring und die Schaffung von European Champions aus. Sie zeigen, dass globale Lieferketten durch Diversifikation und erhöhte Lagerhaltung robuster gemacht werden können, und weisen darauf hin, dass Digitalisierung weitere Möglichkeiten zum globalen Handel im Dienstleistungsbereich eröffnet. Das ist wichtig, und es ist nicht banal, denn es zeigt auch vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie und der schon mehrfach hier erwähnten wachsenden Staatsgläubigkeit, dass es um Management- und nicht um Systemfragen geht, bei dem, was wir aus dieser Pandemie lernen können.

Als die Jury den Preis vergab, arbeitete Martin Braml am Ifo-Institut. Heute ist er bei der internationalen Handelsorganisation in Genf und als selbständiger Wirtschaftsberater tätig. Natürlich freut es eine Jury, wenn ein Preisträger sich im Sinne des Preises weiterentwickelt.

Und das gilt auch für Hans Rusinek, den ich ebenfalls zum Preis des Jahres 2020 herzlich beglückwünschen darf. Herr Rusinek reichte eine mit großem Vergnügen zu lesende Arbeit ein, in der er beschrieb, wie er seinen eigenen Haushalt und die Beziehung zu seiner Partnerin marktwirtschaftlich organisiert hat. Was herauskam, könnte man mit der Überschrift „Ökonomie als Entdeckungsverfahren“ versehen. Wenn dann entdeckt wird, dass Märkte nicht immer im Gleichgewicht sind und Wirtschaftsakteure nicht immer rational handeln, dann werden die Grenzen der neoklassischen Theorie sichtbar. Vielleicht testet Herr Rusinek im nächsten Selbstversuch mal die österreichische Wirtschaftstheorie nach Mises und Hayek, die ja durch die Unzulänglichkeit der klassischen und neoklassischen Theorien motiviert wurde.

Auch Hans Rusinek hat sich seit der Jury-Entscheidung zur Preisvergabe weiterentwickelt. Er hat Volkswirtschaftslehre, Philosophie und Politik an der London School of Economics und in Bayreuth sowie Design-Thinking am Hasso-Plattner-Institut studiert. Seinen Beitrag reichte er als Chefredakteur von „Transform – Magazin für das gute Leben“ und freier Autor ein. Inzwischen forscht er an der Universität St. Gallen zum Wandel der Arbeit, ist Mitglied im Promotionskolleg Soziale Marktwirtschaft der Konrad-Adenauer-Stiftung und setzt seine Publikationstätigkeit an verschiedenen Orten fort.

Nach der nachträglichen Verleihung der Preise von 2020 stünden nun die Preise von 2021 an – wenn wir denn welche vergeben könnten. Der Jury-Vorsitzende Herr Professor Thomas Mayer hat dazu einiges gesagt, und ich will dazu nur ergänzen: So richtig es ist, dass eine Jury auch den Mut haben sollte, keinen Preis zu vergeben, wenn die eingereichten Arbeiten nicht dem Anspruch entsprechen, den wir an den Preis stellen, so wichtig ist es doch auch, nicht in Kulturpessimismus zu verfallen, wenn wir unseren Stiftungsauftrag, die Soziale Marktwirtschaft, die Gedanken von Ludwig Erhard auch in der Gegenwart und Zukunft stark zu machen, vertreten wollen. Nicht nur bei jüngeren Menschen – worüber häufig geklagt wird – ist marktwirtschaftliches Denken in der Defensive. Das ist ein Phänomen in der gesamten Gesellschaft. Und insofern gilt immer wieder, wie Winston Churchill es einmal gesagt hat: „Never let a good crisis go to waste!“

Ich finde, das sollten wir den Feinden der Marktwirtschaft nicht durchgehen lassen, dass nur sie diese Devise beherzigen, sondern wir als Verteidiger der Sozialen Marktwirtschaft sollten das als Ansporn sehen. Und wenn Ludwig Erhard 1948 den Mut hatte, im Angesicht wirklichen Mangels und von Not in existenziellen Lebensbereichen, da den Mut zur Freiheit zu haben: Wie verzagt sollten wir da sein nach 70 Jahren Wohlstand, den die Soziale Marktwirtschaft unserem Land schon sichtbar verschafft hat, um nicht diesen Mut aufzubringen? Ich finde, das ist unser Auftrag in der gesellschaftlichen Debatte, auch in diesem Wahljahr Mut zur und Freude an Freiheit und Verantwortung zu fördern. Das wollen wir tun, und ich gratuliere nochmals im Namen der Ludwig-Erhard-Stiftung unseren beiden Förderpreisträgern Martin Braml und Hans Rusinek: Herzlichen Glückwunsch!


Die digital übertragene Preisverleihung fand am 24. Juni 2021 in der Hessischen Landesvertretung in Berlin statt. Hier geht es zur Dokumentation der Preisverleihung mit Fotos, Videos und Redebeiträgen.

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