Ist die Behebung eines Klimanotstands ein sinnvolles Ziel? Nein, meint Berthold Barth. Sinnvoll sei ein Ziel nur, wenn das Erreichen möglich und überprüfbar ist. Die Fehler des „magischen Vierecks“ sollten nicht wiederholt werden.

Seit 2011 ist im Grundgesetz eine Schuldenbremse verankert. In Artikel 109 ist festgelegt, dass „die Haushalte von Bund und Ländern […] grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen“ sind. „Bund und Länder können […] eine Ausnahmeregelung für Naturkatastrophen oder außergewöhnliche Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen, vorsehen.“ Der Staat bleibt also trotz der Schuldenbremse stets handlungsfähig.

Falls die Behebung des von vielen Gemeinden ausgerufenen und nicht näher spezifizierten „Klimanotstands“ Eingang in die Ziele der Landes- und Bundespolitik finden sollte, werden im Zweifel Gerichte zu entscheiden haben, ob ein solcher Zustand von den Begriffen „Naturkatastrophe“ oder „außergewöhnliche Notsituation“ erfasst und eine über die regelgerechte Kreditfinanzierung der Haushalte hinausgehende Verschuldung gerechtfertigt ist. Sollte dem so sein, wird auch dann der Weg der finanzpolitischen Vernunft nicht verlassen, denn: „Für die Ausnahmeregelung ist eine entsprechende Tilgungsregelung vorzusehen.“ Eine Antwort auf die Frage eines jeden Kreditgebers, wann er sein Geld wiederbekomme, ist also unabdingbar, um verfassungskonform zu sein.

Aber ist die Behebung eines Klimanotstands überhaupt ein sinnvolles Ziel? Nein, weil zum einen schon die behauptete Ausgangsproblematik einer weltweit steigenden, vom Menschen beeinflussbaren Durchschnittstemperatur und zum anderen die Reduktion des CO2-Ausstoßes in ihrer Wirkung auf die Durchschnittstemperatur zweifelhaft sind. Sinnvoll ist ein Ziel aber nur dann, wenn das Erreichen möglich und überprüfbar ist.

Vom Viereck zum Vieleck

1967 wurde das sogenannte Stabilitäts- und Wachstumsgesetz verabschiedet, in dem vier Ziele der Wirtschaftspolitik formuliert wurden: neben hohem Beschäftigungsstand, außenwirtschaftlichem Gleichgewicht und Stabilität des Preisniveaus auch „stetiges und angemessenes Wirtschaftswachstum“. Dem ursprünglichen Gedanken von John Maynard Keynes folgend, der Staat solle zur Verstetigung des Konjunkturverlaufs im Abschwung kreditfinanzierte Nachfrage schaffen und im Aufschwung die Nachfrage dämpfen sowie die Kredite zurückzahlen, wurde schließlich die Deformation dieses Gedankens vollzogen, indem den staatlichen Stellen ein permanentes Wachstumsziel vorgegeben wurde, dessen Attribut „angemessen“ nur willkürlich als erreicht oder nicht erreicht bestimmt werden kann.

Selbst wenn das tatsächliche Wachstum im Nachhinein als angemessen angesehen wird, bleiben andere Ziele unerreicht. Deshalb wurde auch der Name „magisches Viereck“ geprägt, der ausdrückt, dass die im Gesetz genannten vier Ziele zumindest nicht gleichzeitig zu erreichen sind. Durch die Formulierung von wirtschaftspolitischen Zielen wurde der Weg bereitet, das Viereck beliebig und in verschiedenen Gesetzen verstreut um ebenfalls nicht überprüfbare Ziele wie „soziale Gerechtigkeit“ oder „gesunde Umwelt“ schließlich zum Vieleck zu erweitern.

Der verlockende Gedanke der — durch die Idee Keynes’ legitimierten — Kreditfinanzierung zum Erreichen politischer Ziele durch höhere Staatsausgaben schwingt dabei immer mit. Der mit der Schuldenbremse vorgeschriebene Tilgungsplan bei außergewöhnlicher Neuverschuldung bremst die Erweiterung des Katalogs der unerreichbaren Ziele und die Fahrt auf dem Weg in die Frustration.

Berthold Barth ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der Ludwig-Erhard-Stiftung.


Dieser Beitrag ist zuerst im Heft „Wohlstand für Alle – Klimaschutz und Marktwirtschaft“ aus dem Jahr 2020 erschienen. Das Heft kann unter info@ludwig-erhard-stiftung.de bestellt werden; oder lesen Sie es hier als PDF.

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