Der Stellenwert der ökonomischen Bildung ist in Deutschland nicht besonders hoch. In den meisten Bundesländern gibt es kein eigenständiges Schulfach Wirtschaft; Ausnahmen sind Baden-Württemberg und demnächst Nordrhein-Westfalen. In Bayern oder Niedersachen gibt es immerhin Mischfächer wie „Politik und Wirtschaft“ oder „Wirtschaft und Recht“. Die meisten Schüler kommen im Laufe ihres Schullebens jedoch nur in Fächern wie Geschichte und Erdkunde mit Wirtschaftsthemen in Berührung. Das bedeutet, dass sie diese Themen von fachfremden Lehrern vermittelt bekommen.

Dieser Befund allein ist schon befremdlich, spielen doch wirtschaftliche Themen im späteren Leben eine zentrale Rolle: Ob als Arbeitnehmer, als Freiberufler oder Unternehmer – sie werden irgendwann am Wirtschaftsleben teilnehmen. Und auch als Konsument, Sparer oder Kreditnehmer würden Grundkenntnisse über wirtschaftliche Abläufe gut tun.

Über diese praktischen Fragen hinaus ist es zudem als Zoon politikon, also als Teilnehmer am gesellschaftlichen und politischen Leben, hilfreich, Grundkenntnisse über wirtschaftliche Zusammenhänge zu besitzen. Wirtschaftliche Aspekte sind Bestandteil vieler politischer Fragen.

Marktskepsis gibt den Ton an

Es ist also schon verwunderlich, dass nicht an allen weiterführenden Schulen in allen Bundesländern ein wissenschaftlich gut fundiertes Schulfach in Ökonomie unterrichtet wird. Hinzu kommt aber noch, dass wirtschaftliche Inhalte in den Fächern Erdkunde, Geschichte und Politik/Sozialwissenschaften häufig tendenziell marktskeptisch bis marktfeindlich vermittelt werden.

Die Familienunternehmer haben hierzu die Schulbuchstudie „Marktwirtschaft und Unternehmertum in deutschen Schulbüchern“ in Auftrag gegeben, in der die Darstellung von Wirtschaftsthemen in deutschen Schulbüchern analysiert und der aktuelle Stand mit den Ergebnissen einer älteren Studie verglichen werden. Die Ergebnisse sind wenig erfreulich: Vor allem Erdkundebücher schlagen einen eher marktskeptischen Ton an, der immer wieder in kaum verhohlene Marktfeindlichkeit umschlägt. Globalisierung und Freihandel werden negativ beschrieben, die Wohlstand schaffende Wirkung des Freihandels kommt in vielen Schulbüchern zu kurz. Ein Beispiel lautet: „Der Großteil der Bevölkerung hat aber keinen Vorteil vom Welthandel.“ (Terra Erdkunde 3, Differenzierende Ausgabe, Seite 12).

Die untersuchten Geschichtsbücher zeigen ein ähnliches Bild: Hier ist es häufig die Beschreibung der Industrialisierung, die zur plumpen Kapitalismuskritik genutzt wird. So schlimm die Arbeits- und Lebensbedingungen der Industriearbeiter waren – Armut gab es schon vor der Industrialisierung. Die Industrialisierung schuf die Voraussetzung dafür, dass sich die Situation mittelfristig verbesserte. Ein bisschen ausgewogener werden wirtschaftliche Themen in den untersuchten Politik- und Sozialkundebüchern dargestellt. Richtig gut schlagen sich nur Wirtschaftskundebücher.

Im Vergleich zur älteren Studie haben sich keine wesentlichen strukturellen Änderungen ergeben: Auch früher schon war vor allem in Erdkunde- und Geschichtsbüchern eine teils einseitige Marktskepsis erkennbar, während es in den Politik- und Sozialkundebüchern besser und bei den Wirtschaftsbüchern gut aussah. Gleichwohl kommen die Autoren der neuen Studie zum positiven Fazit, dass sich einige Bücher verstärkt um abwägende Darstellungen bemühen. So wird beispielsweise bei neueren Erdkundebüchern mehrfach darauf hingewiesen, dass die Globalisierung auch Arbeitsplätze in Entwicklungsländern schafft. Auch bei den untersuchten neueren Geschichtsbüchern stellen die Autoren ein verstärktes Bemühen um ausgewogenere Darstellungen fest.

Marktfeindlichkeit schwächt die offene Gesellschaft

Trotz der leicht positiven Entwicklung ist die in vielen Schulbüchern immer noch vorherrschende marktskeptische Grundstimmung erschreckend. Für eine Gesellschaft, deren Wohlstand und Wohlergehen seit der Erhard’schen Währungs- und Wirtschaftsreform auf dem Fundament der Sozialen Marktwirtschaft aufbaut, ist dies ein unglaublicher Befund. Während die Empirie der letzten Jahrzehnte gelebter Marktwirtschaft eindeutig positiv ist, wird in manchem Schulbuch das Gegenteil behauptet. Dass hiermit auch eine Grundlage unserer freien Gesellschaft hintertrieben wird, ist den Autoren wohl nicht bewusst.

Angesichts des erstarkenden „Abschottungspopulismus“ sollte es uns zudem nicht kalt lassen, wenn in deutschen Schulbüchern die Globalisierung schlecht geredet wird. Es liegt nahe zu vermuten, dass hier eine der Ursachen des Erstarkens von rechten wie linken Gegnern von Freihandel und internationaler Zusammenarbeit liegt. Ein „America first“-Anhänger würde sich wahrscheinlich von so manchem deutschen Erdkundebuch bestätigt fühlen.

Immerhin ist die Darstellung wirtschaftlicher Themen in deutschen Schulbüchern leicht verbessert: Es gibt zwar immer noch viele marktfeindliche Passagen, aber es ist gleichzeitig ein stärkeres Bemühen um eine ausgewogene Darstellung erkennbar. Scheinbar haben Schulbuchstudien, kritische Kommentare zum in Schulen vermittelten Wirtschaftsbild und die Versuche einer besseren ökonomischen Lehrerausbildung einen positiven Einfluss. Umso mehr sollten wir beim Thema ökonomische Bildung nicht locker lassen und weiter auf Verbesserungen drängen.

Justus Lenz ist Leiter der Abteilung Haushaltspolitik und Digitalisierung bei den Familienunternehmern.

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