Wie waren sich doch vor wenigen Monaten noch viele Ökonomen weltweit sicher, dass Inflation ein Thema von gestern sei. Heute sehen wir: Die Inflation steht wieder auf der Tagesordnung.

Zwei Aspekte müssen bei einer Analyse in Betracht gezogen werden. Zum einen wird aus der Kombination angespannter Märkte im Jahr 2020 und aufgestauter Kaufkraft wegen hoher Sparraten Raum für Preissteigerungen im Jahr 2021 sichtbar. Das muss kein lang anhaltender Trend sein und wird die Volkswirtschaft für sich allein nicht in Aufruhr versetzen. Viel gefährlicher sind zum anderen jedoch die Last der Kosten der Pandemiebekämpfung und die daraus resultierende Lust auf neue Schulden.

Wer finanzpolitisch schwindelfrei ist, mag sich die Zahlen der letzten zehn Tage vor Augen führen. Der US-amerikanische Präsident peitscht ein Konjunkturprogramm von 1,9 Billionen US-Dollar durch die Kammern des Parlaments. Die Europäische Union ist immer noch auf der Suche nach Anlagemöglichkeiten für ihr 750 Milliarden Euro teures „Zukunfts“-Programm. Und der deutsche Finanzminister und Kanzlerkandidat, Olaf Scholz, kombiniert die Modifikation oder auch Abschaffung der in Artikel 109 GG festgeschriebenen Schuldenbremse mit Forderungen nach Steuererhöhungen von der Einkommen- bis hin zur Vermögensteuer. Gleichzeitig lesen wir, dass in den Ressorts der Bundesregierung Forderungen von weiteren 200 Milliarden Euro an die ohnehin schon schuldenfinanzierten Haushalte gestellt werden, sich die Finanzierungslücke also noch deutlich vergrößert. Diese Zahlen zerstören nahezu alle Handlungsmöglichkeiten der kommenden Generationen der westlichen Welt.

Inflation, so lehren uns Erfahrung und Forschung der letzten 100 Jahre, ist nicht allein ein volkswirtschaftlich-mathematisches Phänomen. Vielmehr entsteht Inflation durch den Vertrauensverlust der Marktteilnehmer in die Stabilität des Preisniveaus. Dies ist zugleich das Vertrauen in die Fähigkeit und den Willen der Notenbanken, ihrem Auftrag gerecht zu werden und die Kaufkraft der Währung zu erhalten. Die oben gezeigten Lasten, die auf die Schultern von Fed und EZB gelegt werden, sind enorm. Durch die Billigung und teils Unterstützung der Staatsschuldenfinanzierung der letzten zehn Jahre haben die Zentralbanken einen großen Teil ihrer Unabhängigkeit aufgegeben. Im freien Teil der Welt sind sie letztlich von der Vernunft der Parlamente und Regierungen abhängig. Noch einmal deutlich: Ohne Vertrauen entsteht Inflation allein schon aus der Furcht vor Inflation!

Verantwortliche Politik verlangt eine schnelle Eindämmung der Staatsverschuldung. Das geht nicht über Nacht, aber in Deutschland muss es nach den Regeln der Schuldenbremse gehen. Jede Regierung nach 2021 muss sparen! Je mehr wirtschaftliches Wachstum durch Nutzung der marktwirtschaftlichen Kräfte ermöglicht wird, umso milder werden die Konsolidierungsmaßnahmen ausfallen können. Steuererhöhungen und Dirigismus bewirken jedoch das Gegenteil. Das ist die Agenda eines ehrlichen Bundestagswahlkampfes!

Wir – die Ludwig-Erhard-Stiftung – sagen mit den Worten unseres Stifters: „Es gilt (…), alle Kräfte darauf zu konzentrieren, eine Inflation zu verhüten und jedes schuldhafte Verhalten, das zu einer inflationistischen Entwicklung führen könnte, vor der gesamten Öffentlichkeit zu brandmarken und dadurch zu verhindern. Die Inflation kommt nicht über uns als ein Fluch oder als ein tragisches Geschick; sie wird immer durch eine leichtfertige oder sogar verbrecherische Politik hervorgerufen“ (Ludwig Erhard, 1957).


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