Nur auf der Basis einer verstetigten Planungsgrundlage im Sinne einer nachhaltigen Finanzierung lässt sich die Wiedererlangung der Landes- und Bündnisverteidigungsfähigkeit der Bundeswehr und damit der Bundesrepublik Deutschland erreichen, meint Ministerialdirektor a.D. Dr. Paul Jansen. Im folgenden Beitrag zeichnet der Autor die Entwicklungen in der Verteidigungspolitik der letzten drei Jahrzehnte nach, die zur heutigen akuten Problematik geführt haben.

In seiner Regierungserklärung vom 27. Februar 2022 als unmittelbare Reaktion auf den durch den russischen Präsidenten am 24. Februar 2022 vom Zaun gebrochenen Angriffskrieg gegen die Ukraine überraschte Bundeskanzler Olaf Scholz allseits mit der Ankündigung, „eine leistungsfähige, hochmoderne, fortschrittliche Bundeswehr“ schaffen zu wollen. Um dieses Ziel zu erreichen, so der Bundeskanzler weiter, „werden wir ein Sondervermögen Bundeswehr einrichten… Der Bundeshaushalt 2022 wird dieses Sondervermögen einmalig mit 100 Milliarden Euro ausstatten. Die Mittel werden wir für notwendige Investitionen und Rüstungsvorhaben nutzen. Wir werden von nun an Jahr für Jahr mehr als 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in unsere Verteidigung investieren.“

Wenig überraschend hat sich gegen die Umsetzung dieser Ankündigung breiter Widerstand formiert. Von Hochrüstungsplänen der Bundesregierung ist die Rede, die verhindert werden müssten. Damit verneinen die Gegner einer verbesserten materiellen Ausstattung der Bundeswehr weiterhin die Notwendigkeit, die schon beim NATO-Gipfel 2002 in Prag als Richtwert fixierte, nach der russischen Besetzung der Krim beim NATO-Gipfel 2014 in Wales für alle Mitgliedstaaten bekräftigte Zielgröße von 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts als Höhe der jährlichen Verteidigungsausgaben sowie eines Anteils von 20 Prozent dieser Ausgaben für Entwicklung und Beschaffung neuer Ausrüstung seitens der Bundesrepublik Deutschland beachten zu müssen. Gleichwohl wird wie selbstverständlich erwartet, dass uns die Bündnispartner eine fortgesetzte mangelnde Bündnissolidarität weiter nachsehen und sogar für uns einstehen, wenn wir selbst es wären, die des besonderen Schutzes der Allianz bedürften. Diese Kalkulation kann nicht länger aufgehen. Als Trittbrettfahrer der Allianz würde Deutschland, das nach Einwohnerzahl und Wirtschaftskraft größte Land der Europäischen Union, auch seiner besonderen Verantwortung für die Herausbildung einer Europäischen Sicherheitsarchitektur nicht gerecht.

Der Ukraine-Krieg legt in schonungsloser Weise offen, wie die Bundeswehr nach dem Fall der Mauer und der Wiedervereinigung Deutschlands 1989/1990 ihrer vormaligen Stärke mehr und mehr verlustig gegangen ist. An der Schnittstelle zum Warschauer Pakt mitten im geteilten Deutschland war es die Bundeswehr, die mit Hilfe der NATO-Partner die Aufgabe der Abschreckung und Verteidigung gegen eine potentielle großangelegte militärische Aggression erfüllt hat. Die personelle und materielle Ausstattung der Bundeswehr und die dafür zur Verfügung gestellten Haushaltsmittel waren an der Erfüllung dieses Auftrags ausgerichtet.

Periode bis zur Wiedervereinigung Deutschlands

Die Bundeswehr umfasste zum Zeitpunkt des Mauerfalls rund 490.000 Soldaten und rund 170.000 zivile Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Diese Größenordnung war nach den Aufbaujahren Anfang der 1970er Jahre erreicht worden und seither in etwa konstant. Zur Abdeckung der Kosten für die personelle und materielle Ausstattung der Bundeswehr wurden die Verteidigungsausgaben Jahr für Jahr so erhöht, dass aus dem Gesamtansatz 30 Prozent für verteidigungsinvestive Ausgaben, insbesondere für Militärische Beschaffungen, eingeplant werden konnten. Damit folgten die seinerzeitigen Bundesregierungen durchgehend der Empfehlung der Wehrstrukturkommission des Jahres 1972, die diese Zielgröße als für die Auftragserfüllung erforderlich bewertet hatte. Zuletzt leicht rückläufig, lagen die deutschen Verteidigungsausgaben nach NATO-Kriterien über die gesamte Zeit bei stets mehr als 2,5 Prozent jährlich: sie verfehlten damit in einzelnen Jahren knapp das 3 Prozent-Ziel der NATO aus der Gipfelkonferenz von Washington im Jahr 1978. Der Anteil der Verteidigungsausgaben am Bundeshaushalt lag in diesem Zeitraum bei knapp unter 20 Prozent.

Neujustierungen und Strukturanpassungen

Nach dem 3. Oktober 1990 setzte die Bundeswehr im Wesentlichen bis 1994 die auf der Basis des „Zwei-Plus-Vier-Vertrages“ getroffenen Entscheidungen einer nun ganz Deutschland umfassenden Bundeswehr mit einer Obergrenze des militärischen Personals von 370.000 und einer ersten deutlichen Reduzierung des zivilen Personalumfangs um. Die Bundeswehr wurde zur „Armee der Einheit“. Parallel dazu vollzog sich bis zum August 1994 der Abzug der WGT (Westgruppe der Truppen) – der bis 1991 sowjetischen, ab dann russischen Truppen samt ihrer Familienangehörigen – aus der vormaligen DDR. Schon damals war erkennbar, wie brüchig der Rückhalt für die Bundeswehr und deren weitere Dotierung sein würde. Zwei Zitate aus der Zeit des Umbruchs illustrieren dies:

Der damalige SPD-Kanzlerkandidat Oskar Lafontaine bezeichnete in der Parteitagsrede vom Dezember 1989 die Einbindung des vereinten Deutschland in die NATO als historischen Schwachsinn. Im Wahlprogramm von 1990 hieß es: „Die SPD wird den ersten von ihr verantworteten gesamtdeutschen Verteidigungshaushalt um mindestens 9 Milliarden Mark reduzieren und ihn auf mittlere Sicht halbieren.“ Bündnis90/Die Grünen hielten an ihren Positionen zum Austritt aus der NATO und zur Abschaffung der Bundeswehr fest („ein Prozess der Abrüstung und Konversion, der politisch und gesellschaftlich schrittweise durchgesetzt werden muss“).

Eine sich entwickelnde erste Schieflage zwischen Betriebsausgaben und verteidigungsinvestiven Ausgaben führte 1994/95 dazu, die erst 1991 entschiedenen Strukturen einschließlich der Stationierung neu zu justieren. Es erfolgte mit der „Konzeptionellen Leitlinie zur Weiterentwicklung der Bundeswehr“ die Absenkung auf einen Streitkräfteumfang von 340.000 Soldatinnen und Soldaten und eine entsprechend angepasste Zahl des zivilen Personals.

Auch danach blieb es die Krux der Bundeswehr, dass die ihr zugebilligten Haushaltsmittel mehr oder weniger bald nach Reformentscheidungen eine Alimentierung der zuvor festgelegten personellen und materiellen Strukturen (einschließlich Infrastruktur) nicht mehr erlaubten. Auftrag, Aufgaben und Fähigkeiten der Bundeswehr waren dann unter Berücksichtigung veränderter sicherheitspolitischer Bedingungen neu zu bestimmen. So folgten

  • im Jahr 2000 mit dem „Eckpfeilerpapier“ zur Erneuerung der Bundeswehr von Grund auf die Reduzierung der Bundeswehr auf eine Zielgröße von 285.000 Soldatinnen und Soldaten.
  • im Jahr 2003 mit den „Verteidigungspolitischen Richtlinien“ der Bundeswehr die weitere Absenkung auf eine Zielgröße von 252.500 Soldatinnen und Soldaten.
  • im Jahr 2011 mit den Entscheidungen zur „Neuausrichtung der Bundeswehr“ die Reduzierung auf eine Zielstruktur von 185.000 Soldatinnen und Soldaten.

Begleitet war dies durch jeweils weitere Reduzierungsschritte für das Zivilpersonal, zuletzt 2011 auf einen Zielumfang von 55.000 Haushaltsstellen.

Den Entscheidungen der Jahre 2000 und 2011 waren dabei jeweils Kommissionsarbeiten vorgeschaltet, zunächst durch die sog. Weizsäcker-Kommission (Kommission „Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr“ unter Leitung des ehemaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker), dann mit der sog. Bundeswehr-Strukturkommission (unter Leitung von Frank-Jürgen Weise, seinerzeit Vorstandsvorsitzender der Bundesagentur für Arbeit).

Von allen Entscheidungen waren die des Jahres 2011 die tiefgreifendsten in der Geschichte der Bundeswehr. Ausgangspunkt dafür war die von Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg vor der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg am 26. Mai 2010 – noch unter dem Eindruck der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise und vor dem Hintergrund der gerade grundgesetzlich verankerten Schuldenbremse – gehaltene Rede, in der er u.a. erklärte:

  • „Der mittelfristig höchste strategische Parameter, quasi die conditio sine qua non, unter dem die Zukunft der Bundeswehr gestaltet werden muss, ist das globalökonomisch gebotene und im Verfassungsrang verankerte Staatsziel der Haushaltskonsolidierung, also die `Schuldenbremse´.
  • Dementsprechend ergibt sich für die Streitkräfteplanung zwangsläufig eine Paradigmenumkehr. Der Anspruch `Cost to Design´, also den strukturellen Rahmen seitens der Exekutive vorzugeben und anschließend zu finanzieren, wird völlig illusionsfrei durch die Realität des `Design to Cost´ bestimmt werden, also der Finanzrahmen wird den strukturellen Rahmen und damit auch das eigene Anspruchsniveau, den `Level of Ambition´ vorgeben“.

Die durch diese Rede beschleunigte und in der Folge durch seinen Nachfolger, Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière, entschiedene vierte Neujustierung der Bundeswehr mit einer Halbierung des militärischen Personalumfangs gegenüber der im Kaukasus vereinbarten Obergrenze von 370.000 Soldatinnen und Soldaten hebt sich von den vorangegangenen Strukturentscheidungen besonders dadurch ab, dass die Bundeswehr mit Aussetzung der Pflicht zur Ableistung des Wehrdienstes ab dem 1. Juli 2011 zu einer Freiwilligenarmee geworden ist. Auch bedeuteten die Entscheidungen von 2011 erstmalig eine Verringerung der Zahl der Zeit- und Berufssoldatinnen und -soldaten von zuvor rund 190.000 auf die Zielgröße von 170.000.

Rückläufige Verteidigungsausgaben

Bilanziert man die Jahre 1990 bis 2016 unter haushalterischem Aspekt, fielen die deutschen Verteidigungsausgaben nach NATO-Kriterien früh in den 1990er Jahren unter jährlich 2 Prozent und lagen ab Ende der 1990er Jahre unter jährlich 1,5 Prozent. In den letzten gut 10 Jahren hielten sie sich in einer Spanne von 1,2 bis 1,4 Prozent des BIP. Der Anteil der Verteidigungsausgaben am Bundeshaushalt (aus Vergleichsgründen ohne Versorgungsausgaben) fiel bis 1995 rasch in Richtung 10 Prozent und lag in den letzten Jahren relativ konstant bei rund 9 Prozent. Zugleich sank der Anteil der verteidigungsinvestiven Ausgaben (neben Forschung, Entwicklung und Erprobung sowie Militärischen Beschaffungen auch Infrastrukturinvestitionen und Sonstige Investitionen) an den Gesamtausgaben für die Bundeswehr auf fast durchgehend unter 25 Prozent, zeitweise lag er nur bei etwa 20 Prozent.

Veränderte Auftragslage der Bundeswehr

Hinter den Eckdaten von sinkenden Personalumfängen und rückläufigen Haushaltskennziffern verbergen sich – vor allem gekoppelt an die Strukturentscheidungen der Jahre 1994, 2000, 2003 und 2011 – weitreichende Umgestaltungen der Bundeswehr. Der bis zur Wiedervereinigung deutlich im Vordergrund stehende Auftrag der Landes- und Bündnisverteidigung erfuhr Anfang der 1990er Jahre eine begrenzte erste Erweiterung durch Beteiligung der Bundeswehr an Einsätzen der Vereinten Nationen. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 12. Juli 1994 zu „Out-of-area“-Einsätzen der Bundeswehr, das eine gesicherte verfassungsrechtliche Grundlage für die Beteiligung Deutschlands an Einsätzen im Rahmen der internationalen Konfliktverhütung und der Krisenbewältigung schuf, begannen bald die Missionen im ehemaligen Jugoslawien.

In der Folge der Terror-Anschläge vom 11. September 2001 mit Feststellung des Bündnisfalls durch den NATO-Rat und Zusicherung der uneingeschränkten Solidarität Deutschlands gegenüber den Vereinigten Staaten durch Bundeskanzler Gerhard Schröder erweiterte sich das Aufgabenspektrum der Bundeswehr deutlich und für lange Zeit. Zum bei weitem bedeutendsten internationalen Einsatz wurde die Beteiligung an der „International Security Assistance Force“ in Afghanistan, dem ISAF-Einsatz in den Jahren 2001 bis 2014, dem dann bis 2021 die Mission „Resolute Support“ folgte.

Zahlreiche weitere Einsätze, auch in anderen Weltgegenden, sind bis heute von der Bundeswehr geleistet worden und werden aktuell weiter von ihr geleistet.

Den Wandel im sicherheitspolitischen Verständnis Deutschlands markiert in besonderer Weise die Äußerung von Bundesverteidigungsminister Peter Struck, wonach die Sicherheit Deutschlands am Hindukusch verteidigt werde. Anlässlich der ersten Mandatsverlängerung des ISAF-Einsatzes führte er in der Bundestagsdebatte am 20. Dezember 2002 aus: „Vor zwei Wochen habe ich an dieser Stelle deutlich gemacht, dass sich die Weiterentwicklung der Reform der Bundeswehr noch konsequenter als bisher an dem wahrscheinlichsten Einsatzspektrum unserer Streitkräfte ausrichten muss. Seit Jahren bestimmen vorrangig Aufgaben im Rahmen der internationalen Konfliktverhütung und der Krisenbewältigung die Einsatzrealität der Bundeswehr. Dies muss sich in Strukturen, Umfängen, Fähigkeiten und Ausrüstung niederschlagen; sonst wird die Bundeswehr wegen struktureller und materieller Defizite immer wieder an die Grenzen der Belastbarkeit geführt.“

Die Grundrichtung der im Folgejahr entschiedenen Verteidigungspolitischen Richtlinien mit Absenkung der Obergrenze für militärisches Personal auf 252.500 war damit vorgegeben. Sie setzt sich fort im 2006 beschlossenen Weißbuch der Bundesregierung und daran anknüpfend in den Verteidigungspolitischen Richtlinien des Jahres 2011 mit der neuen Zielgröße von 185.000 Soldatinnen und Soldaten. Beschrieben ist hier, dass sich der Einsatz der Bundeswehr nicht mehr auf die klassische Landes- und Bündnisverteidigung eingrenzen lässt, Einsätze im Bereich der Krisenbewältigung und Konfliktverhütung heute vielmehr wahrscheinlicher seien. Der Verteidigungshaushalt wandelte sich so über die Jahre mehr und mehr zum Einsatzhaushalt ohne Schwerpunkt bei der Landes- und Bündnisverteidigung. Die Bundeswehr wurde zur Armee im Einsatz.

Begrenzte Spielräume für Militärische Beschaffungen

Alle Strukturentscheidungen seit der Wiedervereinigung verfolgten das Ziel, die Spielräume für Militärische Beschaffungen, also zur Erneuerung und Verbesserung der Materialausstattung der Bundeswehr zu erweitern. Dies ist allerdings in nur bescheidener Weise gelungen, denn bis einschließlich 2018 blieben die diesbezüglichen jährlichen Ausgaben selbst in nominaler Betrachtung (also ohne Berücksichtigung eines fortgesetzten Kaufkraftverlustes über fast 3 Jahrzehnte) stets unter dem Niveau von 1989/1990. Dies ist schon früh als für den Erhalt einer leistungsfähigen Bundeswehr unzureichend bewertet worden. Deutlicher als jeder andere hat dies Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping immer wieder betont, so am 4. Mai 2000 im Zusammenhang mit dem Rahmenvertrag „Innovation, Investition und Wirtschaftlichkeit in der Bundeswehr“ zwischen Bundesregierung und Deutscher Industrie:

„Die Ausrüstungsmängel und die Unterfinanzierung der 90er Jahre schlagen mittlerweile voll zu Buche. Wir leben von der Substanz und können die künftig erforderlichen Fähigkeiten kaum entwickeln. Damit gefährden wir die sicherheitspolitische Handlungsfähigkeit Deutschlands. Wir mussten nicht zuletzt in den Balkan-Krisen erkennen, dass die Bundeswehr – trotz hervorragender Leistungen und Motivation – nicht mehr voll bündnisfähig und auch noch nicht voll europafähig ist. Diese Lage wird sich verschärfen, wenn wir nicht in der Lage sind, auch durch entsprechende Investitionen die neuen Verpflichtungen im Rahmen der NATO und der Europäischen Union mit Blick auf unsere Streitkräfte umzusetzen. Klar ist: Der Abstand zu vielen Verbündeten darf nicht noch größer werden.“

Dabei befand sich die Reduzierung der Waffenbestände der Bundeswehr zur Jahrtausendwende erst in einem frühen Stadium und war weit entfernt von dem Befund, mit dem der amtierende Inspekteur des Heeres, Generalleutnant Alfons Mais, am Tag des russischen Angriffs auf die Ukraine, am 24. März 2022, große Aufmerksamkeit fand:

„Ich hätte in meinem 41. Dienstjahr im Frieden nicht geglaubt, noch einen Krieg erleben zu müssen. Und die Bundeswehr, das Heer, das ich führen darf, steht mehr oder weniger blank da. Die Optionen, die wir der Politik zur Unterstützung des Bündnisses anbieten können, sind extrem limitiert.“

Unbefriedigende Ergebnisse von Beschaffungsmaßnahmen

Zu dieser ernüchternden Feststellung hat auch beigetragen, dass die begrenzten Mittel, die in neue Ausrüstung investiert werden konnten, bei weitem nicht die erwarteten Ergebnisse gebracht haben. Das gilt vor allem für die sogenannten Großvorhaben. Keines der in der Zeit zwischen 1998 und 2010 begonnenen großen Beschaffungsvorhaben – UH-TIGER, EUROFIGHTER, NH90 TTH, A400M, Fregatte Klasse 125 und SPz PUMA – konnte im vorgesehenen Zeit- und Kostenrahmen realisiert werden. Entsprechend den Berichten des Bundesministeriums der Verteidigung zu Rüstungsangelegenheiten vom Dezember 2018 und 2021 weisen alle sechs Vorhaben langjährige Verzögerungen gegenüber ursprünglich vereinbarten Leistungsmeilensteinen und Auslieferungsterminen auf. Gleichzeitig verteuerten sich die Vorhaben durch Preisgleitklauseln und beauftragte Zusatzleistungen um einen zweistelligen Milliardenbetrag – mehr als das Doppelte einer durchschnittlichen Jahresausgabe für Militärische Beschaffungen in diesen Jahren. Zudem liegen alle diese Waffensysteme hinsichtlich ihrer materiellen Einsatzbereitschaft mehr oder weniger deutlich hinter den Erwartungen. Für alle Vorhaben sind weitere, teilweise erhebliche Haushaltsmittel erforderlich, um die angestrebten Fähigkeiten und einen hohen Stand einsatzbereiter Systeme für die Streitkräfte möglichst doch noch zu erreichen.

Die Gründe für diese unbefriedigende Situation sind vielfältig. Zwei der betrachteten Vorhaben (Fregatte Klasse 125 und SPz Puma) sind rein nationale Vorhaben, die übrigen vier werden multinational von zwei oder mehreren europäischen Partnern realisiert. Die aktuell bestehenden Probleme zeigen zunächst keinen Unterschied zwischen nationaler oder multinationaler Realisierung. Allerdings erwachsen aus der Komplexität einer multinationalen Vorhabenplanung und -realisierung zusätzliche Herausforderungen auf zwischenstaatlicher wie auf industrieller Ebene und zwischen diesen Ebenen. Umgekehrt sind Vorhaben wie der EUROFIGHTER und der A400M nur im multinationalen Rahmen realisierbar.

Die großen Schwächen in der Bereitstellung von neuem Wehrmaterial lenken den Blick auf den Auftraggeber Bundeswehr und den Auftragnehmer Industrie.

Mit Blick auf die Bundeswehr ist es ein wohlfeiles, seit Jahren immer wieder auf´s Neue vorgebrachtes Argument, dem Koblenzer „Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung (BAAIN)“ (vormaliges „Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung (BWB)“) mangelnde Kompetenz und Versagen vorzuwerfen. Es brauche deshalb eine grundlegende Neuorganisation des Beschaffungswesens bis hin zu einer Privatisierungslösung. Übersehen wird dabei, dass die Beschaffung nicht für sich selbst steht, sondern Teil des komplexen Gesamtprozesses Bundeswehr ist. Darin obliegt es dem BAAIN nicht, über Beschaffungsinhalte und Beschaffungsmengen zu entscheiden, vielmehr ist seine vornehmliche Aufgabe, Wehrmaterial von der Ausschreibung bis zur Zulassung für die Bundeswehr zu realisieren. Übersehen wird auch, dass das Koblenzer Amt mit seinen nachgeordneten Bereichen (z.B. den Marinearsenalen) im Zuge der durchlaufenen Neujustierungen der Bundeswehr erheblichen, nicht immer zielführenden Veränderungen unterworfen war und – wie andere Bereiche auch – deutlich an personellen Kapazitäten verloren hat. Der Präsident des Bundesrechnungshofes, Kay Scheller, der sich am 5. April 2022 im Zusammenhang mit der Vorstellung von „Bemerkungen“ seines Hauses unter anderem auch zum geplanten Sondervermögen für die Bundeswehr äußerte – nicht das Ziel, sondern der Weg sei falsch – stellte sich unbeschadet kritischer Äußerungen zu Versäumnissen bei der Korruptionsprävention schützend vor das BAAIN, das „nicht so schlecht ist, wie es oft gemacht wird, die meisten Verträge werden vernünftig ausgehandelt und geschlossen“. Es gebe aber zu viele politische Einflüsse, übertriebene Forderungen und ständige Änderungswünsche der Teilstreitkräfte bei Rüstungsprojekten. Nicht vergessen werden sollte zudem, dass sich das vormalige BWB in der Zeit des Kalten Krieges und den unmittelbaren Jahren danach als durchaus befähigt erwiesen hat, ganz andere Volumina an Entwicklungs- und Beschaffungsvorhaben der Bundeswehr zu bewältigen und die Streitkräfte sachgerecht auszustatten.

Der andere Blick richtet sich auf die Industrie. In den 1970er und 1980er Jahren hatte sich in Deutschland eine leistungsfähige und wettbewerbsintensive Rüstungsindustrie entwickelt, nachdem für den Aufbau der Bundeswehr in den 1950er und 1960er Jahren vielfach auf Käufe aus dem Ausland zurückgegriffen werden musste (z.B. Starfighter). Für diese Rüstungsindustrie verengten sich nach der Wiedervereinigung die Absatzmöglichkeiten an den Kunden Bundeswehr zunehmend. Gleichzeitig waren und sind die Exportmöglichkeiten für die deutsche wehrtechnische Industrie eingeschränkter als für die anderer Länder. So verengte sich im Laufe der Jahre immer mehr das Spektrum an wehrtechnischen Kapazitäten und Fähigkeiten, an deren Erhalt die Bundeswehr gegenüber der Industrie ein besonderes Interesse artikulierte. Die rückläufigen Auftragsvolumina, häufig nur geringe Stückzahlen sowie mangelnde Planungssicherheit ließen die Industrie zum einen überschüssige Kapazitäten einschließlich des Fachpersonals abbauen. Zum anderen kam dadurch ein politisch gewollter, fortschreitender Konzentrationsprozess in der deutschen und europäischen wehrtechnischen Industrie mit marktmächtigen Unternehmen bis hin zu europäischen Monopolanbietern in Gang. In weiten Bereichen bedeutet dies einen empfindlichen Verlust an Wettbewerbsintensität mit entsprechend eingeschränktem Preiswettbewerb. Umso wichtiger ist für den Auftraggeber Bundeswehr, dass er durch entsprechende Ausgestaltung der inneren Strukturen über profunde eigene Erkenntnis- und Beurteilungsfähigkeit verfügt und diese sichert. Nur so ist ihm möglich, sich vor Übervorteilung zu schützen und Angebote der Industrie auf Angemessenheit zu prüfen.

Kurswechsel nach dem NATO-Gipfel 2014

Mit den NATO-Gipfelbeschlüssen von Wales 2014 und Warschau 2016, die eine Antwort der Allianz auf die russische Annexion der Krim und die Destabilisierung der Ostukraine waren, geht eine Rückbesinnung auf die Landes- und Bündnisverteidigung einher. Das Weißbuch der Bundesregierung von 2016 beschreibt diesen Wandel, indem die Landes- und Bündnisverteidigung nun gleichrangig neben das Internationale Krisenmanagement gestellt wird. Daraus erwachsen veränderte Anforderungen an die Ausstattung der Bundeswehr. Deutschland war Mitte der 2010er Jahre mit den Haushaltsansätzen zunächst aber noch auf dem Weg weiter rückläufiger Verteidigungsausgaben, gemessen als Anteil am Bruttoinlandsprodukt. Um eine Richtungsumkehr einzuleiten, wurden durch Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen 2016 unterhalb der Schwelle einer Strukturanpassung die sog. Trendwenden „Personal“, „Material“ und „Finanzen“ ausgerufen. Auf diese Weise sollte über Zuwächse bei Personal, Material und Finanzen als Zwischenziel bis zum Jahr 2024 der Anteil der Verteidigungsausgaben am BIP auf 1,5 Prozent aufwachsen. Tatsächlich wurde der Verteidigungshaushalt ab 2017 kräftig aufgestockt und ermöglichte seit 2019 signifikant höhere Ausgaben für Militärische Beschaffungen – nominal erstmals mehr als 1989/1990.

Mit dem Eckwertebeschluss für den Haushalt 2022 und Finanzplan bis 2025 vom März 2021 zeichnete sich allerdings ab, dass diese Entwicklung nicht durchhaltbar sein würde – zu überplant war der Bundeshaushalt schon zum damaligen Zeitpunkt. Nach diesem Eckwertebeschluss wäre die Finanzlinie für die Bundeswehr ab 2023 wieder rückläufig gewesen: über 49,3 Mrd. Euro in 2022 sollte der Haushaltsansatz in 2025 bei nur noch 45,7 Mrd. Euro liegen.

Aktuelle Entscheidungslage

Aus der Einschätzung, dass sich nach der jüngsten russischen Aggression gegen die Ukraine ein fallender und insgesamt weiter deutlich unzureichender deutscher Verteidigungsbeitrag gegenüber NATO und EU nicht mehr würde vermitteln lassen, gleichzeitig aber eine unmittelbare Erhöhung des Verteidigungshaushalts auf 2 Prozent des BIP in der Ampelkoalition keine Mehrheit finden würde, kam es zur eingangs zitierten Ankündigung des Bundeskanzlers in seiner Regierungserklärung vom 27. Februar 2022. Die Höhe des grundgesetzlich abzusichernden Sondervermögens von 100 Mrd. Euro orientierte sich dabei an dem zu Beginn der Trendwenden unter dem damaligen Bundesminister der Finanzen Olaf Scholz ermittelten Investitionsbedarf der Bundeswehr bis zum Jahre 2030. Mit den kurz nach der Regierungserklärung beschlossenen Eckwerten für den Haushalt 2023 und Finanzplan bis 2026 wurde zudem die fallende Finanzplanlinie korrigiert und der Ansatz für das Bundesministerium der Verteidigung mit 50,1 Mrd. Euro jährlich durchgeschrieben. Käme also die Einrichtung des Sondervermögens zustande und würden die Haushaltsansätze der Finanzplanung in den jährlichen Haushaltsberatungen bestätigt, jedenfalls nicht unterschritten, könnte die Bundesrepublik Deutschland in den kommenden Jahren das 2 Prozent-Ziel der NATO erfüllen. Um die Größenordnungen deutlich zu machen: Beim BIP des Jahres 2021 von 3.570,6 Mrd. Euro entsprächen 2 Prozent etwa 71 Mrd. Euro. Unter Berücksichtigung von anrechenbaren Ausgaben mit Bezug zur NATO in anderen Einzelplänen des Bundeshaushalts müsste der Verteidigungshaushalt anfänglich bei etwa 66 Mrd. € liegen, um das 2 Prozent-Kriterium zu erfüllen. Das hieße, dass etwa 16 Mrd. Euro dem Sondervermögen zu entnehmen wären.

Unter der Annahme einer jährlichen Veranschlagung der Verteidigungsausgaben von 50 Mrd. Euro und eines moderaten nominalen jährlichen BIP-Wachstums wäre das 100 Mrd. Euro-Sondervermögen dann in etwa fünf Jahren verbraucht. Aber auch bei einer zeitlich gestreckteren Inanspruchnahme des Sondervermögens ist dessen Reichweite endlich.

Umgang mit dem Sondervermögen Bundeswehr

Dies bringt die Bundeswehr in eine ausgesprochen schwierige Lage. Sie kann die vor ihr liegende Planungsaufgabe nur dann ohne das Risiko schwerwiegender künftiger Verwerfungen lösen, wenn das Wort des Bundeskanzlers „Wir werden von nun an Jahr für Jahr mehr als 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in unsere Verteidigung investieren“ längerfristig Bestand hätte. Das aber würde bedingen, dass die Bundesregierung bei einem zur Neige gehenden Sondervermögen den Verteidigungshaushalt verstetigt auf die 2-Prozent-Größe aufwachsen lassen müsste. Dies wäre schon bei Aufstellung des Haushalts 2024 für das Finanzplaneckjahr 2027, spätestens aber bei der Haushaltsaufstellung 2025 für das Eckjahr 2028 der Fall. Es handelt sich also keineswegs um eine Fragestellung, die erst in der nächsten Wahlperiode zu beantworten sein wird. Vielmehr wird sie sich deutlich im Vorfeld der nächsten Bundestagswahl stellen und voraussagbar zu heftigen Auseinandersetzungen führen. Spätestens dann muss sich die von Bundeskanzler Scholz verkündete Zeitenwende als grundlegender, auch gesellschaftlich akzeptierter Paradigmenwechsel erweisen, mit der Folge deutlicher und nachhaltiger Umpriorisierungen im Bundeshaushalt.

Ist es, zumal unter den Bedingungen der Schuldenbremse, realistisch und vorstellbar, dass der Verteidigungshaushalt über den unterstellten Sockel von rd. 50 Mrd. Euro um jährlich zusätzliche 20–30 Mrd. Euro oder mehr aufgestockt werden könnte?

Tatsächlich werden die zur Auswahl kommenden Investitionen in erheblichem Umfang strukturprägend für die Bundeswehr sein. Bei jedem Rüstungsvorhaben ergeben sich für die Zeit der Nutzung mehr oder weniger hohe Folgekosten. Diese können in der Summe von Personalausgaben, sächlichen Betriebsausgaben, Ausgaben für Baumaßnahmen wie vor allem Ausgaben für Materialerhaltung leicht den Betrag der anfänglichen Investition übersteigen. Es wird mit der Verausgabung des Sondervermögens also zu einem Aufwuchs in den Ausgabenbereichen außerhalb der Militärischen Beschaffungen kommen.

Von daher ist geboten, sachfremde Einflussnahmen auf die Investitionsentscheidungen zu unterbinden. Dabei ruft die Aussicht auf lukrative Aufträge Interessenten aus dem industriellen Bereich ebenso auf den Plan wie Politiker im In- und Ausland, die gerne Firmen ihrer Region oder ihres Landes bedacht sähen.

Über das Sondervermögen ist ein möglichst hoher Fähigkeitsaufwuchs zu erreichen, wenn am Ende „eine leistungsfähige, hochmoderne, fortschrittliche Bundeswehr“ stehen soll. Verfrühte Festlegungen sollten daher ebenso vermieden werden wie Bestrebungen, die Mittel möglichst zeitnah zu verausgaben. Am Beispiel der angedachten Beschaffung der F-35 als Nachfolger für den TORNADO wird offenkundig, dass es für die Einführung dieses Kampfflugzeugs in der Bundeswehr eines weiten Vorlaufs bedarf. So sind die Voraussetzungen für die Stationierung zu schaffen, Wartungs- und Instandsetzungskapazitäten aufzubauen und vor allem auch die Ausbildung von geeignetem Personal für die fliegerische und unterstützende Nutzung der Luftfahrzeuge in die Wege zu leiten.

Abzuwägen sind des Weiteren industriepolitische Erwartungen. Auch wenn bevorzugt marktreifes Material beschafft werden sollte, bleiben Investitionen in Forschung und Technologie sowie in Entwicklungsvorhaben für den Erhalt einer leistungsfähigen wehrtechnischen Industrie unverzichtbar. Wo sollten Beschaffungen getätigt werden – national, in den Grenzen der EU oder weltweit? Welchen Rahmen gibt das Vergaberecht für Ausschreibungen vor? Werden die Möglichkeiten einer beschleunigten Vergabe ausgeschöpft? Sollten ggfs. Bestimmungen des Vergaberechts geändert werden?

Schließlich sollten sich die zu treffenden Entscheidungen sinnvoll in die Strukturen von NATO und EU einfügen. Welche Fähigkeiten braucht es, damit sich die Bundeswehr bestmöglich in die Arbeits- und Aufgabenteilung des Bündnisses einbringt. Hier wird sich Deutschland absehbar auch Erwartungen europäischer Partner, vor allem Frankreichs, gegenübersehen, einen Gutteil der Mittel in gemeinsame Vorhaben einzubringen. Die Erfahrungen der letzten Jahrzehnte sowohl im Vorankommen einer gemeinsamen europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik als auch in Planung und Realisierung ambitionierter Rüstungsvorhaben legen hier aber Zurückhaltung nahe.

Die vorstehend genannten Kriterien und Erfordernisse machen die Entscheidungen zur Verausgabung der Mittel des Sondervermögens Bundeswehr, so es denn mit seiner geplanten Verankerung im Grundgesetz die zu seiner Einrichtung erforderliche parlamentarische Billigung erfährt, nicht eben einfach.

Das Sondervermögen – Glücksfall und Risiko für die Bundeswehr

Das gilt schon dann, wenn der Verteidigungshaushalt in den nächsten Jahren tatsächlich mit mindestens 50 Mrd. Euro jährlich dotiert bliebe, im Haushaltsaufstellungs- und im parlamentarischen Verfahren also keine Kürzungen vorgenommen würden. Indessen wird dieser Betrag Jahr für Jahr in Relation zu den Entnahmen aus dem Sondervermögen gesetzt werden. Der vermeintlichen Planungssicherheit für Investitionsvorhaben aus dem Sondervermögen könnte so eine mögliche Unsicherheit hinsichtlich der Mittelverfügbarkeit für alle weiteren Ausgaben der Bundeswehr aus dem Kernhaushalt des Einzelplans 14 gegenüberstehen. Weil die Bundeswehr scheinbar erst einmal der Notwendigkeit enthoben wäre, zur Schaffung von Freiräumen für investive Ausgaben die Ausgaben für den Betrieb begrenzen zu müssen, könnte zudem die Versuchung aufkommen, Bedarfe und Mehrforderungen in diesem Bereich über ein streng begründetes Maß hinaus zu akzeptieren. Solchen Versuchungen muss die Bundeswehr widerstehen. Der deutliche Anstieg der Verteidigungsausgaben ab 2016 (von 29,5 Mrd. Euro auf 41,2 Mrd. Euro in 2021 / ohne Versorgungsausgaben) ist in absoluten Zahlen überwiegend den Betriebsausgaben, vor allem der Materialerhaltung und den sog. sonstigen Betriebsausgaben, zugutegekommen und hat diese kräftig steigen lassen. Notwendig ist deshalb auch hier ein striktes Forderungscontrolling. Das gilt auch für die Personalausgaben, auf die unter Einschluss der Versorgungsausgaben für vormals in der Bundeswehr tätige Beamte und Berufssoldaten zusammen mittlerweile fast 20 Mrd. Euro (bei Gesamtausgaben 2021 von 47,2 Mrd. Euro) entfallen. Lohn- und Gehaltsrunden werden im bei weitem größten Personalkörper des Bundes weiterhin erhebliche Mehrausgaben nach sich ziehen. Hinzu kommt der Finanzbedarf für den angestrebten weiteren Personalaufwuchs. Umso mehr ist Selbstbeschränkung bei allen darüber hinausgehenden Planungen angezeigt, die einen weiteren Anstieg der Personalausgaben zur Folge hätten.

Absicherungsnotwendigkeit einer nachhaltigen Finanzierung der Bundeswehr

Über der Bundeswehr schwebt das Risiko schwerwiegender künftiger Verwerfungen, wenn die Errichtung des Sondervermögens nicht mit einer entsprechenden langfristigen Finanzierungssicherheit und -zusage verknüpft wird. Ohne eine solche Absicherung wäre das Sondervermögen Bundeswehr nach den derzeit in der parlamentarischen Beratung befindlichen Gesetzentwürfen der Bundesregierung (Drucksache 20/1409 zum Bundeswehrsondervermögensgesetz, Drucksache 20/1410 zur Änderung des Grundgesetzes) nichts anderes als ein durchsichtiger Versuch zur Umgehung der Schuldenbremse bei gleichzeitiger Inpflichtnahme der Abgeordneten der Regierungskoalition auf einen anderweitig nicht durchsetzbaren Politikwechsel. Die dringend notwendige verlässliche Planungsgrundlage hätte die Bundeswehr wegen der Unwägbarkeiten der jährlichen Haushaltsaufstellung dann nicht. Nur auf der Basis einer verstetigten Planungsgrundlage im Sinne einer nachhaltigen Finanzierung lässt sich die Wiedererlangung der Landes- und Bündnisverteidigungsfähigkeit der Bundeswehr und damit der Bundesrepublik Deutschland erreichen. Dazu braucht es einen entsprechenden Willen aller heute und zukünftig in Verantwortung stehenden Regierungsparteien – einen Willen, an dem es in den vergangenen Jahrzehnten gemangelt hat.

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