Die Klimaaktivisten hätten angesichts des Shutdowns im Zuge der Corona-Pandemie jubeln müssen, meint Frank Schäffler, doch es sei still um sie geworden. Der Shutdown zeige exemplarisch, welchen Preis ihre radikalen Zielvorstellungen haben würden.

In den Tagen der Corona-Pandemie kommen einem die Beschlüsse zum Klimanotstand des EU-Parlaments sowie vieler Stadt- und Gemeinderäte aus dem Jahr 2019 surreal vor. Ohne die Klimaveränderungen und ihre Wirkung auf Mensch und Natur unterschätzen zu wollen: Der Corona-Shutdown hat gezeigt, wie die von den Klimaaktivisten vorgeschlagenen Maßnahmen wirken. Der Klimanotstand würde einen echten wirtschaftlichen Notstand auslösen.

Die Gruppierung Extinction Rebellion Deutschland fordert, die von „Menschen verursachten Treibhausgas-Emissionen bis 2025 auf Netto-Null zu senken“. Netto-Null bedeutet, dass alle durch Menschen verursachten Treibhausgas-Emissionen durch Reduktionsmaßnahmen wieder aus der Atmosphäre entfernt werden müssen und somit die Klimabilanz der Erde netto, also nach den Abzügen durch natürliches und künstliches Senken, null beträgt.

Der Shutdown zeigt uns exemplarisch, welchen Preis dies hat. Kaum jemand fliegt mehr, die weltweiten Wertschöpfungsketten sind unterbrochen, die Produktion steht vielerorts still, Dienstleistungen werden nicht mehr angeboten und das Leben erlahmt. „Social Distancing“ könnte Begriff des Jahres werden.

Die Klimarebellen müssten jubeln, doch es ist still um sie geworden. Vielleicht wird ihnen jetzt mulmig, denn dieser Preis ist hoch. Am 15. April 2020 ging das ifo-Institut bei einem drei Monate andauernden Shutdown von einem Einbruch der Wirtschaftskraft von bis zu 729 Milliarden Euro (20,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts) aus. Bis zu 1,8 Millionen Arbeitsplätze gingen verloren und sechs Millionen Arbeitnehmer befänden sich in Kurzarbeit.

Pseudoreligiöse Züge

Ein Ende der Corona-Krise ist in weiter Ferne, aber in Sicht. Netto-Null-Emissionen hingegen erlauben es nicht, anschließend wieder das vorherige Verbrauchsverhalten an den Tag zu legen. Sie würden dauerhaft dazu führen, dass kein Flugzeug fliegt, die Industrieproduktion darniederliegt und die Menschen zu Hause bleiben. Insofern wäre ein Einbruch der Wirtschaftskraft um 20,6 Prozent ein leises Lüftchen dessen, was uns bei einem längeren Shutdown drohte. Es wäre der Rückfall in vorindustrielle Zeiten. Doch das zählt in der Klimadebatte nicht; sie hat mitunter pseudoreligiöse Züge. Es geht um den „Untergang der Welt“, um unumkehrbare „Kipp-Punkte“ und um Emotionen.

Dabei sind nationale Maßnahmen nicht die Lösung. Die Bundesregierung hat zugesagt, bis 2030 die CO2-Emissionen gegenüber 1990 um 50 Prozent zu reduzieren, bis 2050 sogar auf null Prozent. Die Einsparung der weltweiten Emissionen gegenüber heute betrüge allerdings gerade einmal 0,5 Prozent.

Staatlich oktroyierte Maßnahmen, die Industrie in Richtung einer Netto-Null umzuformen, würden wie eine unbegrenzte Verlängerung des derzeitigen Shutdowns wirken – mit fatalen Folgen für den Wohlstand. Und dies alles, ohne die globale Klimaveränderung von Deutschland aus nennenswert zu beeinflussen. Die Modellierung einer Welt von oben hat nie funktioniert. Die Sozialismen dieser Welt sind alle gescheitert, in erster Linie wegen der Anmaßung von Wissen. Die einzige Hoffnung für die Zukunft sind nicht Verzicht und der Rückfall in vergangene Zeiten, sondern die permanente Verteidigung der individuellen Freiheit und der marktwirtschaftlichen Ordnung.

Frank Schäffler MdB ist Vorsitzender der Arbeitsgruppe Steuern und Finanzen der Fraktion der Freien Demokraten. Er ist Mitglied der Ludwig-Erhard-Stiftung.


Dieser Beitrag ist zuerst im Heft „Wohlstand für Alle – Klimaschutz und Marktwirtschaft“ aus dem Jahr 2020 erschienen. Das Heft kann unter info@ludwig-erhard-stiftung.de bestellt werden; oder lesen Sie es hier als PDF.

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