Am 15. Oktober 2014 wurde Ministerpräsident a.D. und Bundesminister a.D. Wolfgang Clement in Berlin mit dem Ludwig-Erhard-Preis für Wirtschaftspublizistik 2014 ausgezeichnet. In seiner Ansprache nahm er unter anderem Stellung zum Mindestlohn, zur Tarifpolitik und zur Energiewende. Im Angesicht der immer noch wirkmächtigen Staatsgläubigkeit in Deutschland forderte er eine Agenda 2020.

Ich danke Ihnen, Herr Tichy, als Vorstandsvorsitzendem der Ludwig-Erhard-Stiftung, und Ihnen, Frau Göbel, sowie der Jury, der Sie angehören, für diese Auszeichnung, über die ich mich von Herzen freue.

Sie haben Recht, Herr Tichy, es waren wirklich spannende Zeiten, als hier in Berlin Reformpolitik stattfand. Und es war ja auch gut, dass die Politik sich – wenn auch nur kurzzeitig – einmal zu der Erkenntnis durchrang, dass Wirtschaft und Arbeit zusammengehören.

Ich empfinde es als Ehre, mit einem Preis ausgezeichnet zu werden, der auf Ludwig Erhard zurückgeht und der bisher zwei meiner Vorgänger im Amt des Bundeswirtschaftsministers, nämlich Karl Schiller und Otto Graf Lambsdorff, auszeichnete.

Ich beginne mit einem Geständnis, indem ich einräume, dass ich als ein von der Industriegeschichte des Ruhrgebiets geprägter Mensch erst Schritt für Schritt auf den Pfad dieses für die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung unseres Landes so bedeutsamen Politikmodells gelangt bin – dafür aber, was nicht zuletzt im Ringen um die Agenda 2010 und die damit verbundenen Arbeitsmarktreformen deutlich wurde, umso bewusster und wohl auch umso prinzipieller.

Vertrauensverluste nach den Krisen

Die Soziale Marktwirtschaft gehört zur Grundordnung unseres Landes (und übrigens auch Europas, wie sich aus etwas bescheidenen Formulierungen im Lissabon-Vertragswerk ergibt). Aber klar und deutlich steht es jedenfalls seit Beginn der 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts im Vertrag zur deutschen Einheit, an dessen Zustandekommen ich seinerzeit als einer der Vertreter der Länder teilnehmen durfte. Und das ist auch gut so, dass es damals dort so hineingeschrieben worden ist. Die Deutschen-West wollten damals ihre Soziale Marktwirtschaft behalten. Und die Deutschen-Ost wollten sie unbedingt erhalten. – Heute, ein Vierteljahrhundert später, ist das, wenn man einschlägigen Ergebnissen der Meinungsforschung glauben darf, nicht mehr gar so sicher.

Und das hat natürlich Gründe. Sie haben vermutlich mit dem zu tun, was die globale Finanzkrise und die spezifische europäische Staats- und Banken-Schuldenkrise angerichtet haben. Diese Krisen in ihren verschiedenen Ausprägungen und die mit ihnen zum Vorschein kommenden Exzesse institutionellen und persönlichen Fehlverhaltens mit gröbsten Verstößen gegen die Grundbedingungen fairen Geschäftsgebarens sowie des Anstands, der Selbstdisziplin und des Maßhaltens haben, so war und ist anzunehmen, einen allgemeinen großen Vertrauensverlust bewirkt – zuallererst natürlich in die Kreditwirtschaft und ihre Manager. Aber durchaus auch in „die Politik“ und in „die Wirtschaft“. Und in deren Gefolge wohl auch in die Soziale Marktwirtschaft bzw. in das, was im Gedränge gelegentlich recht oberflächlicher Befragungen darunter verstanden wird.

Keine Frage, es war zwingend und im Sinne marktwirtschaftlicher Ordnungspolitik, dass die G20 und die Staats- und Regierungschefs der Euro-Region auf jene Krisen mit der Entwicklung einer umfassenden Regulierungsstruktur reagiert haben. Dieser Prozess, der zum Ziel hat, die buchstäblich außer Kontrolle geratenen Kapitalmärkte zu bändigen, ist bis heute nicht abgeschlossen. Es galt und gilt immer noch, ganz generell gesprochen,

  • die durch die überbordende Verschuldung von Staaten und von Kreditinstituten fraglich gestellte Währungsstabilität wieder sicherzustellen,
  • die Kreditwirtschaft wieder in eine dienende Funktion für die Realwirtschaft zurückzuführen und
  • der Verantwortung für freies wirtschaftliches Handeln durch die Zusammenführung von Chance, Risiko und Haftung wieder Geltung zu verschaffen.

Staatsgläubigkeit mit kritischen Nebenwirkungen

Wer momentan auf die gegebene Lage der öffentlichen Haushalte und die manchmal kaum verrückbar scheinenden wirtschaftlichen Strukturen – und insbesondere die des Arbeitsmarktes – namentlich in Frankreich oder Italien schaut oder sich vor Augen hält, dass die Welt der „Schatten-Banken“ bisher beinahe gänzlich unreguliert geblieben ist, der wird zustimmen: Es bleibt auf diesem Feld global wie europäisch noch einiges zu ackern! Und das Wesentliche davon ist Aufgabe der Politik – und nicht der EZB, die nicht dauerhaft als eine Art Politik-Ersatz fungieren sollte!

Die Bereitschaft der Politik und deren, wenn auch oft recht zögerliche Herangehensweise an die Fehlentwicklungen auf den Kapitalmärkten und eine damit einhergehende, hierzulande offensichtlich immer noch wirkmächtige Staatsgläubigkeit haben allerdings äußerst kritische „Nebenwirkungen“ verursacht. Sie äußern sich nach meiner Beobachtung in einer wachsenden, ja geradezu wuchernden Neigung der deutschen wie der europäischen Politik zur Regulierung gerade auf solchen Feldern, auf denen Staatshandeln eben nicht erforderlich ist, oftmals ausgesprochen schädlich sein und negative Folgen auslösen kann. Diese Regulierungseuphorie ist hier und da ideologisch geprägt, verhaltensökonomisch begründet oder entspringt schlicht administrativ-bürokratischer Denkungsart. Sie führt jedenfalls mehr und mehr zu einer immer enger werdenden Verrechtlichung der bürgerlichen wie namentlich der unternehmerischen Freiheitsrechte. Es ist in meiner Wahrnehmung so, dass bisherige, sehr wohl auch allgemein respektierte Grenzen des Staatshandelns eben nicht mehr respektiert, ja auch direkt ignoriert werden. Der Staat dringt immer weiter in die private, in die unternehmerische Sphäre vor.

Es will deshalb ganz klar gesagt sein: Diese Entwicklung stellt unsere Soziale Marktwirtschaft auf die Probe. Denn zu deren Prinzipien gehören ja neben der Sicherung der Geldwertstabilität durch eine unabhängige Notenbank zuvörderst der freie Wettbewerb und ein funktionsfähiges Preissystem, der offene Marktzugang für jedermann, das Privateigentum und die Koalitions- und Vertragsfreiheit sowie die Verlässlichkeit und die Nachhaltigkeit, das heißt Generationengerechtigkeit politischer Entscheidungen.

Wer sich diesen Katalog in Erinnerung ruft, dem steht unweigerlich vor Augen, wie weit sich die derzeitige, besonders große „Große Koalition“ mit dem gesetzlichen Mindestlohn, mit der „Mütterrente“ wie mit der „Rente ab 63“ wie mit der „Mietpreisbremse“ und insbesondere – dies unter maßgeblicher Beteiligung ihrer Vorgängerregierung – mit der „Energiewende“ vom Denken und Handeln in marktwirtschaftlichen Kategorien entfernt hat.

De-Industrialisierung als Folge der Energiewende

Diese Energiewende ist mittlerweile, was absehbar war, zu einer komplett staatswirtschaftlichen Veranstaltung geworden, an deren Beginn ein enteignungsgleicher Eingriff in das Eigentum von Stromlieferanten stand, und die sich bis heute zu einer Regulierungs- und Subventionsmaschinerie bis dato in Westdeutschland nie dagewesenen Ausmaßes entwickelt hat, welche nun immer weitere Interventions- und Subventionstatbestände gebiert.

Die damit in Gang gesetzte Preisspirale und mehr noch die nicht mehr gegebene Verlässlichkeit der energiepolitischen Rechtslage gefährden längst einen der wichtigsten Motoren unserer – noch – gegebenen Wirtschaftskraft, nämlich die Industrie. Es gibt schon seit geraumer Zeit keine einzige größere Investition aus dem Bereich der energieintensiven Industrie mehr in Deutschland, die meisten gingen und gehen stattdessen in die USA. So sieht De-Industrialisierung aus!

Ich bin überzeugt: Eine nationale Energiewende im gemeinsamen Europa ist schon energierechtlich, aber erst recht faktisch halsbrecherisch. Das erleben wir jetzt. Den Ausweg bietet ein funktionsfähiges europäisches Emissionshandelssystem – das ist wirklich marktwirtschaftlich – und zwar möglichst Hand in Hand mit einem raschen, privat finanzierten europäischen Leitungsnetz. Das wäre wirklich ein Wachstumsprogramm und mit abgestimmter Regulierung der Erneuerbaren, das heißt mit Subventionen in Forschung und Entwicklung, statt mit Dauersubventionen in sämtliche Erneuerbaren.

Tarifpolitik vor der Verstaatlichung?

Um hier jetzt nur den gesetzlichen Mindestlohn herauszugreifen: Der Gesetzgeber gehört nicht in die Lohnfindung. Das war bisher eine in unserem Land eisern beachtete Regel. Und die hat sich ausgezahlt. Dass Deutschland die globale Finanzkrise nebst Folgewirkungen recht gut überstanden und seine Wettbewerbsfähigkeit über alle ökonomischen Verwerfungen des ersten Jahrzehnts dieses Jahrhunderts zurückgewonnen hat – anders als alle derzeitigen „Krisenländer“ der EU –, das war und ist vor allem dem verantwortlichen Handeln der Tarifparteien und auch den damit geförderten betrieblichen Bündnissen zu danken. Und deshalb sage ich an die Adresse all derer, die den Gesetzgeber jetzt eingeladen haben: Haltet die Politik da heraus, haltet sie wenigstens künftig da heraus! Und seid Euch bewusst: Wo immer der Gesetzgeber zu Gast gebeten wird, da breitet er sich nur allzu gern aus. Da wird er schnell zum Dauergast!

Und er ist bereits dabei. So hat die Politik ihren Einflussbereich schon dadurch über den gesetzlichen Mindestlohn hinaus erweitert, dass sie sich auch das Recht zugeschrieben hat, Tarifverträge gewissermaßen „von oben“ auf Unternehmen auszuweiten, die keinem Tarifverband angehören.

Und nur ganz nebenbei gesagt: Wenn die Deutsche Bahn in diesen Tagen im Tarifstreit mit der wahrhaft renitenten Lokführergewerkschaft den Gesetzgeber zu Hilfe ruft, um diese Spartengewerkschaft per politische Order an die Kette legen zu lassen, statt eigenverantwortlich alle ihr gegebenen tatsächlichen und auch rechtlichen Handlungsmöglichkeiten auszureizen, so kann das allenfalls auf den ersten Blick einleuchten. Ein großes Unternehmen, das in einem Tarifstreit nach dem Gesetzgeber ruft, ist alles andere als ein starkes Unternehmen. Es politisiert sich selbst. Das Grundrecht der Koalitionsfreiheit aber gilt – und es muss auch gelten –, aber es ist dabei keineswegs ein Freibrief für Arbeitskämpfe, die dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit auf das Gröbste zuwiderlaufen. Deshalb sollten sich die großen Gewerkschaften fragen, ob es in ihrem Sinn ist, wenn der Gesetzgeber den Taktstock im Tarifgeschehen übernimmt.

Drohende Rückschritte in der Arbeitsmarktpolitik

Aber ganz abgesehen von diesem tarifpolitischen Spezifikum: Die amtierende Bundesregierung ist derweil schon wieder dabei, ihre im Koalitionsvertrag durchbuchstabierte Regulierungsliste weiter abzuarbeiten. Nach knapp einem Jahrzehnt des europaweit beneideten Fortschritts am deutschen Arbeitsmarkt soll es jetzt wieder in die entgegengesetzte Richtung gehen – mit dem gesetzlichen Mindestlohn zulasten der Tariffreiheit und mit der Regulierung des „Fremdpersonaleinsatzes“ – wie es in der Rechtssprache befremdlich heißt – zulasten unternehmerischer Handlungsspielräume. Wir stehen, wenn nicht noch Vernunft einzieht, vor einer ziemlich umfassenden Re-Regulierung von Zeitarbeit und Werkverträgen, und es drohen neue, zusätzliche Regulierungen von Teilzeit-, Familien-, Pflege- und vielleicht auch Stressarbeit und all diese und absehbare weitere Normen und Normierungen wie ein „Elterngeld plus“ würden – wenn sie so kämen wie zuständige Minister bzw. Ministerinnen schon ankündigten – den unternehmerischen Entscheidungsspielraum empfindlich einengen.

Das Verrückte an dieser Situation ist, dass die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes, die wir seinerzeit realisierten, natürlich dazu dienen sollte und tatsächlich auch half, vor allem ungelernten oder schwach qualifizierten Arbeitnehmern einen Zugang in den Arbeitsmarkt zu eröffnen. Das ist nicht grandios gelungen, aber Schritt für Schritt hat sich die Lage sogar der Langzeitarbeitslosen etwas gebessert. Noch längst nicht zureichend – aber sie hat sich verbessert.

Doch heute gibt es noch weniger Helferjobs als damals und deren Zahl wird weiter abnehmen. Wenn deshalb jetzt die Zeitarbeit wieder enger geschnürt und reguliert werden soll – und zwar per Gesetz und damit über die eben zustande gekommenen tarifvertraglichen Vereinbarungen hinaus (equal pay spätestens nach 9 Monaten bei einem Kunden, und zwar verbunden mit der Übernahme in einen unbefristeten Job) -, dann ist absehbar: Es werden künftig noch weniger Helferjobs und damit noch weniger Einstiegsmöglichkeiten für Nicht- oder Schwach-Qualifizierte in den Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen als bisher.

Selbständigkeit als Ausdruck von Eigenverantwortung

Gleichzeitig ist aber ein ganz anderer gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Trend unverkennbar: Es ist der Trend zu mehr beruflicher Selbständigkeit und auch Freiberuflichkeit, es ist der Wunsch nach einer neuen Balance zwischen Beruf und Familie oder zwischen Beruf, Verdienst und Freizeit; der Wunsch nach beruflichen Veränderungsmöglichkeiten, nach neuen beruflichen Perspektiven und Herausforderungen, nach neuen Gestaltungsmöglichkeiten im Rahmen von Festanstellungen usw. Aus meiner Wahrnehmung entspringt dies einer sich wieder verstärkenden Neigung zu mehr Eigeninitiative und Eigenverantwortung – zwei Grundprinzipien einer freiheitlichen Gesellschaft.

Ich meine deshalb: Wir sollten diese Tendenzen, die ja gerade von beruflich qualifizierten Menschen getragen und formuliert werden, sehr ernst nehmen. Denn wir brauchen Menschen, die Selbständigkeit und Eigenverantwortung leben und auch im wie immer gearteten Berufsleben praktizieren wollen. Und wir sollten deshalb auch begreifen, dass beispielsweise die Zeitarbeit gerade in qualifizierten Jobs, für die sie wichtiger wird, kein Instrument einer unternehmerischen Klassengesellschaft ist, sondern eine auch und gerade von jungen Arbeitnehmern gewünschte Möglichkeit flexibler Berufsausübung zum beiderseitigen Vorteil.

Ja, die Missbrauchsvorwürfe sind schnell zur Hand, und in unserer Mediengesellschaft werden sie auch rasch verallgemeinernd verbreitet. Aber ich glaube nicht, dass die Arbeitnehmerüberlassung von Ärzten oder von Ingenieuren, Technikern oder Informatikern dazu taugt, die alten Klassengegensätze aus den Zeiten der ersten industriellen Revolution wieder auszumotten. Und es erscheint mir auch unangebracht, solche Tendenzen mit dem Hinweis auf ein paar schwarze Schafe als eine Entwicklung hin zu neuen „Scheinselbständigkeiten“ abqualifizieren zu wollen. Ebenso wie es unangebracht ist, die absolut unverzichtbare Werkvertragspraxis in der deutschen Wirtschaft wegen einiger Fehlentwicklungen in bestimmten Branchen wieder für alle enger regulieren und damit bürokratisieren zu wollen.

Eine „Agenda 2020“ für die aktuellen Herausforderungen

Das hatten wir alles schon – und es droht jetzt zurückzukehren – es sei denn, die abnehmende Wirtschaftskraft fördert die Einsicht und zwingt, auf weitere Bremsmanöver zu verzichten. Bemerkungen von Kanzlerin und Vizekanzler könnte man in diesem Sinne deuten. Ein Strategiewechsel freilich, der Orientierung für dieses Jahrzehnt gäbe, sähe anders aus. Doch wir geben die Hoffnung auf eine „Agenda 2020“ – oder nennen wir es „Chance 2020“ – nicht auf!

Es ist im Sinne eines Landes wie des unseren, das der Sozialen Marktwirtschaft und damit auch dem Grundsatz der Nachhaltigkeit verpflichtet ist, sich jederzeit seiner Zukunftsfähigkeit zu vergewissern und sich deshalb rechtzeitig, offen und für alle Bürger nachvollziehbar den großen Herausforderungen zu stellen, denen wir uns gegenüber sehen. Das sind – neben den derzeit besonders herausragenden Herausforderungen im Bereich deutscher und europäischer Außen- und Sicherheitspolitik – in der Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik namentlich der demografische Wandel sowie die schon begonnene Digitalisierung nahezu all unserer Lebens- und Arbeitswelten.

Auf die grundstürzenden Veränderungen, die damit verbunden sind und – noch mehr – sein werden, gilt es, sich heute einzustellen. Die Große Koalition hat dazu die Weichen bisher nicht gestellt. Es gibt zwar diverse Äußerungen zu jenen Themen, aber kaum konkrete Taten und schon gar keine grundlegende Orientierung. Diese Koalition hat im ersten Jahr ihrer Existenz mehr aus der Substanz gezehrt statt auf die Zukunft eingezahlt. Doch wer Bewahrenswertes in unserem Land bewahren will, der muss rechtzeitig bereit sein, vieles zu ändern!

Öffentliche Debatten und Vernunft statt Ideologie und Tabus!

Das ist auch der Grund für mein Engagement im Kuratorium der „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“. Ich vermute, viele von uns spüren: Die Teilnahme an den Angelegenheiten der res publica ist in unserem Land notleidend geworden. Darüber können Versuche von professionell gesteuerten Protestgruppen und -organisationen nicht hinwegtäuschen – im Gegenteil: Sie zeugen erst recht für den Befund. Diese Kräfte trachten danach, die Öffentlichkeit für ihre zumeist ideologischen Standpunkte buchstäblich zu okkupieren und entgegenstehende Meinungen zu tabuisieren.

Dafür gibt es viele Beispiele: Aktuell sind es die manchmal ans Groteske grenzenden Versuche solcher Gruppen wie Attac, das hoffentlich trotz-und-alledem zustande kommende transatlantische Freihandelsabkommen zu verhindern. Dafür sind ihnen abwegigste Behauptungen nicht dumm genug, wobei fast noch mehr erstaunt, wie lange und wie weit sich demgegenüber „die Politik“ zurückhält.

Der Umgang mit dem Thema „Fracking“ ist aus meiner Sicht ein weiteres der aktuellen Beispiele dafür, wie „die Politik“ eine von solchen Protestorganisationen – in diesem Fall könnte ich den Bund für Umwelt und Naturschutz in Deutschland (BUND) oder sogar das Bundesumweltamt nennen – gemanagte veröffentlichte Meinung für das Ganze nimmt und sich nur allzu gern einer vermeintlichen Mehrheitsmeinung hingibt, statt auf dem Kern der Dinge und einer vernunftgemäßen Diskussion zu bestehen. Ausnahmen bestätigen hier wie dort natürlich die Regel.

Uns allen muss deshalb mehr denn je daran gelegen sein, die allgemeine Öffentlichkeit und erst recht Wirtschaft und Wissenschaft für den öffentlichen Disput und in diesen Disput zurückzugewinnen. Das gilt insbesondere für die Wissenschaft, die auf manchen Feldern – man nehme nur die grüne Genforschung – vor den öffentlich inszenierten Gefühlsaufwallungen schon weitestgehend resigniert hat. Das dürfen wir nicht zulassen. Dem will unsere Initiative entgegenwirken. Denn die Soziale Marktwirtschaft verlangt Transparenz und offenen, unverstellten Meinungsaustausch, Öffentlichkeit und Akzeptanz, sie braucht öffentliche Akzeptanz. Und unsere freiheitliche Staats- und Gesellschaftsordnung bleibt nur mit ihr kraftvoll, lebendig und der Zukunft zugewandt!

Neben Wolfgang Clement wurde Prof. Dr. Werner Plumpe, Professor für Wirtschafts- und Sozialgeschichte an der Goethe-Universität Frankfurt am Main, mit dem Ludwig-Erhard-Preis für Wirtschaftspublizistik 2014 ausgezeichnet.

Fotos von der Preisverleihung finden Sie hier.

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