Auch Ludwig Erhard, da ist sich der Autor sicher, hätte sich gegen eine staatlich dirigierte Abschaffung des Bargelds ausgesprochen. Die psychologischen Folgen einer solchen Maßnahme auf die Bevölkerung würden zudem von der Politik deutlich unterschätzt.

Wer Marktführer ist und es bleiben will, muss immer wieder seine Innovationskraft unter Beweis stellen. Dabei stehen in der Finanzwirtschaft und damit auch für die Sparkassen und Landesbanken vor allem bargeldlose Bezahlverfahren im Fokus. Trotz fortschreitender Digitalisierung und aller Begeisterung für neue und komfortable Technologien: Bargeld ist unverzichtbar und trotz eines tendenziellen Rückgangs nach wie vor das beliebteste Zahlungsmittel der Deutschen.

Bargeld begrenzen?

Bargeld ist gelebte Freiheit: Es hinterlässt keine Spuren im Datendschungel und braucht weder einen aufgeladenen Akku noch eine passende Gegenstelle, um zu funktionieren. Bei der Erziehung von Kindern und Jugendlichen ist es ohne Alternative, um den Wert sowie den Zu- und Abfluss von Geld veranschaulichen zu können. Weite Teile der Bevölkerung über Geld- und Finanzthemen aufzuklären und Wissen zu vermitteln ist nicht zuletzt eine der vielen gesellschaftlichen Aufgaben, denen sich die Sparkassen-Finanzgruppe widmet.

Die Argumente, die vonseiten der Politik oder von Behörden immer wieder aufgeführt werden, warum man Bargeld begrenzen müsse, finde ich nicht überzeugend. Bargeldobergrenzen werden nicht dazu führen, Terrorfinanzierung oder Geldwäschekriminalität in irgendeiner Art und Weise einzudämmen. Was man aber mit solchen Maßnahmen einschränkt, ist die Freiheit der Menschen. Die psychologischen Wirkungen einer solchen Maßnahme auf die Bevölkerung werden deutlich unterschätzt. Dass vor allem die Deutschen dem Bargeld nach wie vor die Treue halten, während in einigen nordischen Ländern die Abschaffung quasi schon besiegelt ist, hat vor allem historische Gründe.

Besonderes Verhältnis

Als Deutschland 1945 in Trümmern lag, war es vor allem die D-Mark, die zusammen mit den Errungenschaften der Sozialen Marktwirtschaft im Westteil unseres Landes eng mit dem beispiellosen wirtschaftlichen Aufschwung verknüpft ist. Die „harte D-Mark“ wurde nicht nur zu einem international anerkannten Erfolgsmodell, sondern auch zum Vorbild für die Einführung einer gemeinsamen europäischen Währung. Und als die Mauer fiel und Ost- und Westdeutschland nach über 40 Jahren Teilung friedlich wiedervereint wurden, standen die Menschen aus der ehemaligen DDR Schlange, um die begehrte (West-) D-Mark zu bekommen. Die Deutschen, das kann man ohne Zweifel sagen, haben ein geradezu emotionales Verhältnis zu Geldscheinen und Münzen. Und das, wie ich finde, durchaus zu Recht.

Freiheit und Verantwortung statt Bargeldabschaffung

Die deutschen Sparkassen, aber auch die Genossenschaftsbanken und Privatbanken bieten eine Fülle modernster bargeldloser Bezahlmöglichkeiten an. Gleichwohl sollte jeder Bürger selbst und frei entscheiden dürfen, ob er bargeldlos oder bar bezahlen möchte. Wir gedenken in diesem Jahr des 40. Todestags von Ludwig Erhard. Er war nicht nur der Gründungsvater der Sozialen Marktwirtschaft, sondern auch ein überzeugter Verteidiger von Freiheit und Verantwortung. Ich bin sicher, dass sich der wertegebundene Politiker und Wirtschaftswissenschaftler Erhard aus genau diesen Gründen ebenfalls gegen eine staatlich dirigierte Abschaffung von Bargeld einsetzen würde, wenn er diese Diskussion noch miterlebt hätte.

Georg Fahrenschon ist seit November 2011 Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV). Er ist Mitglied der Ludwig-Erhard-Stiftung.

Dieser Beitrag ist zuerst in der Publikation der Ludwig-Erhard-Stiftung „Wohlstand für Alle – Geht’s noch?“ aus dem Jahr 2017 erschienen.

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