Viele halten Elektromobilität für die eierlegende Wollmilchsau, die die Zukunft der Mobilität bestimmt. Selbst die Kanzlerin sieht den Verbrennungsmotor als Übergangstechnologie an. „Ich kann jetzt noch keine präzise Jahreszahl nennen, aber der Ansatz ist richtig“, so die Kanzlerin zum Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor. Und weiter: „Wenn wir schnell in noch mehr Ladeinfrastruktur und Technik für E-Autos investieren, wird ein genereller Umstieg strukturell möglich sein.“ Die Grünen wollen den Verbrennungsmotor ab 2036 verbieten, Greenpeace sogar ab 2025. Die SPD will Quoten für Elektroautos einführen. Alle überschlagen sich mit ihren Vorschlägen. Ob sich das Elektroauto durchsetzt oder nicht, weiß heute niemand. Doch ob schon der Ansatz richtig ist, dass die Regierung, Parteien oder NGOs Produktionsziele vorgeben, die die Wirtschaft anschließend umsetzen soll, darf bezweifelt werden.

Diese Anmaßung von Wissen ist sogar gefährlich. Irren sich die Regierung, die Parteien und die NGOs in ihrer Prognose, dass das Elektroauto die Zukunft bedeutet, und setzt sich stattdessen eine völlig andere Technologie durch, dann haben buchstäblich alle auf das falsche Pferd gesetzt. Es findet kein Versuch und Irrtum im Kleinen statt, sondern der Feldversuch im Großen scheitert. Das ist brandgefährlich. Denn setzt sich die Elektromobilität nicht durch, dann haben die Steuerzahler Milliarden an Euros für die Subvention von E-Autos, Infrastruktur und Forschungsförderung ausgegeben. Dann haben Millionen Menschen eine überteuerte Technologie gekauft, die keine Zukunft hat. Unternehmen haben schließlich am Markt vorbei geforscht, investiert und produziert. Die Folgen werden Insolvenzen und Arbeitsplatzverluste sein. Ein Wohlstandsverlust für alle tritt ein.

Die Marktwirtschaft kennt daher keine Großversuche, sondern nur „trial and error“. Das ist ihr eigentlicher Vorteil gegenüber der Planwirtschaft. Die Marktwirtschaft erzeugt Wettbewerb, weil neue Marktteilnehmer in den Markt stoßen, weil sie glauben, Produkte, Verfahren und Ideen besser umsetzen zu können als ihre Wettbewerber. Gelingt es ihnen nicht, verschwinden sie wieder. Gelingt es ihnen jedoch, dann verdrängen sie die angestammten Platzhirsche. Gibt die Regierung eine Quote oder ein Verbot in 8, 10 oder 20 Jahren vor, dann werden Investitionen in diese Bereiche gelenkt. Unternehmen werden angeregt, dort zu investieren, und Käufern wird suggeriert, dass dies die Zukunft sei. Ob die technischen Schwierigkeiten der Elektromobilität dabei gelöst werden können, sei dahingestellt. Die Ladekapazitäten sind nicht vorhanden, die Laufzeit zu gering, die Umweltbilanz ist schlecht, die Entsorgungsfrage der Batterien ist ungeklärt und auch die Rohstoffgewinnung für die Batterien ist umstritten. Das muss man nicht generell kritisieren. Denn auch das ist häufig so. In einer Marktwirtschaft werden diese Probleme gelöst oder die Technologie setzt sich nicht allgemein durch, sondern bleibt in einem Nischenmarkt. Die Elektromobilität ist ja nicht neu. Wer schon einmal auf der kleinen Nordseeinsel Langeoog war, weiß, dass dort seit vielen Jahren kleine Elektrolastwagen über die Insel fahren und die Hotels und Supermärkte mit Waren beliefern.

„Die Anpassung der Produktion an den Verbrauch erfolgt in der Marktwirtschaft unsichtbar, aber sie ist viel wirksamer, und vor allen Dingen: Sie geschieht viel schneller und exakter als die starre, jeweils auf lange Zeiträume vorausschauende nationale Planung. Woher sollte denn auch ein Staat und seine Bürokratie wissen, was dem Wohle von vielen Millionen Menschen frommt? Die das am besten wissen, sind die Menschen selbst, die in freier Konsumwahl ihre Bedürfnisse decken wollen.“ (Ludwig Erhard, 1954)

Der Verbrennungsmotor hat sich Anfang des letzten Jahrhunderts nicht mit staatlichen Subventionen durchgesetzt, sondern marktgetrieben. Keiner wäre damals auf die Idee gekommen, ein flächendeckendes staatlich subventioniertes Tankstellennetz aufzubauen, damit die Autos überall betankt werden können. Das Auto war zu Beginn auch kein Massenmarkt, sondern erst durch Henry Fords Fließbandproduktion wurde es für „Otto-Normalverbraucher“ erschwinglich.

Heute ist völlig unklar, welche Technologie sich im Individualverkehr durchsetzen wird. Vielleicht ist es der Verbrennungsmotor und hier sogar der Diesel. Vielleicht geschieht dies mit noch geringerem Verbrauch durch eine Leichtbauweise, die wir heute noch nicht kennen. Vielleicht ist es Karbon, Aluminium. Vielleicht sind es Hybrid-Fahrzeuge, Wasserstoff-Autos, Autogas, Erdgas oder was auch immer.

Auch hier sollte die Regierung nicht in die Kreativität von Unternehmern eingreifen, sondern stattdessen gleiche Marktbedingungen für alle schaffen. Diese müssen einfach und verständlich sein. Sie müssen zeitlos und technologieoffen sein, und sie müssen für alle gleich sein. Wer sich daran nicht hält, geht den Weg in die Knechtschaft der Planwirtschaft. Wer nicht in die Geschichtsbücher schauen will, kann ja die Nachrichten aus Venezuela und Nordkorea verfolgen. Auch diese Regierungen haben 8-, 10- oder 20-Jahres-Pläne aufgestellt und sie mit großer Entschlossenheit umgesetzt. Viel entscheidender ist aber, dass dieses Regierungshandeln die Freiheit vernichtet. Die Regierung vernichtet die Investitionsfreiheit des Unternehmers, dort sein Geld anzulegen, wo er es für sinnvoll erachtet. Es ist auch ein subtiler Eingriff in das Eigentum. Denn Verbote machen Investitionen kaputt und wertlos. Das gilt auch für den Konsumenten. Er hat ein Auto gekauft, das er nicht mehr fahren darf oder dessen Verkaufswert vernichtet wurde. Wer so handelt, handelt an den Menschen vorbei.

Der Autor Frank Schäffler ist Mitglied der Ludwig-Erhard-Stiftung. Sein Beitrag erschien zuerst auf www.prometheusinstitut.de.

DRUCKEN
DRUCKEN