Deutschland fördert den Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien wie Sonne und Wind in einem Ausmaß wie kein anderes Land der Erde, analysiert Professor Justus Haucap. Paradoxerweise ist das bislang ohne Wirkung auf den Klimaschutz geblieben.

Das reine Subventionsvolumen über das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) beträgt mittlerweile mehr als 25 Milliarden Euro im Jahr, also mehr als 300 Euro je Bundesbürger. Hinzu kommen Kosten für den Netzausbau, erhöhten Ausgleichsenergiebedarf, Offshore- Haftungsumlagen, Investitionsförderungen und vieles mehr.

Bis 2015 beliefen sich die Kosten der Energiewende insgesamt auf rund 150 Milliarden Euro, also etwa zehn Euro je Monat und Einwohner seit dem Jahr 2000. Aufgrund bereits eingegangener Verpflichtungen und Netzausbaubedarf werden diese Kosten in den nächsten zehn Jahren um ein Vielfaches auf insgesamt 520 Milliarden Euro steigen, so das Ergebnis einer von Ina Loebert, Susanne Thorwarth und mir erstellten Analyse. Von 2016 bis 2025 ist mit Kosten von rund 37,50 Euro je Monat und Einwohner zu rechnen.

Da die Haushalte nur rund ein Drittel der Kosten direkt über ihre Stromrechnung bezahlen, während zwei Drittel von Industrie, Gewerbe, Landwirtschaft et cetera getragen werden, fällt das ganze Ausmaß der erhöhten Energiekosten den Bürgern nicht direkt ins Auge. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Anbieter die höheren Energiekosten über die Preise für Waren und Dienstleistungen weiterreichen, sodass die Bürger in Deutschland alle Kosten tragen, auch wenn nur ein Teil direkt in ihrer persönlichen Stromrechnung auftaucht.

Die exorbitanten Kosten für die Förderung erneuerbarer Energien werden von vielen Ökonomen schon lange aus zwei Gründen kritisiert. Zum einen führt die massive Förderung erneuerbarer Energien paradoxerweise nicht zu einer Reduktion der Treibhausgasemissionen in Deutschland oder der EU. In Deutschland hat sich zwar die EEG-Umlage über die letzten beiden Legislaturperioden, also von 2009 bis 2017, mehr als verfünffacht; die Treibhausgasemissionen lagen jedoch in Deutschland im Jahr 2016 über dem Niveau des Jahres 2009, auch im Energiebereich.

Der Grund liegt in der fehlenden Rückkopplung zwischen der im Rahmen des EU-Emissionshandelssystems festgelegten EU-Obergrenze für Treibhausgasemissionen einerseits sowie der Förderung und dem Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien andererseits. Werden in Deutschland die Emissionen reduziert, so können – über den Handel der EU-Emissionsrechte – Unternehmen in anderen EU-Ländern ihre Emissionen erhöhen. Der massive Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien in Deutschland führt daher nur dazu, dass die deutschen Energieversorgungsunternehmen weniger Emissionsrechte nachfragen und verbrauchen und so der Preis für Emissionsrechte sinkt.

Ohne eine Stilllegung von Emissionsrechten oder eine anderweitige Kopplung zwischen dem Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien und den Mengen an Emissionsrechten verpufft die Förderung der erneuerbaren Energien klimapolitisch komplett. Mit den Milliardenförderungen wird keine einzige Tonne CO2 in Deutschland oder der EU eingespart.

Zum anderen kritisieren viele Ökonomen den in der Energiewende verfolgten planwirtschaftlichen Subventions- und Förderansatz, das Ausschalten jeglicher Markt- und Wettbewerbsmechanismen. Mit einem System von inzwischen mehr als 5.000 verschiedenen Einspeisevergütungen, also staatlich garantierten Abnahmepreisen, die den Erzeugern von EEG-Strom in der Regel für 20 Jahre sicher gewährt werden, wurden aufgrund der durch die Vergütungen möglichen Traumrenditen starke Anreize gesetzt, in den Ausbau erneuerbarer Energien zu investieren.

In der Tat war diese Politik sehr effektiv: Das Tempo des Ausbaus der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien ist seit 2005 atemberaubend. Jedoch explodieren eben die Kosten gleichermaßen. Der Grund für die Kostenexplosion lag vor allem, wenn auch nicht ausschließlich, in der exorbitanten Förderung der Solarenergie. Während die Preise für Solarpanels seit 2005 drastisch fielen, wurden die Einspeisevergütungen nur sehr, sehr langsam und moderat angepasst.

Geringerer Subventionsbedarf

Der Grund für den Preisverfall bei Solarpanels liegt keineswegs allein in der deutschen Förderpolitik, wie manchmal suggeriert wird. Vielmehr hat zunächst der Aufbau massiver Überkapazitäten der Panelhersteller – ein Phänomen, das in vielen sehr fragmentierten Branchen zu beobachten ist – zu einer fast ruinösen Konkurrenz insbesondere unter asiatischen Herstellern geführt, bei der jeder Anbieter versucht, länger als die Konkurrenz am Markt zu überleben. Diese scharfe Wettbewerbssituation, die durch erhebliche Überkapazitäten bedingt ist, kann zu einem guten Teil den Preisverfall der Solarpanels erklären. Zudem entfiel auf Deutschland seit 2009 nur noch ein relativ geringer Teil der weltweiten Nachfrage nach Panels.

Von daher ist es falsch, wenn die Verfechter des EEG die gesamte Kostenreduktion bei Solarpanels als Erfolg des EEG reklamieren wollen, mit dem Deutschland die Welt vor der Klimakatastrophe rette. Spätestens seit 2009 – einem Zeitpunkt also, zu dem die Kostendegression bei Solarpanels längst eingesetzt hatte – ist die Kostenexplosion bei der Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien in Deutschland zu beobachten. Für die Kostenreduktion bei Solarpanels sorgte seitdem aber vor allem die Nachfrage aus anderen Ländern mit mehr Sonnenschein.

Seit der EEG-Novelle 2016 ist nun – endlich – in Teilen des Erneuerbaren- Segments etwas Wettbewerb eingeführt worden. Ein Teil des Zubaus an Kapazitäten zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien wird nicht mehr durch die zwischen Lobbyisten und Bürokraten ausgeklügelten und von Bundestag und Bundesrat abgesegneten Einspeisevergütungen gesteuert, sondern durch wettbewerbliche Ausschreibungsverfahren. Sowohl die Ausschreibungen für großflächige Solarparks als auch für Offshore-Windparks (vor der Küste) haben dabei einen weitaus geringeren Subventionsbedarf ermittelt, als zuvor vermutet worden war.

Die Verfechter des EEG hatten immer vor Wettbewerb im Bereich der erneuerbaren Energien gewarnt. Ausschreibungen und andere Wettbewerbselemente würden den Subventionsbedarf nach oben treiben, so die Argumentation, weil die Anbieter nun mit erheblichen Risikozuschlägen kalkulieren müssten. Staatlich festgelegte Einspeisevergütungen seien der günstigste Förderweg, weil so das Risiko für die Erzeuger komplett entfiele. Ein Rätsel blieb indes stets, warum sich 20-jährige Bezugsverträge mit ex ante festgelegten Preisen nicht auch auf wettbewerblichen Beschaffungsmärkten durchgesetzt haben, wenn diese Form der Beschaffung angeblich so günstig ist.

In der Tat lagen die Verfechter des EEG bei ihren Prognosen – wie immer eigentlich – komplett falsch. Durch die nun endlich erfolgten wettbewerblichen Ausschreibungen ergibt sich ein wesentlich geringerer Subventionsbedarf. Markt und Wettbewerb sind eben doch die besten Entdeckungsverfahren, wie sich wieder einmal gezeigt hat.

Klimapolitischer Irrweg

Gleichwohl folgt die Förderung der erneuerbaren Energien nach wie vor im Wesentlichen dem Ansatz einer zentralen Planwirtschaft. Wer, wann, wo, wie, und wie viel Strom produzieren und verbrauchen soll – das alles wird zentral geplant, so die Grundidee. Verbote, Dirigismus und Bevormundung werden gepaart mit üppigen Subventionen und einer gigantischen Umverteilungsmaschinerie. Die mangelnde Transparenz dieser unsystematischen Umverteilung ist zugleich ein Einfallstor für die Durchsetzung von Lobbyinteressen.

Insgesamt muss man von einem energie- und klimapolitischen Irrweg sprechen. Es wird zwar viel für die erneuerbaren Energien getan, jedoch wenig für den Klimaschutz. Eine automatische Rückkopplung zwischen dem Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien und der 2009 festgelegten europaweiten CO2-Obergrenze ist nach wie vor nicht geplant. Die Energiepolitik ist komplett von Lobbyisten vereinnahmt. Dabei wäre es höchste Zeit für eine grundlegende Reform. Der nächsten Bundesregierung bleibt hier viel zu tun.

Prof. Dr. Justus Haucap ist Direktor des Düsseldorfer Instituts für Wettbewerbsökonomie (DICE) an der Heinrich-Heine-Universität. Von 2008 bis 2012 war er Vorsitzender der Monopolkommission.

Dieser Beitrag ist zuerst in der Publikation der Ludwig-Erhard-Stiftung „Wohlstand für Alle – Geht’s noch?“ aus dem Jahr 2017 erschienen.

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