Beim heutigen Autogipfel im Kanzleramt soll über weitere „Hilfen“ für die Autoindustrie gesprochen werden. Interventionismus und Subventionierung auf Kosten des Steuerzahlers werden damit fortgesetzt. Von Ludwig Erhards marktwirtschaftlichem Geist bleibt in der deutschen Wirtschaftspolitik nicht mehr als ein Denkmal.

Am Anfang seiner Amtszeit hat Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier ein paar Bilder von Ludwig Erhard im Wirtschaftsministerium aufgehängt und einen Saal nach ihm benannt. Es sollte nach Aufbruch ausschauen – mehr Marktwirtschaft und Wohlstand für alle nach dem Vorbild des Konstrukteurs der Wirtschaftsordnung im Nachkriegsdeutschland. Geblieben ist davon das Gegenteil.

Beim heutigen Autogipfel soll über „Hilfen“ für die Autoindustrie geredet werden; noch mehr Hilfen. Schon heute erhält 10.000 Euro Subvention, wer ein ungeliebtes Elektroauto kauft. Diese Subvention kommt: vom Steuerzahler.

Jetzt geht es um noch viel mehr. CSU-Chef Markus Söder forderte im Vorhinein bereits zusätzliche „Hilfen“ für das „Herz der Industrie“. Er will die Autoindustrie mit weiteren zehn Milliarden Euro für Batteriezellforschung und -produktion in Deutschland anschieben und fordert „Hilfen“ auch für Verbrenner.

Noch mehr Subventionen gegen Subventionen

Zuerst spendiert man Subventionen, damit sich E-Autos gegen Verbrenner durchsetzen, und dann Subventionen für Verbrenner, damit keine E-Autos gekauft werden. Vermutlich kommt bald die Forderung nach noch höheren Subventionen für E-Autos, weil mit Subventionen für Verbrenner jeder Verbrenner kauft. Das ist die Logik der Staatswirtschaftler: Teurer wird’s immer, helfen tut’s nimmer.

Ein staatlicher Auto-Gipfel soll also morgen die offenkundig marode Branche stützen. Es ist der intellektuelle Tiefpunkt der Anti-Marktwirtschaftler in CDU, CSU und SPD. Und sicherlich erst der Anfang, denn von jedem Gipfel erschallt der Ruf nach dem nächsten. Denn natürlich werden noch mehr „Hilfen“ gebraucht, damit die Städte die Bürgersteige aufreißen können, um neue Ladekabel für die notwendige E-Auto-Infrastruktur zu verlegen.

Es hat nicht viele Altmaier-Jahre gedauert und die Automobilindustrie wurde von der Leitindustrie zum staatlich gefütterten Subventionierungsfall, vom Steuerzahler zum Hilfsempfänger, vom Motor der deutschen Wirtschaft mit Wachstums-Ausstrahlung in viele Bereiche zur Konjunkturbremse, die Arbeitskräfte abbaut, Werke schließt, Standorte veröden lässt. Oder diese Verödung zulassen muss.

Die Bundesregierung hat nicht nur zugelassen, sondern kräftig dabei mitgeholfen, die Branche zu zerstören. Es geht um „Hilfen“ für eine Industrie, die Bundeskanzlerin Angela Merkel grün-populistisch hilfsbedürftig regiert hat. Statt den sauberen Diesel als Leistung anzuerkennen, hat die Bundesregierung auf das E-Auto gesetzt und zugelassen, dass der Diesel in den Innenstädten verboten wird. Ein symbolischer Akt: Technik made in Germany, sauber und effizient, darf in Stuttgart nicht mehr fahren. Wirkungsvoller kann man eine Branche kaum vernichten.

Immer neue Branchen werden verstaatlicht

Es ist nicht die einzige Branche: Der Deutsche Städtetag will „Hilfen“ vom Bund, um die Innenstädte zu verstaatlichen. Dann sollen die Kommunen leerstehende Kaufhäuser und Ladenflächen vermieten. Das ist ziemlich genau die Forderung der Partei Die Linke, staatliche Kaufhäuser einzurichten. Warum die Leute in staatliche Mietshäuser gehen sollten, um einzukaufen, wird nicht näher erklärt. Dass die Innenstädte veröden, weil der Verkehr beschränkt wird und Amazon günstig vor die Wohnungstür liefert – dagegen helfen auch keine Staatskaufhäuser. Aber so weit zu denken, ist leider eine ganz schwere Sache. Man spürt die langsam aufziehende Gänsehaut, wenn man an die verfallene Handelsstruktur der DDR denkt.

In Berlin haben Linke, Grüne und SPD den Wohnungsbau praktisch verstaatlicht, indem sie über den Mietdeckel Investitionen garantiert unwirtschaftlich gemacht haben. Ohne Ertragsaussicht baut keiner; der Staat allerdings auch nicht. Staatlich reguliert wird die Wohnungsknappheit verstärkt. Und jetzt greifen sie in immer neue Bereiche aus. Sie können kaum ein Schwimmbad vernünftig betreiben, der staatliche öffentliche Personennahverkehr ist ein teures Trauerspiel, aber zukünftig soll die Wurst von der Staatsmetzgerei kommen – oder gibt es dann nur noch Tofu-Würstchen, also Kunstfleisch, weil sich das ein paar Grüne vor Ort so einbilden? Verstaatlichung macht die Bürger nicht nur arm, sondern auch unfrei. Das ist das identische Konzept der Sozialisten in den Farben schwarz, rot, grün.

Die Energiewirtschaft ist faktisch längst verstaatlicht. Kraftwerk nach Kraftwerk geht vom Netz; mit rund 1.000 Milliarden Euro (so eine Schätzung von Peter Altmaier) wird eine zweite Strom-Infrastruktur aufgebaut, die staatlich subventioniert ist bis zum letzten Flügelschlag der Vogel-Schredder und bis zum letzten Höhenzug, der mit den heulenden Großmaschinen zerstört wird – die gute Nachricht ist, dass sie ihr Zerstörungswerk statistisch gesehen nur an jedem 7. Tag vollbringen. Ansonsten stehen sie wegen Flaute. Und ihre Lebensdauer ist auch begrenzt.

Noch mehr Staat gefällig? Aber sicher!

Auch das Bankgewerbe ist längst weitgehend in Staatshand; die Deutsche Bank macht noch ein bisschen rum, bei der Commerzbank ist der Staat schon drin und bei den Landesbanken von Geburt an. Die rein staatliche Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) ist nach der Bilanzsumme die drittgrößte deutsche Bank.

Privates Mineralwasser soll verschwinden, weil kommunale Wasserbetriebe auf die wertvollen Quellen zugreifen und es für Brauchwasser und industrielle Zwecke in ihren maroden Leitungen versickern lassen wollen. Gutes Wasser aus guten Quellen ist eben schneller zu haben und einfacher zu verschwenden, als eigene Brunnen anzulegen.

Im Zuge der Corona-Krise ist der Staat bei Lufthansa und TUI eingesprungen, und es wird schwer sein, ihn jemals wieder loszuwerden. Für beide Unternehmen ist das ein gefährliches Signal; das Versagen der Staatsbahn ist legendär. Der Staat kann zwar keinen Zugverkehr managen, aber dafür eine Fluglinie? Gerne faseln Politiker von einem europäischen Google; auf dem Weg dahin erschweren sie schon mal jedem Anbieter von Internet-Dienstleistungen das Leben und Geschäft mit der Datenschutz-Grundverordnung und aktuell mit Cookie-Richtlinien, die dem Konsumenten wenig bringen, aber der Innovation moderner Dienstleistungen möglichst schaden sollen.

Dass sie niemals ein funktionierendes Staats-Google hinbekommen, weiß man heute schon. Schließlich ist die halbstaatliche Telekom nicht mal in der Lage, halbwegs schnelles Internet flächendeckend einzurichten. Da reden sie schon drüber seit Merkels Kanzlerschaft, und es wird doch nicht besser. Ist es denn so schwierig, statt Kupfer Glasfaser zu verlegen? Ja – aber scheinbar nur in Deutschland.

Die staatlichen Hochschulen fallen in allen Rankings zurück; exzellent sind sie nur im Vergleich der deutschen Provinzwissenschaft, aber nicht im globalen Maßstab. Da sinken sie ab.

Ludwig Erhard holt die Prämie zurück

Und jetzt also der Autogipfel. Ludwig Erhard hätte keinen Autogipfel gebraucht, sondern es den Herstellern überlassen, Autos zu bauen, die die Kunden faszinieren. Vielleicht wäre er mit einem Diesel sogar quer durch Stuttgart gefahren und hätte jedem Käufer eines Elektroautos zum Erwerb gratuliert – und Merkels Prämie wieder mitgenommen. Denn wem etwas gefällt, der soll es haben, aber selbst bezahlen. Das nennt man Marktwirtschaft.

Die Unternehmen sind übrigens gar nicht so unglücklich mit der derzeitigen Entwicklung. Nur in der Staatswirtschaft lässt sich bequem Direktor spielen – ohne Risiko und ohne Leistung. Der Wettbewerb ist ausgeschaltet; laufen die Kosten davon und die Kunden weg, muss halt der Staat einspringen. Da lässt es sich einfach „managen“ und früh am Tag Golf spielen. An die Stelle von Leistungswettbewerb, an die Stelle von neu und besser und günstiger, tritt nur Kuscheln beim Wirtschaftsminister und Betteln beim Autogipfel.

Sie haben sich längst darauf eingestellt. Den Verbund der Automobilindustrie vertritt die Kanzlervertraute Hildegard Müller; wegen ihrer Nähe zur Kanzlerin hat sie den Millionenjob erhalten. Von Autoindustrie oder Wettbewerb versteht sie nichts. Muss sie auch nicht. Das Geld kommt zukünftig vom Staat – vom braven Steuerzahler.

Ein paar alte Marktwirtschaftler haben sich darüber gefreut, dass Peter Altmaier Ludwig Erhard in sein Ministerium geholt hat, als Denkmal. Sie kennen das Wort von Karl Kraus nicht. Er wusste, dass man Denkmäler nur baut, damit die Tauben drauf sch….. können.

Roland Tichy ist Vorsitzender der Ludwig-Erhard-Stiftung.

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