Das Bundesverfassungsgericht hat den Mietendeckel aus Berlin für nichtig erklärt. Das war abzusehen, vielleicht war es sogar Kalkül der Berliner Stadtpolitik. Können jetzt die Schweißtropfen auf der Stirn der Marktwirtschaftler verschwinden und besteht Hoffnung auf eine Stärkung des Wohnungsmarktes? Die Antwort ist ein klares Nein!

Das Bundesverfassungsgericht hat zu keiner inhaltlichen Frage Stellung genommen. Der Bundestag hat die Frage des Mietrechts in konkurrierender Kompetenz an sich gezogen; das Berliner Gesetz wurde ohne Zuständigkeit beschlossen und ist daher nichtig. Der ideologische Kampf gegen Marktwirtschaft und freie Preisbildung ist damit nicht zu Ende. Er dauert ja auch schon länger. Spätestens mit dem von der SPD durchgesetzten Mietendeckel im Jahr 2013 begann die Spirale immer weiterer Regulierungen. Jede neue wurde damit begründet, die Mieten würden ja immer noch steigen und das wolle man doch gerade beenden. Vermieter suchten und fanden Ausnahmen, also wurden die Erhaltungsverordnung eingeführt, Umlagemöglichkeiten gesenkt und die nächste Runde der Mietpreisbremse beschlossen. Im Bundestag wird ein Umwandlungsverbot von Miet- in Eigentumswohnungen vorbereitet, um an der Spirale der marktwidrigen Eingriffe weiter zu drehen. Mit dem eigensinnigen Berliner Deckel fand das alles nur seinen Höhepunkt.

Immerhin kann man in Berlin praktische Ergebnisse sehen in einer Art schmerzhafter Regulierungsfolgen-Analyse. Innerhalb eines Jahres nach der Einführung des gestern aufgehobenen Gesetzes sind die messbaren Angebote an Mietwohnungen in Berlin um 30 Prozent geschrumpft und die Preise für Eigentumswohnungen um 23 Prozent gestiegen. Auch die Mieten in Neubauwohnungen, die nicht gedeckelt wurden, gingen ordentlich nach oben. Wohnungssuchende waren eindeutig die Verlierer, und die Bestandsmieter freuten sich über staatlich abgesenkte Mieten – ohne zu bedenken, dass damit das Geld für Erhalt und Sanierung ihrer Wohnung fehlt.

„Der Staat, der entgegen den marktwirtschaftlichen Gegebenheiten durch willkürliche und künstliche Preisbindungen die soziale Ordnung und Ruhe gewährleisten zu können glaubt, handelt in Wahrheit unsozial, weil er sich mit entsprechenden Rechtsanordnungen juristische Deckung für Ereignisse und Entwicklungen verschafft, die durch Diktat zu beeinflussen, (…), gar nicht in seiner Macht liegen“ (Ludwig Erhard, 1950).

Warum ist der Kampf nicht zu Ende? Das Grundgesetz lässt Enteignungen zu, und eine Bundesregierung von der linken Seite kann den jetzt aufgehobenen Mietendeckel für ganz Deutschland beschließen. Die Linke will das ohnehin. In Berlin unterstützten aber auch die Grünen das Volksbegehren zur Enteignung der Wohnungsbaugesellschaften. Es kann durchaus am Tag der Bundestagswahl mit einer Volksabstimmung der Startschuss für eine Enteignungswelle in Deutschland kommen.

Die Versuche, die Mieten in einem von Regulierungen strangulierten Markt niedrig zu halten, werden immer scheitern. Das Angebot muss vergrößert werden, und die durch Gesetz und Politik geschaffenen hohen Kosten für Wohnungen müssen sinken. In Berlin und Umgebung sowie in vielen anderen Ballungsräumen müssen Baulandflächen ausgewiesen werden, auch wenn dafür Flächen verbraucht werden. Die kostentreibenden Bauvorschriften müssen reduziert werden, denn immerhin räumt selbst der Bundesverband Erneuerbare Energie ein, dass sich seit 2016 die Kosten wegen energetischer Auflagen (6 Prozent) und anderer Vorschriften (3 Prozent) um insgesamt fast 10 Prozent pro Quadratmeter erhöht haben. Und wenn Zentralbanken den Sparern in Zukunft wieder Zinsen ermöglichen, werden auch nicht mehr alle in Eigentumswohnungen fliehen, die gerade vor einer künstlichen Preisblase stehen. Natürlich kann auch ein besserer Nahverkehr Wohnungen im Umkreis von 50 Kilometern attraktiv machen, preiswerter sind sie allemal.

Die Erleichterungen nach dem Karlsruher Spruch sollten jetzt Ansporn sein, die Wohnungsnot in Ballungsräumen mit marktwirtschaftlichen Lösungen zu bekämpfen. Das ist möglich.


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