Die steigende Nachfrage nach Bitcoin zur Wertaufbewahrung hat den Preis der Cyberwährung nach oben getrieben. Thomas Mayer prognostiziert eine Spekulationsblase. Am Ende könnten sich seiner Meinung nach andere Kryptowährungen als Bitcoin durchsetzen.

Mit Bitcoin kam eine computergestützte Verschlüsselungstechnik auf die Welt, mit der Eigentumsübertragungen einer Geldeinheit lückenlos vom Zeitpunkt ihrer Schaffung an dokumentiert werden können. Dadurch werden Banken zur Abwicklung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs und Zentralbanken zur Steuerung der Geldemission überflüssig. Digitale Währungen wie Bitcoin können unser Geldsystem revolutionieren, wie es vordem nur die Einführung von Papiergeld als Ersatz für Münzen konnte.

In unserem bestehenden System wird Geld über die Vergabe von Krediten erzeugt. Dies hat dazu geführt, dass die Wirtschaft von den mit der Steuerung der Gelderzeugung beauftragten Zentralbanken mit Krediten gedopt wurde wie ein unredlicher Sportler im Wettkampf. Doch wie diesem Sportler und dem Sport insgesamt ist auch mit dem Doping der Wirtschaft niemandem gedient. Vielmehr erzeugt das Kreditdoping im Kreditgeldsystem wiederkehrende Kreditzyklen, die nicht nur zu wirtschaftlicher Instabilität, sondern aufgrund von Fehlallokation von Ressourcen auch zu niedrigerem Trendwachstum führen. Ursächlich dafür ist, dass die Zentralbanken im Kreditgeldsystem die Geldschaffung über die ständige Manipulation der Zinsen zu steuern versuchen und den manipulierten Zins tendenziell zu niedrig halten.

Kryptogeld dagegen wird als unikales Zeichengeld über Computeralgorithmen geschaffen. Die Übertragung von einem Zahler zum Zahlungsempfänger wird in einem für jeden einsehbaren, dezentralen elektronischen Verzeichnis (Distributed Ledger) erfasst. Man kann es sich als virtuelle Banknote vorstellen, bei der nur die Nummer und nicht das Papier, auf dem diese gedruckt ist, den Besitzer wechselt.

Sinkende Transaktionskosten

Der direkte ökonomische Nutzen von Kryptogeld besteht darin, dass es den in einer arbeitsteiligen Wirtschaft nötigen Tausch zu geringeren Kosten ermöglicht als unser bestehendes Kreditgeldsystem. Mit Kryptogeld kann man über jede Distanz hinweg direkt und ohne eine teure Abwicklung über Banken bezahlen. Hinzu kommt ein indirekter ökonomischer Nutzen, wenn Geld nicht mehr über die Kreditvergabe der Banken geschaffen wird. Denn dann werden Kredite im Rahmen eines einfachen Verleihgeschäfts vergeben und der Zins ergibt sich aus dem Angebot an Ersparnissen und der Nachfrage nach Investitionskapital am Markt. Da er nicht mehr durch zentrale Planung verzerrt wird, erhöhen sich sowohl die Allokationseffizienz des Kapitals als auch die Stabilität der Wirtschaft.

Der Auswahlprozess der Kryptowährungen für die Zukunft ist gegenwärtig in vollem Gange. In dieser Phase ist es nicht verwunderlich, wenn die Wechselkurse zwischen Kryptowährungen untereinander und zu bestehenden Währungen stark schwanken. Dabei kann es zu Übertreibungen kommen, wie zum Ende der 1990er-Jahre bei den Aktienpreisen von Internetunternehmen. In Zeiten staatlich erzwungener niedriger Zinsen suchen die Leute nach Alternativen zur Wertaufbewahrung; dies trieb schon die holländische Tulpenzwiebelblase von 1637. Mit Bitcoin verbinden die Menschen die begründete Vorstellung einer zukunftsweisenden Technologie zur Schaffung von Mitteln zum Tausch und zur Wertaufbewahrung. Mit steigender Nachfrage steigt der Preis und regt die Fantasie für weitere Preissteigerungen an. Schaffen es Berichte darüber schließlich auf die Titelseiten der Zeitungen, werden viele Leser vom Spekulationsfieber erfasst.

Aufgrund der schnell steigenden Nachfrage sinkt jedoch nun der direkte ökonomische Nutzen von Bitcoin. Denn es dauert immer länger oder kostet immer mehr, um mit dem bei dieser Währung verwendeten Algorithmus die Eigentumsübertragungen nachzuprüfen. Wie bei einer Spekulationsblase üblich, löst sich der Preis vom erwarteten ökonomischen Nutzen, der in diesem Fall in erster Linie in der Verringerung der Transaktionskosten besteht. Vermutlich werden sich schließlich andere Kryptowährungen als Mittel zum Tausch und zur Wertaufbewahrung durchsetzen, bei denen die Transaktionskosten niedriger sind und der ökonomische Nutzen daher höher ist als bei Bitcoin. Doch noch beflügelt Bitcoin die Fantasie, die einerseits von der neuartigen Technologie und andererseits von der Skepsis über unser bestehendes Geldsystem genährt wird.

Prof. Dr. Thomas Mayer, Gründer des Flossbach von Storch Research Institute und Honorarprofessor an der Universität Witten/Herdecke, ist Mitglied der Ludwig-Erhard-Stiftung und Mitglied der Jury des Ludwig-Erhard-Preises für Wirtschaftspublizistik.


Dieser Beitrag ist zuerst in der Publikation der Ludwig-Erhard-Stiftung „Wohlstand für Alle – 70 Jahre Währungsreform“ aus dem Jahr 2018 erschienen. Laden Sie das gesamte Heft hier als PDF herunter. Die Print-Ausgabe kann über info@ludwig-erhard-stiftung.de bestellt werden.

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