Dies ist ein kurzer Kommentar, denn in den Stunden der Entscheidung ruhen die Debatten. Und solche Stunden liegen vor uns. Am kommenden Sonntag wird der Souverän sprechen, und natürlich hat dies erhebliche Auswirkungen auf die Wirtschaftspolitik, die Wirtschaftsordnung und damit auch auf Freiheit und Wohlstand in unserem Land. Die Fragen nach dem Umgang mit den aktuellen Herausforderungen sind in diesem Kommentar in den letzten Wochen gestellt und thematisiert worden: Eigentum, soziale Sicherung, Signale für die Klimawende und Digitalisierung waren einige der Schwerpunkte. Aber eben auch die Frage nach einer liberalen, oft auch neoliberal genannten Wirtschaftsordnung. Die Ludwig-Erhard-Stiftung vereint Mitglieder unterschiedlicher demokratischer Parteien neben den Vertretern von Wissenschaft, Publizistik und Unternehmertum in ihren Reihen. Sie kann Maßstäbe für Wahlentscheidungen diskutieren, aber sie ist nicht Partei. So werden wir sehen, was der Morgen des kommenden Montags an Signalen und Herausforderungen bringt.

Danach beginnt die nächste Runde des Ringens um die Weichenstellungen für die Zukunft. Da, wie an dieser Stelle oft bedauert, keine der großen politischen Kräfte dem Wähler wirklich Klarheit über die konkreten Konsequenzen für jeden Einzelnen verschaffen wollte, kommt nach der Wahl hoffentlich sehr bald diese Stunde. Wird Klarheit wieder vertagt, werden die Risiken dieser Gesellschaft immer größer.

Wir als Ludwig-Erhard-Stiftung bemühen uns, darauf vorbereitet zu sein und mit Stellungnahmen und Kommentaren diesen Prozess zu begleiten. Der Tenor wird dabei trotz mancher Warnung immer eine optimistische Option anbieten. Der Direktor der Bundesagentur für Sprunginnovationen (SPRIND) Rafael Laguna de la Vera und der Autor Thomas Ramge haben just in diesen Tagen dazu ein wichtiges Buch vorgelegt (Sprunginnovationen – Wie wir mit Wissenschaft und Technik die Welt wieder in Balance bekommen, erschienen im Econ-Verlag). Einen Vorgeschmack konnten wir schon in der Welt am Sonntag vom 19. September 2021 bekommen. CO2-freie Energie für weniger als zwei Cent, große Krankheiten wie Krebs und Demenz besiegen, den schnellen Weg von Europa nach Australien durch das All suchen, ein System bauen, das große Asteroiden von der Erde ablenken kann? Die beiden Protagonisten beschreiben die Herausforderung des neuen Denkens so: „Selbstlimitation ist eine Anleitung zur Stagnation, befeuert von kollektivem Pessimismus. Selbstwirksamkeit mit Technikoptimismus hat jene selbstverstärkenden Effekte, die der Philosoph Ernst Bloch die ‚konstruktive Kraft der konkreten Utopie‘ nannte.“

„Wenn und wo die Funktion des Marktes durch das Walten der Funktionäre und der Wettbewerb durch eine Lenkungsbürokratie ersetzt wird, ist es mit der Leistungsverbesserung und dem Fortschritt vorbei; dann ist es aber auch um die soziale Wohlfahrt und den menschlichen Wohlstand geschehen.“ (Ludwig Erhard, 1957)

Wir reden über Eigentum und Wettbewerb, über Neugierde und Freiheit, über Verbote oder die Kraft des Marktes. Da liegen die Kompetenzen der Ludwig-Erhard-Stiftung, und damit wollen wir Einfluss nehmen. Der Kampf für eine liberale Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung, die wir Soziale Marktwirtschaft nennen, ist das Vermächtnis unseres Gründers Ludwig Erhard. Diese Ordnung eröffnet faszinierende Perspektiven für die kommenden Jahrzehnte, und sie schafft die Voraussetzungen für Wachstum, indem sie Räume für das Neue, das Unerwartete und die persönliche Kreativität bietet – und sie ist jeder bürokratischen Planung überlegen. Das wäre Ludwig Erhards Maßstab für jeden Koalitionsvertrag gewesen: Schaffen die neuen Pläne Wohlstand für alle?

Darauf wollen wir in der Stiftung ein waches Auge haben, wie auch immer der Souverän sprechen wird.

Falls noch nicht geschehen: Nutzen Sie Ihre Stimme!


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