Den Markt auszuschalten und die Konsumenten zu bevormunden – das sind die Rezepte des vorigen Jahrtausends. Das gilt auch für die Autoindustrie.

Können Quoten und Kommissionen die deutsche Automobilindustrie retten? SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz fordert eine europäische Quote für Elektroautos. Die Grünen wollen eine „Zukunftskommission“ im Kanzleramt. Dort sollen Arbeitgeber, Gewerkschaften, Wissenschaft und Verbraucherverbände das Auto von morgen konzipieren. Alle an einen runden Tisch – das klingt gut. Die Zukunft wird ausdiskutiert und danach in die Hände gespuckt. Aber ist es wirklich so? Leider ist Zukunft ungewiss. Sie interessiert sich nicht dafür, was Kommissionen so planen. Das bislang beste Rezept zur Bewältigung von Zukunft ist Wettbewerb. Versuch und Irrtum zeigen den besten Weg. Dabei werden manche bitter bestraft. Andere belohnt.

Auch die vermeintliche Sicherheit, mit der derzeit viele auf das Elektroauto setzen, ist trügerisch: Seine Überlegenheit ist so wenig gesichert wie seine Umweltverträglichkeit. Selbst 4.000 Euro Prämie haben in Deutschland kaum private Käufer überzeugt. Denn eine Gruppe wird gern vergessen bei den Planspielen der Politik: die Kunden. Nicht die Konzerne bauen die falschen, sondern die Kunden kaufen die falschen Autos.

Den Wettbewerb auszuschalten, die Konsumenten zu bevormunden und die Zukunft in die Hände einer staatlichen Plankommission zu legen – das sind die Rezepte des vorigen Jahrtausends. Dafür steht übrigens Volkswagen. Der Wolfsburger Konzern ist das planwirtschaftliche Modell. Denn VW ist eine staatliche Gründung, nachdem die damaligen deutschen Autokonzerne die Idee des Führers für eine Schnapsidee hielten, ein Volksauto für unter 1.000 Reichsmark herzustellen. VW sollte der nationalsozialistische Musterbetrieb schlechthin sein, der die Schwächen des Kapitalismus offenbart.

Der Käfer rollte aber nicht zu den Konsumenten, sondern als Kübelwagen an die Front. VW wurde zum Erfolg erst nach dem Krieg – in der Sozialen Marktwirtschaft und teilprivatisiert. Seither gehört VW zu 20 Prozent dem Land Niedersachsen. Auch die Gewerkschaften spielen eine tragende Rolle. Seither ist VW ein Unternehmen nach eigenen Gesetzen, zu oft haarscharf am Markt vorbei. Immer ging in Wolfsburg Größe vor Ertrag. Das schafft Arbeitsplätze im Land, und das gefällt Landesregierung wie Gewerkschaften. Arbeitsplätze erschienen wichtiger als Technologie. Das führte in die erste Existenzkrise: Zu lange wurde am Käfer festgehalten, statt in moderne Modelle zu investieren.

Auch heute hinkt VW in der Abgastechnik dem Wettbewerb hinterher – hinein in die heutige Krise: Was nicht passte, wurde zurechtgeschwindelt. Das Management fühlt sich sicher – es manipuliert schließlich unter dem Schutzschirm der Politik. Was kann da schon schiefgehen, wenn ein Ministerpräsident im Aufsichtsrat sitzt.

VW zeigt, was passiert, wenn am runden Tisch die Interessen von Unternehmen, Eigentümern und Gewerkschaften vermischt und so Verantwortung verwischt wird. Anders herum geht es: Schon 1961 verkaufte Ludwig Erhard den Anteil des Bundes an VW. Der Staat soll Gesetze und Rahmenbedingungen festlegen, aber sich nicht als Unternehmer versuchen. Daher sollte auch das Land Niedersachsen endlich seinen VW-Anteil verkaufen. Nur so entsteht Transparenz und wird Verantwortlichkeit wieder hergestellt. Einen Bundes- oder Europa-Käfer aber braucht niemand.

Roland Tichy ist Vorsitzender der Ludwig-Erhard-Stiftung. Sein Beitrag erschien zuerst im Südkurier vom 16. August 2017.

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