In der öffentlichen Debatte spielt die Wohnungspolitik seit einigen Jahren wieder eine große Rolle. Der Wohnraum in den Großstädten ist zunehmend knapp und die Mieten steigen rasant. Dies verstärkt die Unterschiede der verfügbaren Einkommen nach Abzug der Mieten.

Aus diesem Grund wurden erste wohnungspolitische Instrumente eingeführt: So gibt es vielerorts eine Mietpreisbremse – allerdings oftmals ohne spürbaren Effekt. Und mit dem Baukindergeld sollen Familien dabei unterstützt werden, Wohneigentum zu erwerben. Zudem hat die rot-rot-grüne Regierung in Berlin jüngst beschlossen, einen Mietendeckel einzuführen, nach dem die Mieten fünf Jahre gar nicht mehr steigen sollen, und eine Bürgerinitiative fordert, große Wohnungsunternehmen zu enteignen.

Allerdings gehen viele der Maßnahmen an den Ursachen steigender Mieten – mehr Nachfrage nach Wohnraum als Angebot – vorbei und können das Problem sogar verschärfen. Statt Symbolpolitik zu betreiben, sollten die Rahmenbedingungen dafür verbessert werden, dass insbesondere in den Städten mehr Wohnungen gebaut werden. Zudem sollte in Ballungsräumen durch gute Verkehrsanbindungen das Umland besser erschlossen werden, um den Druck auf den Wohnungsmarkt in den Städten zu mildern. Stellen die Mieten für einkommensschwache Haushalte eine zu große Belastung dar, sollten diese vermehrt über Wohngeld unterstützt werden.

Förderung durch Wohngeld

Insbesondere in den deutschen Großstädten ist seit einigen Jahren ein Immobilienmarktboom zu verzeichnen. Dieser ist neben der guten Konjunkturentwicklung und niedrigen Zinsen insbesondere durch die Bevölkerungsentwicklung in Form von Alterung und Zuwanderung getrieben. So ist die Zahl der Einwohner in Berlin von 2010 bis 2018 von 3,46 auf über 3,75 Millionen gestiegen. Da der Wohnungsbau mit diesem Tempo nicht mithält, wird Wohnraum knapp und damit teuer. Die steigenden Mieten haben den Leerstand bereits deutlich zusammenschmelzen lassen und die Bautätigkeit kräftig angekurbelt. Dennoch wird in Deutschland derzeit nur circa die Hälfte dessen neu gebaut, was gebraucht wird. Während die Bestandsmieten relativ zur Preisentwicklung nur wenig gestiegen sind, müssen Neumieter wesentlich höhere Mieten zahlen. Daher sind Mieter vielfach nicht bereit umzuziehen, auch wenn ihre Wohnung nicht mehr ihren Bedürfnissen entspricht. Dadurch verschärft sich der Wohnungsmangel.

Die Entwicklung der Wohnkosten wirkt sich vor allem auf Personen mit niedrigen Einkommen aus. So ist für das untere Fünftel der Einkommensbezieher die Belastung durch Wohnkosten zwischen 1993 und 2013 von 27 auf 39 Prozent ihres Nettoeinkommens gestiegen, während sie für das obere Fünftel der Verdiener von 16 auf 14 Prozent leicht gefallen ist. Die Einkommensungleichheit ist damit nach Abzug der Wohnausgaben deutlich höher als vor Abzug dieser Ausgaben. Für einkommensschwache Haushalte wird es damit noch schwieriger, Ersparnisse zu bilden und Wohneigentum zu erwerben, um für ihr Alter vorzusorgen.

Um einkommensschwächere Haushalte zu unterstützen, sollte sich die soziale Wohnungspolitik auf diese Zielgruppe konzentrieren. Die Objektförderung durch sozialen Wohnungsbau hat sich als wenig treffsicher erwiesen. So hat fast ein Drittel der Mieter in Sozialwohnungen ein Einkommen von mehr als 60 Prozent des Medianeinkommens. Daher sollte die Förderung besser durch Wohngeld erfolgen, das sich am individuellen Bedarf orientiert. Wird daneben auch auf ein staatliches Wohnungsangebot gesetzt, sollten Sozialwohnungen nur befristet vergeben werden, um Fehlbelegungen zu verhindern.

Entwicklung überregionaler Konzepte

Der Wohnungsmangel ist kurzfristig nur schwer zu beheben. Letztlich hilft dagegen nur, mehr Wohnungen zu bauen. Diese sollten sich am Bedarf orientieren, das heißt in den Städten sollten ausreichend kleinere und günstigere Wohnungen entstehen. Dazu sollten die kommunalen Bauvorschriften gegebenenfalls angepasst werden. Zudem sollte mehr Bauland ausgewiesen werden, das – anders als Boden – vermehrbar ist. So können etwa Gewerbegebiete, Ackerland oder Kleingärten umgewidmet werden. Zusätzlicher Wohnraum kann außerdem durch Einliegerwohnungen und Dachausbauten geschaffen werden. Um schneller und billiger bauen zu können, sollten die Bauvorschriften und -genehmigungen unter Berücksichtigung der historisch-städtebaulichen Gegebenheiten verbessert und entsprechende Verfahren beschleunigt werden. Brandschutzvorschriften, Energiestandards und andere Vorgaben sollten so gestaltet werden, dass die Zielsetzung mit möglichst geringen Kosten erreicht werden kann. Ein weiterer Ansatzpunkt ist die Grunderwerbsteuer, die vielerorts die Preise treibt.

Um den Druck auf den innerstädtischen Wohnungsmarkt abzumildern, sollten zusätzlich überregionale Konzepte entwickelt und eng zwischen Stadt und Umland abgestimmt werden. Eine gute Verkehrsanbindung gerade durch den ÖPNV ist dabei wesentlich. Durch gute Infrastrukturentwicklung und attraktive Angebote in kleineren Städten oder ländlicheren Gegenden können auch Orte jenseits des Speckgürtels der Großstädte an Attraktivität gewinnen.

Unter dem Strich hilft gegen den Wohnungsmangel und steigende Mieten nur, deutlich mehr zu bauen. Eingriffe in den Preismechanismus wie mit der Mietpreisbremse oder radikale Vorschläge wie die Enteignung privater Wohnungsunternehmen helfen nicht nur nicht, sondern verschärften den Wohnungsmangel nur weiter. Denn Investoren werden dadurch abgeschreckt, sodass Investitionen ausbleiben. Und Kommunen müssen hohe Entschädigungen zahlen, die als Mittel für den Wohnungsbau fehlen.

Dr. Susanne Cassel ist stellvertretende Vorsitzende von ECONWATCH – Gesellschaft für Politikanalyse e.V. , Dr. Tobias Thomas ist Vorsitzender von ECONWATCH. Der Beitrag ist zuerst als ECONWATCH-Policy Brief im Juli 2019 erschienen.

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