Die kommenden Monate werden uns global, in Europa aber ganz sicher auch in Deutschland vor große Probleme stellen. Neben den Herausforderungen der militärischen Verteidigung sind diese Probleme besonders für die Sicherheit unserer Arbeitsplätze, die Ausgangsposition für eine wirtschaftliche Erholung und allgemein für unseren Wohlstand von Bedeutung.

Für viele wird dabei zunächst die Entwicklung der Inflation von entscheidender Bedeutung sein. Ökonomen weisen zu Recht darauf hin, dass der Geldwertverlust, der nicht durch außergewöhnliche Ereignisse wie Corona und Ukraine-Krieg ausgelöst wurde, noch keineswegs beängstigende Ausmaße angenommen habe. Dieser liege zurzeit eher bei 3,5 Prozent. Aber auch das erfordert ein beherztes Einschreiten der Europäischen Zentralbank (EZB). Dort sind die Entscheidungen zu langsam und zu schwach, und wir müssen hoffen, dass der Zentralbankrat jetzt endlich den Kurs korrigiert.

Die Probleme, die derzeit den überwiegenden Anteil der Inflation ausmachen, liegen in den befürchteten Versorgungsengpässen für Energie, den Kosten der Energiewende und der wahrscheinlich langanhaltenden Störung internationaler Lieferketten.

In Berlin gibt es ein wildes Stimmengewirr zu den möglichen Antworten. Die Planwirtschaftler glauben an einen gesetzlich verordneten Preisdeckel für Gas, Öl und Strom. Im Zweifel kommt sogar noch die Verstaatlichung der betreffenden Unternehmen auf die Tagesordnung. Wir beobachten gerade, wie einige Milliarden für den Tankrabatt und das 9-Euro-Ticket herausgeworfen werden, ohne dass irgendjemand irgendeine Idee hätte, wie es am baldigen Tag des Endes dieser Maßnahmen eigentlich weitergehen soll. Zwischen Schuldenbremse, Abarbeitung der Versprechen des Koalitionsvertrages und explodierenden Kosten der Gesundheitssysteme bleibt da für Wiederholungen dieser neuen Art von Helikopter-Geld kein Platz.

Es wird Zeit, dass man sich an die Stärken der Sozialen Marktwirtschaft zurückerinnert und die vielen Millionen Bürger und ihre durch eigene Interessen gesteuerten Handlungspotentiale ins Spiel bringt. In Berlin sind auch dafür im Augenblick interessante Ideen auf dem Tisch:

  1. Bundesminister Habeck plant, so hört man, ein Prämien-System für Haushalte und Unternehmen, die Gas einsparen. Für die eingesparten Volumen im Vergleich zum letzten Winter (der ja kein besonders kalter war) gibt es Geld vom Staat. Das würde in jedem Fall billiger als die Zuschüsse zur Bundesagentur für Arbeit bei Betriebsstillegungen wegen Gasmangel. Und wir würden erleben, wie kreativ Einzelpersonen und besonders der wichtige deutsche Mittelstand sein können, wenn es ums Geldverdienen geht. Wir müssen übrigens nicht bei null anfangen. Die USA kennen diese Projekte unter dem Motto „Negawatt“ und dem schönen Slogan „Reduce then Produce“ schon seit 20 Jahren. Nicht zuletzt sollte ein solcher Weg deshalb so attraktiv sein, dass er alle Einkommensschichten mit Ausnahme der Transfer-Empfänger (Hartz IV, Grundsicherung etc.) fair berücksichtigt.
  2. Der Bundeskanzler plant, so hört man, zum Ausgleich der hohen Belastungen für die Arbeitnehmerschaft den Tarifvertragsparteien steuer- und abgabenfreie, einmalige Sonderzahlungen in den nächsten 12 Monaten zu ermöglichen. Dies soll der Beherrschung der Schäden aus der durch Krieg und Pandemie verursachten Teile der Kostensteigerung dienen. Besser als Mindestlohn und Preisdeckelungen können solche Instrumente helfen, zielgenau an den Bedürfnissen der Betroffenen anzusetzen. Auch nicht tarifgebundene Arbeitgeber werden diesen Weg mitgehen, gerade in Zeiten, in denen sie um jeden Arbeitnehmer froh sind, der bleibt. Der Staat muss seine Arbeitnehmer ebenso behandeln und könnte vielleicht sogar ein Vorbild sein.
  3. Die Gedanken zu direkten sozialen Ausgleichzahlungen sind damit nicht völlig vom Tisch. Auf staatliche Hilfe angewiesene Bürger, die keine Steuern zahlen und vollständig auf staatliche Transfers angewiesen sind, müssen berechenbare Unterstützung bis zum Ende der konkreten Krise erhalten.
  4. Alle in der Corona-Krise erfolgreichen Mittel zur Stärkung des Mittelstands, wie Steuerstundungen, besondere Abschreibungsmöglichkeiten, vor allem KfW-Kredite, müssen schnell kommuniziert und mit einem offenen Ende (also ohne Begrenzung durch eine Summe) aktiviert werden.

Marktwirtschaft kann Krise besser! Mit diesem Leitsatz wird die Ludwig-Erhard-Stiftung Sie alle in diesem Jahr noch mehrfach überraschen. Im Sommer wird es auch der Titel unserer bundesweit verteilten Informationsschrift zum Thema Soziale Marktwirtschaft sein. Die oben beschriebenen Maßnahmen zeigen, wie man ohne die Zerstörung der innovativen Potentiale zur Krisenbewältigung die richtigen Weichen stellen könnte. Dazu gehört dann jedoch auch eine konsequente Förderung all derjenigen, die in der Krise den Mut haben, etwas Neues zu riskieren. Überflüssige Regeln müssen weg. Die Forschung muss verbessert werden und neue verlässliche Handelspartner müssen gefunden werden.

Kein Stab von Ministerialbeamten wird für die Sicherheit unserer Arbeitsplätze, die Ausgangsposition für eine wirtschaftlichen Erholung und allgemein für unseren Wohlstand mehr tun können, als wir alle zusammen, die wir Verantwortung übernehmen wollen.


Prof. Dr. h.c. mult. Roland Koch ist Vorsitzender der Ludwig-Erhard-Stiftung e.V.

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