Anlässlich der Verleihung des diesjährigen Ludwig-Erhard-Preises für Wirtschaftspublizistik an Dr. Ulf Poschardt, Chefredakteur WeltN24, am 24. Oktober 2019 in Berlin hielt Sarna Röser, Bundesvorsitzende des Verbands Die Jungen Unternehmer, die Festrede. Frau Röser ist seit diesem Jahr Mitglied der Ludwig-Erhard-Stiftung.


Eine Video-Aufzeichnung der Rede von Sarna Röser finden Sie hier.


Der kleine Max geht durch Berlin. Auf der Straße sieht er eine Kastanie. Dieses kleine Stück, das offenbar vom Baum gefallen ist, irgendwo vor den Toren Berlins, und das wahrscheinlich jemand mit in die Stadt gebracht hat, fasziniert ihn total. Ein gefundenes Spielzeug für die nächsten Tage.

Auf dem Weg nach Hause geht er durch eine Trümmer-Landschaft. Zerbombte Häuser. Eine kaputte Stadt. Zerstört durch einen Krieg. Sein Zuhause ist ein Platz, an dem ehemalige Nachbarn ihn aufgenommen haben. Da er seinen Vater als auch seine Mutter verloren hat – im Krieg. Eine völlig normale Situation – im Jahr 1945. Es gibt viele Kinder, die genau das erlebt haben.

Die Generation, die hieraus erwachsen ist, sind die Väter und Großväter meiner Generation – unserer Generation. Diese Generationen haben damals für sich erkannt, dass sie diese Schrecken nie wieder wollen. Sie haben für sich Werte entdeckt. Werte, die sie eingesetzt haben in ihre tägliche Arbeit. Werte, die sie auch im Alltag verteidigt haben. Und Werte, die sie verteidigen mussten. Diese Werte heißen: Freiheit. Eigentum. Wettbewerb und Verantwortung.

Unternehmer sind Vorbilder für Unabhängigkeit

Dies sind die Werte, mit denen nicht nur eine starke und grandiose Wirtschaft aufgebaut wurde. Eine Wirtschaft, die in den folgenden Jahrzehnten viele Krisen überstanden hat – und aus ihnen immer gestärkt hervorging. Sondern es sind Werte, die eine ganze Gesellschaft geprägt haben. Eine Zeit, in der Unternehmer Vorbilder waren. Auch für ihre zahlreichen Mitarbeiter. Sowie deren Familien. Eine Zeit, in der Selbständigkeit das größte Ziel war. Selbständig leben zu können – nicht abhängig zu sein. Nicht tun zu müssen, was andere sagen.

Werte, die für uns über Jahrzehnte „selbstverständlich“ waren. Werte, die heute – Stichworte: Brexit, Trump und radikale Kräfte in der Politik – offensichtlich wieder angegriffen werden.

Meine Damen und Herren: Wir müssen zurück. Zurück zu den Werten. Raus aus dem Alltag. Zurück zur Basis. Zu dem, was uns und unsere Wirtschaft ausmacht.

Mein Name ist Sarna Röser. Ich bin Vertreterin einer jungen Familienunternehmergeneration, die diese Werte erhalten will. Sich dafür einsetzt und dafür kämpft!

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lieber Herr Tichy, liebe Preisträger, es ist für mich eine Ehre, heute hier zu Ihnen als Neumitglied der Ludwig-Erhard-Stiftung sprechen zu dürfen. Bei einem so schönen Anlass wie der Verleihung des Ludwig-Erhard-Preises für Wirtschaftspublizistik. Die Auswahl der Preisträgerin und Preisträger ist aus meiner Sicht mehr als gelungen. An dieser Stelle: meinen herzlichen Glückwunsch!

Die „Neue Zürcher Zeitung“ mit der Preisträgerin Frau Langer wurde in diesem Sommer auf skurrile Weise gerühmt, das „Westfernsehen“ unserer Tage zu sein. Das ist als Auszeichnung kaum mehr zu toppen! Außer natürlich durch den Ludwig-Erhard-Preis für Wirtschaftspublizistik beziehungsweise durch einen seiner Förderpreise.

Zu dem besagtem „Westfernsehen“ der Neuzeit dürfte man aber auch unbedingt „Die Welt“ und „WeltN24“ zählen, lieber Herr Dr. Poschardt, obwohl Sie mittlerweile in Berlin-Mitte ansässig sind.

Und auch das „Flossbach von Storch Research Institute“ brauchen wir, lieber Herr Kleinheyer, als Stimme unabhängiger Analysen – und das heute dringender denn je.

Sozialistischer Rollback in der Geschichte

Wir brauchen mutige Berichterstattung, unabhängige Kommentierung und streitbare Analyse! – Warum?

Aus meiner Sicht durchleben wir zurzeit eine Art „Übergangszeitalter“. Vielen von uns kommen bei diesem Gedanken die neuen und alten Autokratien, überall in der Welt, in den Sinn – oder die europäischen Populisten. Aber das alles meine ich hier gar nicht. Wir brauchen nicht so weit in die Ferne schauen, damit sich uns die Nackenhaare sträuben. Es reicht der Blick hier in unser Land:

  1. Deutschland wird wieder sozialistischer.
  2. Deutschland wird wieder staatsgläubiger.
  3. Deutschland wird wieder Untertanen-Land.
  4. Auch die Deutschen werden mit jeweils „Anderen“ intoleranter.

Das wäre eine schöne Gliederung für meinen Vortrag. Ich könnte die Punkte 1 bis 4 abarbeiten und mit Ihnen durchgehen. Aber soll ich Ihnen etwas sagen? – Dazu habe ich gar keine Lust! Denn so geordnet und sortiert läuft der Vorgang leider nicht ab. Er verläuft chaotisch, nicht geradlinig, sondern total durchmischt. Drei GroKos haben uns wirklich weichgekocht. Man gewöhnt sich mit der Zeit an alles. Wir nehmen jetzt schon fast alles so hin. Doch jeder Tag bringt neue ordnungspolitische Schocker: wie beispielsweise die öffentlichen Diskussionen und die Überlegungen, ob der Sozialismus an sich nicht doch eine gute Idee war, nur eben leider nicht so gut gemacht? Das ist zwar nicht ganz der neue Konsens. Das zeigt aber die neue, lässige Gleichgültigkeit.

Sozialismus und Überwachungsstaat: Die Einschläge kommen näher. Und es werden immer mehr (und das nicht nur in Berlin!). Wir erleben eine krasse Rückwärtsentwicklung, ein Rollback, in der Gesellschaft, wie ihn meine Generation noch nicht erlebt hat. Weg von Freiheit und Marktwirtschaft. Hin zu Überwachung und Kontrolle – oder auf neudeutsch gesagt: „Transparenz“. Wir haben uns an viele Dinge gewöhnt, die heute selbstverständlich sind. An die Freiheit, unternehmerisch tätig zu sein, die Freiheit, seine Produkte selbst auswählen zu können. Seine Meinung zu äußern. Aber diese „Gewöhnung“ bedeutet auch die Gefahr, dass man diese Dinge verliert, wenn man sie nicht genug schätzt.

Wie Sie wissen, genießen wir in Deutschland ein hohes Maß an Freiheit. Was bei Weitem nicht in allen Ländern der Fall ist. Auf der anderen Seite müssen wir Acht geben. Es gibt Ideologien, die unsere Freiheit bedrohen. Wie beispielsweise die kommunistische Ideologie.

„Tschüss, Marktwirtschaft!“

Wer von Ihnen hätte gedacht, dass wir im Jahr 2019 tatsächlich über „Enteignungen“ von privatem Wohnraum diskutieren? Über Verstaatlichungen? Jetzt hat der Berliner Senat einen ersten Schritt vollzogen: Am Dienstag wurde der sogenannte „Mietendeckel“ beschlossen. Dazu sage ich nur: Tschüss, Marktwirtschaft! Und: „Herzlichen Glückwunsch“ – in Zukunft legt die Berliner Linksregierung die Mietenhöhe fest. 30 Jahre nach dem Mauerfall kehrt Berlin zur Planwirtschaft zurück. Ich kann Ihnen sagen, das mieft nach purem Sozialismus.

Dazu vergessen wir nicht die in Berlin – und auch noch von der CDU angestoßene Diskussion – über eine „Zuzugsperre“ zur Bekämpfung von Wohnraummangel. Genauso sozialistisch ist das Beibehalten des „Soli“: nur noch für die Superreichen! Die können es ja zahlen. Oder die von den Roten und Grünen favorisierte neue Vermögensteuer. Aber auch die „Finanz-Transaktionssteuer“ gehört hierher: Wer Geld anlegt, und sei es für seine Altersvorsorge, soll auch dabei an den Staat noch Steuern entrichten.

Aber es dreht sich ja längst nicht nur alles ums Geld! Wir surfen schließlich im Daten-Zeitalter. Und „Big-Brother-like“ erfasst nun auch der Staat mehr und mehr Daten von uns: Wir haben das sogenannte „Geldwäschegesetz“ mit „Transparenzregister“. In Klardeutsch heißt das: „Einsichtnahme-Recht“ – und das für Jedermann! In ähnlicher Spur läuft das „Country-by-Country-Reporting“ zwischen den Finanzämtern innerhalb der EU, oder auch das für das Unternehmensstrafrecht geplante „Pranger-Register“ für Unternehmen mit kriminellen Managern.

Misstrauen gegenüber den Unternehmern

Wissen Sie, was diese Gesetze alle gemein haben? Fast jedes Gesetz atmet den Geist des Misstrauens! Das Misstrauen gegenüber uns Unternehmerinnen und Unternehmer. Ich frage mich wirklich: Woher haben eigentlich all unsere „Profi-Politiker“ nur dieses negative Unternehmerbild? Das Bild vom Cocktail schlürfenden Faulpelz, der in seiner Hängematte liegt und mit Nichtstun Geld verdient. Unternehmerinnen und Unternehmer in Deutschland werden im Jahr 2019 überwacht, erfasst und dauerkontrolliert! Klar: Unternehmer sind im Grundsatz frei. Sie sind wirtschaftlich unabhängig. Sie können stets ihre Meinung äußern. Schlimmstenfalls verlieren sie ein paar Kunden. Aber: Macht sie das schon zu potenziellen Gegnern? Werden wir quasi an den Pranger gestellt, weil wir mehr Geld haben und daher vielleicht noch mehr abgeben könnten? Oder werden wir drangsaliert, weil wir frei sind? Weil wir keine Partei-Biographien bestehen mussten? Weil wir uns nicht verbiegen mussten? Weil wir nicht immer und immer wieder gefallen mussten?

Das Ringen um eine nicht-sozialistische Eigentumsordnung ist auch immer – und damit ende ich – ein Ringen um die Grundlagen der Freiheit. Das derzeit zu beobachtende „Abrutschen“ in einen neuen deutschen und europäischen Sozialismus passiert in einem sehr entscheidenden, geschichtlichen Moment: China fordert uns mit seinem hybriden Neokommunismus heraus. Wir werden diese Herausforderung allerdings nicht bestehen, indem wir zwischen China und uns ein paar neue KfW-Fördertöpfe aufstellen. Wir werden den aufkommenden Neokommunismus und Neonationalismus nicht abwehren können, indem wir einen noch so gutgemeinten, rot-grünen „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ aufbauen. Wir werden freien Wettbewerb nur dann verteidigen, indem wir die, die darin stark sind, stark bleiben lassen! Sie frei bleiben lassen!

Freiheit muss verteidigt werden!

Unsere Marktwirtschaft, meine Damen und Herren, ist „under attack“. Unsere Marktwirtschaft ist unter Beschuss. Und sie ist in Gefahr. Sie zu bewahren, heißt, sie zu schützen. Denn: Zukunft ist kein Geschenk! Ich bin Junge Unternehmerin – und ich will und werde um unsere Werte kämpfen! Für Freiheit. Eigentum. Wettbewerb und Verantwortung! Ich appelliere an Sie: Lassen Sie uns das gemeinsam tun! Für unseren Wohlstand. Für unsere Freiheit.

Link zur Dokumentation der Preisverleihung mit Fotos, Videos und Redebeiträgen.

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